Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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und Pfeffer drauf?“ fragte der Wirt.

      „Heut’ brauchen wir Durst“, sagte der Dreisam.

      „Das ist brav, das ist brav“, schmunzelte der Wirt, „Durst ist der flinkste Kellner.“

      „Geht dein Besserer wohl nicht etwan auf die Neige?“

      „Ich will die drei größten Altenmooser Stockfische damit ersäufen, was ich noch im Keller hab’“, antwortete der Stepper.

      „Alsdann werden wir halt eins trinken“, sagte der Dreisam und schlug Tabaksfeuer.

      „Sakerment noch einmal!“ knurrte am anderen Tisch ein Holzknecht, „Durst braucht der heut’! Geld gibt’s jetzt in Altenmoos, als ob die Guldenhäuteln auf den Haselstauden täten wachsen. Sonst ist uns alleweil der Durst zu stark und das Geld zu schwach worden. Heutzutag’ geht’s verkehrt.“

      „Eh’ wahr auch“, stimmte der alte Luschelpeterl bei, der an der Ofenbank saß. Auch er war heute ins Wirtshaus gegangen. „Bring’ mir ein Stamperl Branntwein“, hatte er vorhin zum Wirt gesagt, „aber Geld hab’ ich keins.“

      „Tut nichts“, darauf der Wirt, „Geld macht nicht glücklich, wenn man keins hat.“

      „Die Gimpeln und die Amseln werden nachher bezahlen, du weißt schon.“

      „Gut ist’s, sagt der Teufel und dreht dem Pfaffen den Hals um!“ rief geschäftig der Wirt und brachte nach allen Seiten hin das Verlangte.

      Für die Stubengäste konnte sich übrigens der Steppenwirt heute wenig Zeit nehmen. Draußen am Bachrande, auf grünem Anger unter der Linde, waren Tische und Bänke aufgeschlagen noch vom Viehmarkt her. Dort war es an diesem Nachmittage verwunderlich überfüllt. Der Bauer, der die ganze Woche im Freien ist, sitzt sonst Sonntags gern in der Stube, auch bei schönstem Wetter, ja vergißt sogar manchmal ein Fenster aufzumachen; die dumpfige, rauchige und von Wein- und Menschendunst durchsetzte Luft mutet ihn sonntägig an. Aber heute war alles draußen. Es war nämlich dort das Unerhörteste zu sehen, was je in Altenmoos sich ereignen konnte. Der Guldeisner verkaufte sein Haus.

      Breit an den Lindenbaum hingelehnt saß der Großbauer da und stemmte die Fäuste auf den Tisch. Er hatte eine kohlschwarze Fellhose an, die von den Knien ab mit steifem Leder besetzt war bis nieder zu den beschlagenen Bundschuhen; dann eine schwarze Weste mit einer Reihe großer Silberknöpfe. Und er hatte eine kurze Jacke aus dunkelbraunem Tuche an und einen schwarzen seidenwolligen Hut mit schmaler eingeringelter Krempe auf. An seinen Ohrläppchen blinkten zwei goldene Scheiblein. Um den Bauch trug er einen breiten, mit weißer Seide ausgesteppten Ledergurt, auf dessen Schild unter vielem Zierrat die Buchstaben F. G. standen. Das war der Franz Guldeisner in seiner Großbauerntracht.

      Ihm gegenüber saß ein Herr mit blondem, gutmütig lächelndem Gesicht, kurzgeschnittenem Vollbart und Augengläsern. Er hatte ein graues Tuchgewand am Leibe und feine Wäsche, die an Hals und Ärmeln weiß und glatt hervorblinkte. Er war noch nicht alt, tat recht behaglich und gab sich schlicht und zuvorkommend gegen jeden. Dort unter dem Vordache der Stallung stand sein Wagen, an dem alles funkelte und der voran zwei Laternen aufgesteckt hatte. Ein Bauer bemerkte darüber, da wäre es leicht, bis in die Nacht im Wirtshaus sitzen, wenn man nachher in einem Wagen, der zwei Augen habe, heimfahren könne. Da glaube er schon, daß kein rauschiger Herr in den Bach falle.

      Die beiden Männer, der Guldeisner und der graue Herr, hatten vor sich auf dem Tisch hohe schmale Flaschen stehen, „herrische Röhrln“, wie der Wirt dartat, aus dem der Herr dem Bauer das Trinkglas füllte, so oft es hohl war.

      Die übrigen Bauern hielten sich in gemessener Entfernung, plauderten halblaut unter sich über Feld und Vieh, Wind und Wetter, spitzten aber insgeheim die Ohren den beiden Männern unter der Linde zu. Der Guldeisner und der Kampelherr! – Unter den Bauern war auch der Waldmeister, was der Dreisam durch das Fenster hinein mit Wohlgefallen wahrnahm. Es sollte hernach ja an den Bart gehen. Der Waldmeister hatte eine kleine Gruppe um sich, der er allerhand Unterhaltung vormachte. Er konnte einen Silbertaler durch die Tischplatte stecken, ohne daß ein Loch war. Er konnte durch zwei Zauberworte ein entzweigeschnittenes Schürzenband wieder zusammenfügen, ohne daß eine Spur des Schnittes zurückblieb. Er konnte einen langen Karrenstrick verschlucken und bei den Ärmeln wieder herausspinnen. Mit Spielkarten machte er unzählige Künste, und allemal bedurfte er nur ein paar Beschwörungsformeln in der Kirchensprache (im Lateinischen), um die Zaubereien zu vollführen. Einige Zuschauer waren von diesen Dingen vollends gefangen genommen; mit schallender Verwunderung oder nachdenklichem Kopfschütteln begleiteten sie die unheimlichen Taten des Waldmeisters. Anderen jedoch waren und blieben die Vorgänge am Lindentisch wichtiger, als der „Leutzumbestenhaber“. Aus der Stube waren sie hervorgekommen, und sie rückten sachte um die beiden Männer zusammen.

      Der Guldeisner hatte seinen schwarzen struppigen Kopf noch tiefer als sonst zwischen seine Schultern eingezogen. Der Hut lag neben ihm auf der Bank. Manchmal fuhr er sich mit der Hand rasch ins Haar, zauste an ihm, ergriff dann ebenso hastig das Trinkglas und goß dessen Inhalt in die Gurgel.

      „Teufel!“ brummte er jetzt, „es steigt mir der Graus auf!“ Es war ihm verdächtig geworden, daß der Kampelherr für sein Gut eine so hohe Summe geboten hatte. Er schloß daraus, daß es noch weit mehr wert sein müsse und daß ihn der Herr überlisten wolle.

      „Ich habe niemals“, sagte der Kampelherr überaus gelassen, „auch draußen im Flachlande nicht, das Joch durchschnittlich teurer als mit sechzig Gulden bezahlt. Aber ich habe es bezahlt mit dreißig Gulden und habe es bezahlt mit fünfundzwanzig. Ihr Nachbar, der Knatschel, hat zweiundzwanzig Gulden bekommen und steht noch im Vorteil. Das Joch zu fünfundzwanzig trägt mir als Waldboden kaum anderthalb Prozent, kaum! Auf den Guldeisnergrund dreißigtausend Gulden zu dreiviertel Prozent anzulegen ist eine Torheit. Nur der Jagd wegen, offen gesagt, hätt’s mir dafür gestanden. Mit Feldbau und Viehzucht haben Sie drei Prozent; so gut wie der Bauer verwertet den Boden keiner. Behalten Sie Ihren Hof, Guldeisner, ich rate Ihnen gut, behalten Sie ihn! – Gefällig?“

      Das Zigarrentäschchen hielt er dem Bauer hin, er selbst hatte sich während der Auseinandersetzungen eine frische in den Mund gesteckt.

      Die Umsitzenden hatten mit gemischten Empfindungen und Gebärden zugehört. Einerseits waren sie überrascht von den hohen Preisen, die sie hier nennen hörten, dann wurmte es sie, daß der Fremde ihre Grundstücke doch so wegwerfend abtat; anderseits hofften sie, daß deswegen der Handel nicht zustande kommen würde.

      „Herr!“ sagte nun der Guldeisner hastig, „da mögen Sie weit umgehen, einen Hof, wo alles so beisammensteht, das Vieh, die Fahrnisse doppelt und dreifach, die Gebäude in gutem Zustand, so was finden Sie nicht mehr.“ Fast im Flüstertone sagte er es, denn er war nicht gewohnt, sein Besitztum mit Worten zu loben, er wußte zu gut, es lobte sich selbst.

      „Die Gebäude“, antwortete der Kampelherr, „schätze ich nach dem Holzwert. Ich würde sie zu Kohlen verbrennen lassen.“

      Das wollte dem Guldeisner schier ans Herz zucken. Seinen stattlichen Guldeisnerhof zu Kohlen brennen! – Allein das Herrenschlössel draußen in Krebsau, das er sich bereits beschaut hatte, ist noch vornehmer, als das alte Bauernhaus da oben, es ist aus Backsteinen gebaut und mit Schiefern gedeckt, das kann nicht zu Kohlen gebrannt werden. Holz ist Holz, und Geld ist Geld. Jeder ein Narr, der sich’s besser machen kann und tut’s nicht …

      „Herr Kampelherr“, sagte der Großbauer und seine Stimme bog sich weicher, als es ihm selber lieb war, „das einunddreißigste Tausend machen Sie voll! Werden nachher mit der Wirtschaft um so mehr Glück haben.“

      „Dreißigtausendsiebenhundert

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