Tote und andere Entdeckungen. Daniel Juhr

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Tote und andere Entdeckungen - Daniel Juhr

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Alte schüttelt den Kopf und zieht ihres Weges.

      Edgar dreht sich einmal kurz zu Fritz um, setzt einen Verschwörerblick auf, nickt wissend und biegt in die Marktgasse ab. Fritz atmet tief aus und läuft zum Wagen, um den Schlauch zu holen.

      Sekunden später hat er ihn angeschlossen, das Wasser spritzt mit Hochdruck auf die Steine, der Ketchup verdünnt sich zu einer hellroten dünnen Brühe, und Fritz denkt: Geht doch, geht doch, als er vier Geräusche kurz nacheinander hört. Zuerst ein helles Fschschschsch, weil er blöderweise auf den Schlauch getreten ist und sich das Wasser für einen Moment staut. Dann ein „Ah … Nein, nein, nein, nein!“, das von der Marktgasse herüberschallt und sehr nach Edgar klingt. Dann ein schreiend-schrilles Schleifgeräusch, als wenn Metall über Asphalt kratzt. Dann ein dumpfes Poltern.

      Fritz betrachtet kurz die Steinplatte. Sieht ganz gut aus, findet er. Die wenigen Reste könnte man auch für Schmutz halten. Aber darüber kann er auch später noch nachdenken. Er lässt den Schlauch fallen, stürzt aus dem Rosengarten und rennt die Marktgasse hinab. Diese beschreibt nur eine leichte Rechtskurve, vorbei an hübschen alten Häusern. Fritz muss gar nicht weit laufen, um zu sehen, dass da eine Gestalt im grünen Regenmantel mit dem Gesicht nach unten auf der Straße liegt und darüber, verkehrt herum, eine Schubkarre gestapelt ist. Ein paar Meter weiter oben steht Edgar, die Hände an den Wangen, wie angewurzelt, und plärrt wieder. Er plärrt wie ein Vierjähriger, der gerade mit dem Dreirad in der Kurve umgekippt ist und mit beiden Knien gebremst hat, und als er sich umdreht und Fritz erblickt, wie er auf ihn zu läuft, da plärrt er noch viel lauter.

      Fritz aber nimmt das gar nicht so wahr. Er rast an Edgar vorbei, stürmt zur Schubkarre, stellt sie hin, hebt Pommes-Paul hoch und hievt ihn, ganz alleine und ohne dass er sich bewusst darüber wird, wo er die Kraft eigentlich hernimmt, in die Karre.

      Er betrachtet den Straßenbelag: Kein Blut. Nur ausgelaufenes Bier. Die Flasche hat erstaunlicherweise nichts abbekommen.

      Er betrachtet Paul: Die Sonnenbrille ist hin, aber was soll’s. Sieht irgendwie sogar noch echter aus. Fritz hebt die Karre an und marschiert los. Er sagt kein Wort. Blickt sich nicht um. Lässt Edgar einfach stehen.

      Jetzt schaut Edgar so enttäuscht wie ein Vierjähriger, der sich solche Mühe beim Plärren gegeben hat, aber damit leider gar keinen Erfolg bei Mami hatte, und rennt Fritz nach. Da öffnet sich rechts über ihm ein Fenster. „Ey, ihr seid doch die beiden Gärtner von oben vorm Schloss!“

      Edgar hat das Gefühl, trotz der Sommerwärme einzufrieren. Er dreht sich um und sieht nach oben. „Morgen!“, ruft er und schickt ein Grinsen hinterher.

      „Wat habt ihr denn da in der Karre?“

      „Nix!“, ruft Fritz nur und geht weiter. Er hat jetzt fast die Islandstraße erreicht und bleibt stehen. „Edgar, kommst du bitte?“

      „Gar nix!“, ergänzt Edgar pflichtbewusst, „ … nur … so nen Penner!“

      „Wie? Nen Penner? Und der ist euch eben aus der Karre da rausgefallen? Hab ich doch gesehen!“

      „Edgar, kommst du jetzt?“, ruft Fritz. Es ist beinahe ein Brüllen.

      Aber Edgar kann nicht kommen. Er hat das Gefühl, dem dicken Alten, der da oben im weißen Unterhemd am Fenster steht und sich mit schwabbeligen, warzenübersäten Armen aufstützt, irgendwas erklären zu müssen. Am liebsten würde er sich jetzt schnell noch einen reinpfeifen, aber er sagt lieber wieder was: „Der … lag da oben. Den ham wir schon ein paarmal gesehen, meistens stramm wie ne Haubitze. Aber heute isser einfach so vonner Bank gekippt, da ham wir uns gedacht, vielleicht bringen wir den mal lieber …“

      „Edgar!!!“

      „ … zum Arzt.“

      „In einer Schubkarre? Und du bist auch noch zu blöd, die festzuhalten und bringst den Typen hier fast um. Vor meinem Haus“, spottet der Alte.

      Fast ist gut, denkt Edgar, aber das sagt er mal besser nicht.

      „Hat der sich was getan?“, fragt der Schwabbelige weiter.

      Fritz dreht sich nicht mal zu dem Alten um und schüttelt nur den Kopf.

      „Nee“, antwortet Edgar. „Sogar seine Bierflasche ist heil geblieben.“

      Der Alte im Fenster nickt bedächtig. „Na, das ist ja die Hauptsache, woll.“

      „Mhm.“

      „Na denn, gute Fahrt.“

      Der Alte wendet sich vom Fenster ab, Edgar dreht sich ebenfalls um und will gerade losgehen, da hört er die raue Bollerstimme von oben noch einmal. „Sag mal …“

      Edgar hält kurz inne und dreht sich dann um. „Was denn noch?“

      „Ganz ehrlich, mein Freund: Den da … hab ich hier noch nie gesehen. Und der wär mir aufgefallen. Riesenregenmantel bei 30 Grad, Sonnenbrille … ist ja schon … komisch so.“ Jetzt hat der Alte einen Blick drauf wie einer dieser Seriencops, die nie locker lassen, bis sie den Fall gelöst haben. Findet Edgar gerade gar nicht lustig.

      „Edgar: Jetzt“, zischt Fritz von unten.

      Edgar nickt schnell. „Tja, Leute gibt’s“, sagt er zu dem Alten und zuckt nur die Schultern. Als er sich umdreht, hört er noch, wie sich oben das Fenster wieder schließt.

      Fritz macht wieder den Terminator, als er in die Islandstraße einbiegt. Er schaut sich um: Hier und da laufen ein paar Leute herum, erledigen Einkäufe, machen Besorgungen. Sind mit sich beschäftigt. Wie immer.

      „Hör mal“, beginnt Edgar, „tut mir leid, dass der mir da umgefallen ist, aber die Straße ist echt steil, vielleicht hätten wir besser …“

      „Halt die Fresse.“

      „Toll, jetzt bist du sauer. Aber war doch deine Idee, dass ich die Karre nehme und du …“

      „Halt die Fresse.“

      Aber das kann Edgar jetzt einfach nicht so stehen lassen: „Und das mit dem Rausziehen der Mistgabel ist ja auch auf deinem Mist … also … Mist ist jetzt das falsche Wort, aber …“

      Kurz vor dem Laden, gleich gegenüber der Apotheke, hält Fritz plötzlich an. Er stellt die Schubkarre ab und setzt Paul etwas gerader hin, nachdem er durch die Kopfsteinpflasterruckelei doch leicht in Schieflage geraten ist. Er tritt wieder ganz nah an Edgar heran. Die Lippen kriechen in sein Ohr. „Siehst du da die Bahnhofstraße? Und den Spielzeugladen? Von da sind es vielleicht noch fünfhundert Meter oder so. Die schaff ich auch allein. Geh einfach. Geh hoch zum Schloss, pack alles in den Wagen. Sei einfach … weg, ja?“

      „Aber die Batterie ist doch …“

      „Tu es, Edgar.“ Edgar hört ein tiefes Seufzen an seinem Ohr. „Bitte.“

      Edgar stemmt die Hände in die Hüften und schaut Fritz entschlossen in die Augen. „Nein, mein Freund. Wir haben das zusammen begonnen. Und wir bringen das zusammen zu Ende. Ich komme mit dir!“

      Fritz weicht ein Stück zurück und stemmt ebenfalls die Hände in die Hüften. „Das hast du jetzt nicht so gesagt, oder?“

      Edgar

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