Tote und andere Entdeckungen. Daniel Juhr

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Tote und andere Entdeckungen - Daniel Juhr

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gut, Edgar, ist gut. Dann anders: Wir gehen da jetzt zusammen rüber. Und du machst, egal, was auch passiert, nichts, außer neben mir herzugehen und zu schweigen. Glaubst du, dass du das auf die Kette kriegst?“

      „Aber wenn ich einen kenne, darf ich doch Tach sagen oder so was, oder?“

      „Du kennst aber keinen! Und du grüßt auch keinen! Du hältst einfach ein für alle Mal deine verdammte Fresse, kapiert?“

      „Ja was ist denn hier los?“

      Der Apotheker von gegenüber steht plötzlich einfach so vor ihnen. Fritz erkennt ihn sofort, er hat sich bei ihm vor ein paar Tagen noch was gegen seine Hämorrhoiden besorgt. Sein Herzschlag fährt jetzt Aufzug, und direkt unterm Kinn macht es „DING!“. Edgar schluckt nur einmal kurz und schiebt seine Mundwinkel Richtung Ohrläppchen. Ein Grinseversuch.

      Der Apotheker, ein kleiner, hagerer Mann mit kurzem grauem Haar, schaut Fritz einen Moment lang an, dann lächelt er wissend und freundlich: „Ach, Sie sind doch der mit den … hat die Salbe denn geholfen?“

      Fritz räuspert sich. „Äh, ja, danke … Das wissen Sie noch?“

      „Ach, hören Sie mal, in einer kleinen Stadt wie dieser, da kennt doch jeder jeden.“

      Jetzt betrachtet der Apotheker den grünen Mann in der Schubkarre, der eigentlich gelb-rot-weiß ist, aber darüber liegt ja zum Glück ein Mantel des Schweigens.

      „Na“, murmelt der Apotheker, „da habt ihr aber einen aufgegabelt, was?“

      Lachen muss man manchmal ganz besonders doll, wenn man es auf keinen Fall darf. Fritz und Edgar spüren in derselben Sekunde, wie das Lachen in ihnen explodiert, wie es vom Zwerchfell aus als rasende Blitzkugel in ihnen hochschießt. Sie möchten es aufhalten, herunterschlucken, sie pressen die Lippen aufeinander, um das Lachen zu ersticken, das jetzt schon ihren ganzen Mund füllt. Fritz setzt sogar zu einem verzweifelten Husten an. Edgar blickt grunzend zur Seite. Es reicht alles nicht.

      „Was ist denn bitte daran so lustig, dass sich ein armer Kerl die Kante gibt, bis er nicht mehr stehen kann? Könnt ihr mir das mal verraten, ihr beiden?“ Der Apotheker bekommt ganz rote Wangen.

      Ein Blitz fährt durch Fritz und Edgar hindurch. Die Lachkugel ist implodiert. Jetzt wird es Ernst, denkt Fritz. Das war es dann, denkt Edgar. Und wieder kann er die Klappe nicht halten: „Nee, da ham Sie recht, das ist wirklich schlimm. Deswegen helfen wir dem ja auch.“

      „Womit? Mit einer Spazierfahrt?“

      Edgar spürt schon Fritz’ Ellenbogen in der Seite, aber er fährt einfach fort: „Oder vielleicht haben Sie ja ein Mittel? Sie sind ja scheint’s vom Fach, oder?“

      Der Apotheker lächelt und zuckt die Schultern. „Wie soll ich das denn verstehen? Soll ich ihm eine Pille geben, und dann springt der wieder auf?“

      Fritz hat auf einmal eine Idee. „Wir … wissen, wo der wohnt. Unten … da … hinten …“, er zeigt Richtung Wupper. „Bei seiner Mutter. Wir kennen den …“

      Die Augen des Apothekers wandern von Fritz zu Edgar zu Paul und wieder zurück. Immer im Kreis. „Ihr wollt mich verarschen, oder?“

      Ganz langsam kniet sich der Apotheker jetzt nieder, und sein Gesicht nähert sich Pauls sonnenbebrillten toten Augen. Sein rechter Arm hebt sich wie in Zeitlupe, und seine zarte Hand nähert sich einem Handgelenk, das blass unter dem grünen Riesenmantel hervorlugt.

      Er will die Hand gerade in seine nehmen, da schallt eine helle Frauenstimme aus der Apotheke nach draußen. „Rüdiger, Telefon! Bitte, es ist dringend! Rüdiger!“

      Der Apotheker hält inne und schließt die Augen, erhebt sich und seufzt. „Ihr wartet hier auf mich, klar? Ich glaube, eurem Freund da geht es gar nicht so gut. Der braucht Hilfe.“

      Nee, denkt Edgar, jetzt nicht mehr. Aber egal: Weg ist der Apotheker. So plötzlich, wie er gekommen ist.

      Edgar schaut noch kurz zur Apotheke rüber, doch Fritz ist schon mit der Karre auf dem Weg. Das Ampelmännchen an der Bahnhofstraße ist gerade auf Grün gesprungen.

      „Aufgegabelt!“, flüstert Edgar, als er wieder neben Fritz her geht, „aufgegabelt, Mann! Der war schon gut, oder?“

      Aber Fritz ist gerade gar nicht so zum Lachen. „Eins schwör ich dir, Edgar, wenn ich wegen dir in den Knast gehe, dann blüht dir noch ne Menge mehr als eine verdammte Mistgabel. Kapiert?“

      Edgar nickt nur stumm und beobachtet einen kleinen Jungen, der ihnen mit seiner Mutter entgegenkommt.

      „Schau mal Mama, da liegt ein Penner in der Schubkarre!“

      „Sieh da nicht hin!“

      Neben der Bergischen Buchhandlung hält Fritz an, atmet schwer und fasst sich ans Handgelenk. „Fahr du weiter“, murrt er, ohne aufzuschauen, „ich brauch mal ne Pause … äh … Edgar?“

      Doch Edgar steht schon mitten in der Buchhandlung. Fritz starrt fassungslos durch die Glasschiebetür und verfolgt Edgar, wie er zu einem Kartenständer schlendert, eine Karte herauszieht, damit zur Kasse geht und sie bezahlt. Stolz tritt Edgar wieder auf die Straße und hält Fritz die Karte vors Gesicht.

      Fritz spürt ein gewaltiges Beben in sich. Mann, denkt er, so heftig war das aber lange nicht. Doch es zuckt nur leicht um die Mundwinkel. „Was ist das?“, fragt er.

      „Steht doch hier: In stillem Gedenken. Hab gedacht, wenn wir schon mal hier sind … da können wir doch gleich zwei Dinge in einem Rutsch erledigen, Fritz, weißte, zwei Sachen auf einmal …“

      Fritz’ Faust schnellt so schnell in Edgars Magengrube, dass der Rest des Satzes nur noch ein Keuchen ist. „Ich weiß, was man darunter versteht, Edgar! Weißt du, was das für mich heißt? Wenn zwei Mann einen Auftrag zu Ende bringen und der eine von den beiden macht, was der andere ihm sagt. Aber das klappt irgendwie sowas von überhaupt nicht!“

      Fritz erwartet darauf keine Antwort. Er weiß, dass Edgar nach diesem Schlag sowieso erst mal keine Luft mehr zum Reden haben wird. Vielleicht hält es ja bis zur Wupper vor. Wahrscheinlich hätte er das schon längst machen sollen. Fritz ignoriert den Schmerz in seiner Hand und nimmt die Karre wieder selber.

      Er marschiert weiter, und Edgar, mit beleidigtem Gesicht und einer Hand auf seinem schmerzenden Bauch, trottet, endlich mal schweigend, neben ihm her.

      Auf dem Etapler Platz herrscht dasselbe Parkplatzchaos wie jeden Morgen, es wird rangiert, gebremst, geflucht, und Fritz beschleunigt seine Schritte, um nicht groß aufzufallen. Sie passieren den großen Neubau und erreichen endlich den Kreisverkehr.

      Keine zweihundert Meter mehr bis zur Wupper, da, wo sie aus Stein eine Art Stufe direkt ans Wasser gebaut haben.

      Da, wo Endstation sein wird für die Riesenpommes.

      Der Schmerz in Edgars Magengegend legt sich allmählich, als sie die Straße überqueren. Edgar nimmt aus dem Augenwinkel wahr, wie einige Autofahrer etwas irritiert zu ihnen rüber schauen, aber niemand hält an, es dreht sich einfach alles weiter im Kreisverkehr, so wie immer.

      Irgendwo

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