Drei Dekaden. Hermann Ritter

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Drei Dekaden - Hermann Ritter

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christlichen Kirchen propagierten. Der Aufbau dieser neuen Religion erfolgte von oben, nicht von unten her – obwohl in diesem Fall das Fundament des Glaubens jener Teil ist, der eigentlich am höchsten angesiedelt ist (im innersten Bezirk der Heiligkeit …).

      Magie steht für die Erfassung und Nutzung der (Ver-)Bindungen zwischen den Dingen. Die Kräfte, welche alles verbinden, will der Magier nutzen. Um sie zu nutzen muss er zwischen sich als Wirkendem und dem zu bezaubernden Wesen oder Ding eine Verbindung schaffen. Verbindung verlangt Bindung, Bindung bedingt Verbindung. Bindungen schaffen auch Muster und stiften Sinn.

      Das Weben, das Knüpfen sind klassische Bilder der Magie – nicht nur das Schicksal wird gewoben, bildet einen Teppich, sondern der Zaubernde verknüpft unterschiedliche Fäden zu einem Bild, das vorher nur in seiner Phantasie existiert hat.

      Während die heidnische Religion mit den christlichen Kirchen um Gelände kämpft, streitet sich die Magie meist mit den Sozial- und Geisteswissenschaften um Terrain.

      Aus der Situation als unterlegene Richtung kann das Heidentum Fehler der großen Religionen aufzeigen, selbst vermeiden und Alternativen anbieten. Doch auch hier gilt, dass Macht korrumpiert – wenn das Heidentum die gesellschaftlich bestimmende Religion wäre, dann wären die Rollen in Bezug auf die blinden Flecken wahrscheinlich anders verteilt. Die Gestaltungsmöglichkeiten, welche sich aus Sinn und Glauben ergeben, müssen durch unsere Möglichkeiten (Zeit, Personal, Ressourcen) auf das Mögliche und Gewünschte eingeschränkt werden.

      Zwei Fragen sind es, die klären helfen sollen, welche Gestaltungsmöglichkeiten man ergreift:

      1. Man sollte Themen gestalten, die einem als Heide wichtig sind.

      2. Man sollte Themen gestalten, in denen nach dem Abwiegen der eigenen Ressourcen und des zu erwartenden Widerstandes eine Alternative Sinn macht.

      Nur wenn beide Fragen mit ja beantwortet werden, macht es Sinn, Energie einzusetzen.

       Zu 1.

      Was ist wichtig? Das entscheidende Element ist für mich erneut die Frage nach dem Mythos (unter Berücksichtigung der Grundannahme eines Primats des Göttlichen). Ich muss mir überlegen, was ich glaube, muss den Dingen im Himmel und unter der Erde Namen und Titel geben, um mit ihnen kommunizieren zu können (der händeringende Ruf an die namenlosen Götter ist uns Menschen weniger nahe als das Gebet an den namenstragenden Gott).

      Handelt es sich um ein bekanntes Pantheon (z.B. den nordischen oder griechischen Götterhimmel)? Ist es der Mythos von Göttin und Gott im Jahreslauf? Gibt es eine Vorhersage für die Zukunft, einen Zeithorizont (z.B. den Untergang der Welt in einem Ragnarök oder ein kommendes Zeitalter?). Welche Punkte des Mythos sind wichtig, welche sind weniger wichtig? Wie korrespondieren Punkte des Mythos mit möglichen Festen und Festterminen?

      Ein Mythos muss kein zusammenhängendes Relikt sein, er kann auch aus einem Sagen- und Märchen-Konvolut bestehen (als Quellen sind hier z.B. Tolkien, Andersen, die Gebrüder Grimm, aber auch Hauff denkbar – wobei man sich die Frage stellen könnte, ob sich manche modernen Hexentraditionen nicht sowieso aus einem Fantasy-Phantastik-Mix nähren).

      Die im Heidnischen geschilderte Göttlichkeit ist von den monotheistischen Religionen geschieden. Es gibt im Heidentum keine einzelne (Erst-)Vermittlung von Religion durch Einzelne (Religionsstifter), keinen Alleinvertretungsanspruch, dafür eine Koppelung des Mythos an einen lebendigen und beeinflussbaren Kult(us). Der veränderliche Kultus als Inneres der Religion muss aber auch durch eine flexible Gestaltung des Äußeren flankiert werden. Um es etwas plump auszudrücken: Wenn ich den Mythos verändere, muss ich auch die Feste verändern.

       Zu 2.

      Man sollte Alternativen nicht mit kleinen Entwürfen zeichnen, sondern mit großen, kraftvollen Strichen einen Rahmen vorgeben, in dem die Veränderung stattfinden soll. Es macht nichts, wenn dieses Bild unfertig erscheint – das ist es ja auch. Aber es ist einfacher, erst mit groben Strichen Glauben und Mythos zu skizzieren, bevor man an die Ausarbeitung der Details geht. Es macht wenig Sinn, erst die Farbe der Zotteln am Mantel der Priester zu definieren, bevor man sich über Charakter, Namen und Hintergrund der verehrten Gottheit einig ist. Wir wachsen als Heiden nicht in einer heidnischen Gesellschaft auf, sondern wir wählen als Erwachsene. Wir sollten diese Wahlfreiheit auch nutzen, um mit Verstand zu wählen und zu entscheiden.

      Ich glaube weiterhin, dass die richtige Kombination der Entwurf des Göttlichen samt einer Anknüpfung an die heiligen Termine, existentiellen und kultischen Fragen ist. Bei diesen Punkten dürfte klar sein, dass sie von eigener, persönlicher Bedeutung sind. Ich hoffe darauf, dass durch das Anbieten von Alternativen in lebenswichtigen Fragen die verändernden, heilsamen Kräfte des Heidentums, der Magie am ehesten zum Einsatz kommen.

      Und noch etwas: Auch wenn die eigenen Ressourcen nicht ausreichen, um alles zu gestalten – Bündnisse machen nicht immer Sinn. Der Heide sollte aufhören, um jeden Preis Bündnisse zu schließen und sich auf das konzentrieren, was realistisch zu erreichen ist. Das Unmögliche zu fordern bleibt weiterhin Programm, aber das Unmögliche beginnt mit dem ersten Schritt.

       LOKI, LOKI, SHINING BRIGHT!

       I. Die kurze Einführung

       All woes that fall

       On Odin’s hall

       Can be traced to Loki base.

      – Valhalla, J. C. Jones102

      Loki ist unter den nordischen Göttern eine Ausnahme – er ist kultlos, ortlos, heil-los. Seine mythische Herkunft liegt im Dunkeln, nur sein Ende ist bekannt. Schon Herrmann schrieb in klarer Erkenntnis der Geheimnisse nordischer Mythologie:

      Bei den Griechen lag der siegreiche Kampf der Olympier gegen die Titanen weit, weit in der Vergangenheit, der Germane dachte sich den letzten Kampf seiner Götter in der Zukunft, und nicht die Götter behaupteten die Walstatt, sondern ihre Gegner.103

      Auf das Ende hin, nicht aus einer heroischen Vergangenheit gespeist; ein Götterhimmel, der auf etwas zu, nicht aus etwas kommend existierte. Das ganze Sein nur als Präludium zum Niedergang.

      Die nordischen Götter lebten in Kenntnis ihres Endes, daher sind ihre Vorstellungen von der Vergangenheit weniger farbig als jene der Zukunft. Die uns überlieferten Mythen sind eschatologisch geprägt – vom Ende der Zeit, einem Heil beeinflusst, das schon das Herüberwehen christlicher Vorstellungen beweisen dürfte.

      Und es war Loki, der diesen Niedergang der Götter einleitete. Er ist der Auslöser, der wichtige Faktor im Geschehenen. Am Ende der Welt darf Loki das Nagelschiff lenken104, seine Kinder sind wichtiger Teil der Eschatologie. Sie werden im Rahmen einer gigantischen Blutrache von den Kindern der Opfer getötet.105 Und er auch.

       II. Der riesige Hintergrund

       Loki ist eine der interessantesten Gestalten der nordischen Mythologie, wenn nicht gerade die interessanteste. Als der Geist, der stets verneint, treibt er innerhalb der Götterwelt sein Unwesen (…); er ist bald Ratgeber und Helfer der Götter, bald ihr Possenreißer und Spaßmacher, schließlich aber ihr erbittertster, furchtbarster Feind (…).

      

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