Der holistische Mensch. Johannes Huber

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Der holistische Mensch - Johannes Huber

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lag. Das ändert sich jetzt mit einer erstaunlichen Rasanz. Ein Verbindungsgässchen nach dem anderen wird entdeckt, die all die vielen Viertel miteinander verbinden, auch wenn man sie am entgegengesetzten Ende der Stadt vermutet hatte.

      Derzeit lässt sich der Holismus offenbar sehr gern in die Westentaschen lugen. Es kommt einem fast vor, als hielte er sie dem Menschen sogar ein bisschen auf. Als lockte er ihn: Komm, schau hier herein, da hab ich noch etwas für dich, was du nicht gewusst hast, einen Zusammenhang, den du noch nicht hergestellt hast, so spielen die Dinge zusammen.

      Das regt natürlich ziemlich dazu an, über den Zufall nachzugrübeln. Denn mit jeder der Erkenntnisse, die einander in der Forschung so jagen, wird die Möglichkeit des Zufalls kleiner. Dass ein so strukturiertes Spinnennetz an Verknüpfungen rein aus dem Nichts entstanden sein könnte, ist kaum mehr zu glauben.

      Der Zufall wird zum unwahrscheinlichen Fall.

      Doch worin bestehen sie jetzt, diese Neuigkeiten aus den Labors dieser Welt?

      Versetzen wir uns einfach einmal in uns selbst. Sozusagen als Voyeure im Namen der Wissenschaft. Setzen wir uns in unser eigenes Theater. Nehmen wir Platz als Publikum auf der Galerie des Ichs. Betrachten wir das Schauspiel an Schmetterlingseffekten, das die Natur zum Zwecke der Zeugung eines neuen Menschen inszeniert hat. Schauen wir, was der Geschlechtsakt in unserem Organismus auslöst. Lassen wir uns zeigen, was es in uns Neues gibt.

      Vorhang auf für die drei Akte der vernetzten Sexualität.

      Erster Akt: die Blaupause.

      An der Handlung beteiligt: die männliche Samenflüssigkeit, das weibliche Immunsystem.

      Kurzinhalt: Die Spermien und die Samenflüssigkeit des Mannes sind Fremdkörper in der Frau, und als solche müssten sie normalerweise vom Immunsystem angegriffen und entfernt werden. Weil das im Sinne der Fortpflanzung nicht geht, gleicht sich die Frau lokal dem Immunsystem des Mannes an. Sie modelt sich um und erstellt in sich eine tolerable Blaupause von ihm.

      Jeder glaubte, dass das Ejakulat des Mannes hauptsächlich Spermien beinhaltet, auch wir Mediziner. Die Medizin denkt mechanistisch. Das holistische Prinzip, demzufolge ein Organ das andere beeinflusst, ist nicht sehr verbreitet.

      Man weiß schon seit Langem, dass im Sperma nicht nur Spermien enthalten sind, die nehmen nur an die 0,5 Prozent der Sache ein. Aber die restliche Samenflüssigkeit hat es auch in sich.

      Es gibt ganze Bücher, in denen alle unzähligen Bestandteile aufgelistet werden, die für die unterschiedlichsten Aufgaben zuständig sind. Die Spermien brauchen Energie, ein Navigationssystem, fremde Spermien sollen nach Möglichkeit ausgeschaltet werden. Und die eigenen Spermien müssen natürlich geschützt werden, gegen Krankheitserreger und Fressfeinde, denen sie begegnen könnten, aber auch gegen die Abwehrkräfte der Frau.

      Da ist eine magische Mischung unterwegs. Magie, was für ein großes Wort für die kleinen Dinger, höre ich es von den hinteren Rängen unseres Ich-Theaters raunen. Aber ich bleibe dabei. Was diese Proteine bewirken, ist tatsächlich Magie. Denn mit ihnen bereitet der Mann die Frau auf die Fortpflanzung und letzten Endes auf das gemeinsame Kind vor.

      Daher ist einmal eine gute Portion von Glückshormonen dabei, zum Beispiel Endorphin und Oxytocin. Oxytocin ist auch als Kuschel- und Treuehormon bekannt, wir werden darauf noch zu sprechen kommen. Endorphin ist ein körpereigenes Opiat. Es fehlen natürlich auch die Pheromone nicht, also die Duftstoffe, die der Körper in Liebesbereitschaft gleichsam aus allen Poren aussondert, um attraktiv zu sein.

      Außerdem haben wir gesagt, dass das Immunsystem der Frau ausgetrickst werden muss, damit es die Spermien nicht zerstört. Die weißen Blutkörperchen müssen abgelenkt werden. Dafür sind Stoffe wie Prostaglandin, Spermidin und Spermin zuständig. Spermin ist nebenbei gesagt der Stoff, der für den Geruch des Spermas verantwortlich ist. Und auf das Spermidin werden wir im dritten Akt ausführlich zu sprechen kommen. Unzählige andere Stoffe, darunter auch Opiate, sind dazu da, das Immunsystem der Frau herunterzufahren. Aber ganz ausgeschaltet werden soll es auch nicht, das wäre gefährlich, es muss an das des Mannes angepasst werden. Dafür werden im Sperma von männlicher Seite verschiedene Stoffe wie zum Beispiel Adrenalin mitgeschickt, aber vor allem eigene Abwehrkräfte, eigene Immunfaktoren.

      Das ist eine Nachricht, die sich nicht so leicht verdauen lässt. Vor allem für die Frau. Macht sie die Natur etwa zur Blaupause des Mannes? Der Gedanke ist unangenehm, wenn nicht unheimlich.

      Schauen wir uns die Gründe an.

      Durch die Ejakulation bekommt die Frau quasi eine Infusion. Es dringt Flüssigkeit in ihren Körper ein. Normalerweise ist so etwas für den Organismus ein Grund, Alarm zu schlagen. Ein körperfremder Stoff bahnt sich seinen Weg ins Innere. Wer weiß, was da alles mit hereingeschwemmt wird. Und schon blinken die Warnleuchten, und die Sirenen heulen, um die Eindringlinge schnellstens wieder loszuwerden. Normalerweise.

      Passierte das bei jedem Geschlechtsakt, wäre das nicht nur ausgesprochen unbequem, es hätte unseren Fortbestand wohl verhindert. Das Ejakulat dient der Fortpflanzung, es darf nicht abgestoßen werden wie ein Parasit oder Krankheitserreger. Es muss eine Sondererlaubnis bekommen. Eine Art Passierschein, der zur Zeugung notwendig ist und die Pforten in den Organismus öffnet.

      Gleich beim Eintritt ins weibliche Territorium weisen die männlichen Besucher diesen Passierschein vor. Der besteht unter anderem aus den Abwehrkräften, den Immunfaktoren des Mannes. Diese Immunfaktoren drängen sofort in die dendritischen Zellen der Frau, die für das Immunsystem tätig sind und rennen von dort aus zu den Lymphknoten weiter.

      Die schauen sich das an und entschlüsseln die Botschaft an das weibliche Immunsystem. Gegen diesen Eindringling keine Feindseligkeiten. Hier sind die Codes, mit denen seine Abwehrkräfte arbeiten, die übernehmen wir jetzt.

      Da die Samenflüssigkeit alles tut, um ihre Samen zu beschützen, beinhaltet sie auch viele antibakterielle, antimykotische und antivirale Stoffe, zum Beispiel Laktoferrin und Zytokin. Die beiden sind sonst auch für Zellteilung und Regulierung der Zellspezialisierung zuständig. In unserem Fall der körperlichen Liebe schützen sie neben den Spermien auch die Frau.

      Über den Muttermund geht es dann für alle Bestandteile weiter. Die Operation Fortpflanzung ist angelaufen.

      Ein hochgenialer Mechanismus.

      Es sind also nicht nur Spermien, die da aus Jux und Tollerei hineingeschossen werden. Das ist nicht nur ein erfreulicher Geschlechtsverkehr. Es ist fast eine Parabiose. Die beiden Organismen sind zwar nicht miteinander verwachsen, aber sie vereinigen sich, und damit sind sie verschränkt.

      Nur, warum genügt nicht schon der Passierschein? Wozu muss sich die Frau auch noch zur Blaupause ummodeln?

      Die Antwort hat etwas Epochales. Der Mann deponiert mit der Ejakulation seine DNA in den Schleimhäuten der Frau, damit sein Sperma von ihr akzeptiert wird. Denn dieses Sperma ist nichts anderes als ein möglicher halber Embryo.

      Die Programmierung, die das Immunprofil der Frau verändert, bereitet sie auf das Einnisten des neuen Lebens vor wie auf ein Geschenk. Das ist etwas anderes, als sich einen Splitter einzuziehen. Ein Splitter ist kein Geschenk, er bohrt sich seinen Weg, ohne eingeladen worden zu sein. Da versteht das Immunsystem keinen Spaß und ist sofort in Aktion. Beim Sperma hält es sich zurück, obwohl es genauso ein Fremdkörper ist, der zu hundert Prozent nicht von der Frau stammt.

      Schaut man sich an, was sich daraufhin alles im weiblichen Körper tut, schreien Vernunft und Gefühle wild durcheinander. Wenn der Verstand die Informationen verarbeitet, findet er den Plan der Natur völlig

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