Fröhliches Morden überall. Margit Kruse
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Читать онлайн книгу Fröhliches Morden überall - Margit Kruse страница 5
»Margareta, du solltest dich bei meiner Mutter entschuldigen. Schließlich haben wir Heiligabend!«, sagte er kleinlaut.
»Sag mal, tickst du noch richtig? Du schlägst dich auf die Seite deiner Mutter? Außerdem hat sie gestern und heute nicht geduscht. Diese Läppchenwascherei bringt doch nichts. Das ganze Zimmer stinkt nach Schweiß. Und schon wieder hat sie den gleichen Pullover an.« Margareta schämte sich. Musste sie sich auf dieses Niveau begeben? Sie war nicht besser als Eleonore. Nur Waltraud zuliebe blieb sie am Tisch sitzen.
Mit hämischem Grinsen verließ Eleonore wenig später das Wohnzimmer und suchte ihr Zimmer auf. Anscheinend telefonierte sie. Hin und wieder hörte man sie abwechselnd laut auflachen und übel schimpfen.
»Da steckt ein neuer Mann dahinter. Sie hat so Andeutungen gemacht«, brach Waltraud das Schweigen.
»Wie kannst du so etwas sagen«, ärgerte sich Thomas. »Mein Vater ist erst ein knappes halbes Jahr tot. Meine Mutter steckt noch mitten in der Trauerphase.«
»Davon merkt man nicht viel. Sie hat mir jedenfalls von einem Mann erzählt, den sie in der Kirchengemeinde kennengelernt hat. Vielleicht ist ja alles ganz harmlos.« Gedankenverloren trank Waltraud von ihrer Pfirsichbowle, die sie am Nachmittag zusammengeschüttet hatte.
»Mit Sicherheit ist alles ganz harmlos.« Margareta horchte allerdings auf. Eleonore hatte einen neuen Mann? Das ging aber schnell.
Thomas schien fix und fertig. »Mutti hat meinen Vater geliebt. Jawohl! Da sucht sie sich doch nicht so schnell einen neuen Kerl, kaum dass Papa kalt ist. So eine ist meine Mutter nicht!« Er holte sich eine Flasche Pils aus dem Kühlschrank, öffnete sie und trank direkt aus der Flasche.
Margareta fragte sich, wo seine guten Manieren geblieben waren. Haute ihn diese Nachricht dermaßen aus den Latschen?
»Ach, Junge, du hast keine Ahnung. In unserem Alter ist ein halbes Jahr eine lange Zeit. Wenn sie das Glück hatte, jemanden kennenzulernen, ist das doch was Tolles. Wer weiß schon, was morgen ist? Gönnst du ihr das nicht?« Waltraud traten Tränen in die Augen.
»Nein, das Trauerjahr sollte sie einhalten.« Da hatte Thomas klare Vorstellungen.
»Trauerjahr, Trauerjahr. In welchem Jahrhundert lebst du denn?« Waltraud füllte sich ihr Glas erneut mit der köstlichen Bowle und leerte es in einem Zug. Fast hätte sie sich an den Pfirsichspalten verschluckt. Ob sie doch besser, wie Eleonore vorgeschlagen hatte, Glühwein hätte zubereiten sollen? Plötzlich war es um sie geschehen. Sie schluchzte unvermittelt los und sackte regelrecht in sich zusammen. »Ich vermisse Sepp so sehr. Die letzten Jahre habe ich immer mit ihm zusammen Weihnachten gefeiert. Was hatten wir für schöne Zeiten! Dieses Jahr wollte er nicht. Ist bei seiner Frau geblieben.«
»Liebe Waltraud!«, sagte Margareta. Sie nannte ihre Mutter meistens beim Vornamen. »Bleib doch mal objektiv. Wie sahen sie denn aus, deine schönen Zeiten? Die Zeit, die er mit dir verbracht hat, hat er sich gestohlen, und ist danach ganz schnell wieder in die Arme seiner Alten geflüchtet, von der er sich nie lösen wird. Vergiss ihn endlich!« Margareta musste an das Weihnachtsfest denken, an dem sie den alternden Bandleader dieser Altherrencombo zum ersten Mal getroffen hatte. Ihre Mutter hatte ihn in einem zwielichtigen Tanzschuppen für Greise kennengelernt. Es war im Wohnzimmer ihrer Mutter Waltraud im Kreise der engsten Familie gewesen. Der Hesse aus Nidda hatte Unterschlupf bei ihrer Mutter gesucht. Und nicht nur das. Margareta hatte Felix, den Obdachlosen, mitgeschleppt, um ihm schöne Feiertage zu bescheren. Und da hatte auch Sepp am Tisch gesessen, dieser tattrige Opa, der am zweiten Weihnachtstag mit dem Geld aus dem Bankraub in Buer, welches er beschützen sollte, dreist getürmt war. Zum Glück hatte ihn die Polizei geschnappt. Das Geld konnte er daraufhin vergessen. Immer wieder hatte er danach vor Waltraud auf den Knien gelegen und um Verzeihung gebettelt. Immer wieder war er jedoch kurz darauf zu seiner Frau zurückgekrochen und hatte Waltraud ganz schnell vergessen. Gut, dass das jetzt hoffentlich ein Ende hatte.
Während Thomas den Tisch abräumte, betrat Eleonore vergnügt das Zimmer, als wäre nichts gewesen, und setzte sich auf ihren Platz am großen Küchentisch.
»Sag jetzt nichts Falsches«, zischte Margareta Thomas zu, während sie ihm beim Abräumen half.
»Wie wäre es mit einer Runde Halma? Ich habe im Schrank eine Spielesammlung gesehen.« Munter kramte Eleonore das Spiel heraus und setzte sich wieder an den Tisch.
»Wieso nicht«, meinte Thomas. »Spielen wir Halma.«
Der eventuell vorhandene Lover von Eleonore, der treulose Sepp, der Kuhstallmief sowie der Schweißgeruch waren schnell vergessen. Es wurde tatsächlich ein richtig schöner Heiligabend mit Pfirsichbowle, Pils und Spielesammlung und einem herrlichen Kaminfeuer.
Am anderen Morgen, dem ersten Weihnachtstag, hatte es geschneit. Eine ungefähr fünf Zentimeter hohe Schneeschicht überzog die Landschaft.
Thomas lief von Fenster zu Fenster und konnte sich gar nicht beruhigen. Ach, wie schön, ach, wie toll. Bereits fertig angezogen saß er anschließend am Frühstückstisch und wollte schnellstmöglich raus, zu Fuß zum Skigebiet Hunau, ungefähr vier Kilometer vom Ferienhaus entfernt. Auf Eleonores Einwand, er könne doch überhaupt nicht Ski fahren, wurde er knurrig. Nur schauen wollte er, einfach nur schauen.
»Und du? Willst du den ganzen Tag vor dem Fernseher abhängen? Da läuft die 5.000ste Wiederholung der Schwarzwaldklinik, und Waltraud und du starrt gebannt hin, als würdet ihr den alternden Gockel von Professor zum ersten Mal sehen. Seid ihr zum Fernsehen hergekommen?«
»Ich denke, wir haben Urlaub, da können wir machen, was wir wollen«, antwortete Eleonore ihrem Sohn, ohne den Blick vom tollen Professor Brinkmann in seinem wehenden Kittel abzuwenden.
»Ich finde, wir sollten die TV-Zeiten beschränken. Sagen wir: pro Tag zwei bis drei Stunden?«, schlug er vor.
»Bei dir piept es wohl, Junge. Ich entscheide immer noch selbst, wie ich meine Zeit verbringe«, meinte Eleonore.
Wenigstens hatte Mutter Scheffel am frühen Morgen ausgiebig geduscht, dachte Margareta. Und frische Klamotten trug sie auch. Sogar ihre Dachsfrisur hatte sie in Form gebracht. Gar nicht so falsch, mal was zu sagen. Margareta lächelte in sich hinein.
»Ihr zwei könnt hoch zur Kreuzbergkapelle marschieren, von dort aus rüber zum Wanderparkplatz Mechterkuse, und schon seid ihr wieder hier an der Hütte. Sind höchstens acht Kilometer. Bin ich gestern auch gelaufen. Heute ist es viel schöner bei Schnee«, schlug Thomas vor.
»Da hättest du den Bauernhof im Wald sehen müssen, den ich mir gestern angeschaut habe«, meldete sich Margareta zu Wort.
»Habe nicht drauf geachtet.«
»Das ist mir zu weit. Ich habe Hüftprobleme, ich kann nicht so weite Touren machen.« Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich Waltraud die rechte Hüfte. »Bis zur Ortsmitte schaffe ich es.«
»Dann lass uns in dieses Café gehen und dort was Schönes zu uns nehmen«, sagte Eleonore begeistert. »Die haben tolle Torten und weiße Trinkschokolade.« An ihren Sohn gewandt: »Und du heize schon mal den Kaminofen an, damit wir es gemütlich haben, wenn wir durchgefroren heimkommen.«
»Später«, antwortete Thomas einsilbig und verließ kopfschüttelnd den Raum. »Torte essen, so schnell