Die weise Schlange. Petra Wagner

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Die weise Schlange - Petra Wagner

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an.

      „Nun kann deine Mutter ohne Angst die Scheidung bei eurem Druiden beantragen und in vier Monden, zu Lugnasad, ist sie wieder frei. Bis dahin wird dein Stiefvater gewiss keinen Schaden anrichten, er kann ihr nichts mehr tun. Das gilt auch für dich, mein lieber Freund.“ Viviane streichelte Usheen liebevoll über die geröteten Wangen und legte ihre Stirn kurz an seine, bevor sie ihm tief in die Augen sah. „Vor seiner Vergeltung seid ihr in den kommenden Monden sicher“, bekräftigte sie noch einmal. „Danach seid ihr beide frei.“

      Usheen strahlte zu Viviane hoch und freute sich noch mehr, weil alle Umstehenden eifrig nickten. Angus schien jedoch an etwas anderes zu denken.

      „Dein Arion … er ist etwa fünf Jahre alt, oder?“

      „Genau. Zur Zeit der Pappel wird er fünf. Du hast ein gutes Auge für Pferde.“

      „Er ist ein richtiger Schelm, viel Sinn für Humor. Guck mal, wie er mich mustert! Als hätte er jedes Wort verstanden.“ Gedankenverloren streichelte Angus die silberne Mähne und seufzte schwer. „Mein Urgroßvater ist vor fünf Jahren am Tag der Eiche gestorben.

      Er war immer zu einem Scherz aufgelegt und der beste Geschichtenerzähler weit und breit. Er hat Pferde sehr geliebt. Als solch ein stattlicher Hengst wiedergeboren zu werden, das wäre eine besondere Ehre für ihn. Natürlich kann niemand sagen …“

      Mitfühlend legte Viviane eine Hand auf Angus’ Schulter. „Keine Bange, mein Freund.

      Ob dies hier nun dein wiedergeborener Großvater ist oder nicht, ich werde Arion immer ordentlich behandeln. Er wird es gut haben bei mir.“

      „Wunderbar. Und jetzt wird es Zeit, den Fährmann zu entlohnen!“ Schwungvoll zückte Angus seine Geldtasche.

      Bis auf Hanibu gab jeder Usheen eine kleine, gebogene Kupfermünze, nur von Viviane wollte er absolut nichts nehmen.

      „Du hast mir und meiner Mutter einen unbezahlbaren Dienst erwiesen. Wir stehen tief in deiner Schuld.“

      „Von Schuld will ich nichts hören, Usheen, mein Freund! Nutzt die Gunst der Stunde und beginnt ein neues Leben, dann habt ihr mir ein Gegengeschenk gemacht. Es ist schließlich meine Aufgabe, bedürftigen Menschen zu helfen.“

      Usheen stutzte. „Es ist deine Aufgabe? Du hast gar einen Eid geschworen? Aber seit wann schwören Krieger, bedürftigen Menschen zu helfen? Ich meine, Krieger schwören einen Treueeid, ihren Clan und ihr gesamtes Königreich zu beschützen, das schließt ja sämtliche Menschen darin mit ein, direkt helfen jedoch … Was bist du genau in deinem Clan? Eine Kriegerin. Was noch?“ Lächelnd wiegte Viviane den Kopf und schaute so abwartend drein, als würde er gleich von allein darauf kommen.

      Antwort suchend wanderte Usheens Blick von Viviane zu ihrem Gepäck und seine Augen weiteten sich überrascht.

      „Was ist das für ein Schwertgriff?! Ich fasse es nicht, wie habe ich dieses Langschwert bloß übersehen können?! Natürlich, weil es in einer unscheinbaren Lederscheide steckt! Eine Schutzhülle, eine zweite Haut für alle Tage. Sehr stabil selbstverständlich, aber klobig und schmucklos – da schaut man nicht lange hin. Doch jetzt …“ Bittend deutete er auf die schlichte, armlange Lederhülle und den Griff, der daraus hervorlugte. „Darf ich es mir einmal ansehen?“

      Viviane band das sorgsam verschnürte Schwert ab und reichte es ihm sehr langsam.

      Ehrfürchtig prüfte er, ob er wirklich zwei ineinandersteckende Schwertscheiden aus Leder in Händen hielt. Er zog ein wenig an der äußeren, unscheinbaren, schob einen Finger in den Spalt, der sich nun auftat, und lugte hinein. Die innere Hülle war tatsächlich aus wesentlich besserem Leder, wie er bereits vermutet hatte, und sicherlich auch hübsch verziert. Usheen nickte zufrieden und vergewisserte sich mit einem raschen Blick zu Viviane hin, ob sie ihre Meinung noch nicht geändert hatte. Dann zog er ganz vorsichtig am Griff, und das Schwert glitt wie von selbst aus der inneren Scheide. Trotzdem hielt er nach dem ersten Stück inne. Er wusste, dass er es nicht weiter herausziehen durfte, denn das galt als Bedrohung eines Kriegers und er wollte Viviane keinesfalls zu einer Gegenhandlung nötigen. Im Gegenteil, er wollte sich des großen Vertrauens, das sie ihm hier offensichtlich entgegenbrachte, würdig erweisen. Das, was er entblößt hatte, reichte völlig, um seine Vermutung zu bestätigen: Zwei Drachen wanden sich um den Baum des Lebens, und es schien fast so, als ob sie Feuer spieen – just in dem Moment, da Sonnenstrahlen das Eisen trafen.

      Geblendet riss Loranthus die Hände hoch, doch Usheen flüsterte gebannt: „Ich habe schon viel von diesen Schwertern gehört: Himmelseisen, geschmiedet von kundiger Hand. Es ist einfach wunderbar.“ Er strahlte zu Viviane hinauf. „Noch nie wurde mir eine so große Ehre zuteil wie heute durch dich. Danke, Viviane. Und Danke, dass ich dein Drachenschwert mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Händen berühren durfte.“

      Behutsam ließ er die Klinge wieder in die Scheide gleiten und es sah fast so aus, als würde er dabei einem Gesang lauschen, den nicht viele hören durften. Ehrerbietig ging er vor Viviane auf ein Knie und reichte das Schwert mit gesenktem Kopf zurück.

      Selbst Angus und Markus gingen auf ein Knie und neigten demütig die Häupter; Hanibu machte es ihnen eilig nach.

      Loranthus starrte auf seine Sklavin, starrte auf Angus, Markus, Usheen und verstand nicht, was diese unerwartete Achtungsbezeugung gegenüber Viviane bedeuten sollte. Natürlich war sie schön und klug, und sie konnte meisterhaft kämpfen; gerade eben hatte sie ihren Mut unter Beweis gestellt, um andere zu beschützen, aber zum ‚Auf-die-Knie-Gehen‘ reichte das nicht, jedenfalls nicht bei ihm. Es musste etwas mit dem Schwert zu tun haben.

      „Nun ist es aber genug, hört bitte auf damit!“ Energisch zog Viviane Usheen hoch, verstaute das Schwert wieder im Gepäck und sah sich um, um zu sehen, ob jemand die Szene beobachtet hatte. Sie war rot geworden. Das hatte nicht mal der Kampf von vorhin bewirkt.

      „Tut mir bitte den Gefallen und erzählt das keinem, besonders nicht dem da hinten, sonst verpassen wir zu Lugnasad die zweite Runde. Ich habe ihm schließlich Revanche versprochen.“ Sie deutete über ihre Schulter auf den Mann, der mittlerweile ohnmächtig im Gras lag. „Nehmt ihn bitte mit auf die Burg, damit sich die alte Wisora um ihn kümmern kann. Sie ist die beste Kräuterfrau hierzulande, glatte Brüche hat sie schon oft geheilt. Und richtet ihr bitte meinen Gruß aus, hab extra präzise zugeschlagen, wusste nämlich nicht genau, ob sie hier einen Arzt haben.“

      „Ich bringe ihn zu Wisora. Ich habe noch etwas Platz auf meinem Wagen“, erbot sich Marcus, machte jedoch sogleich ein Gesicht, als ob er diese Zusage lieber wieder rückgängig machen würde.

      „Ich danke dir, mein Freund. Er wird dir auch nichts dreckig machen; er blutet nicht und sein Magen ist auch leer. Ach, und sag Wisora noch, sie soll sein Magengeschwür behandeln, ist extrem akut. Am besten gibt sie ihm auch ein paar Tropfen zur Beruhigung, sein Blut muss ruhiger fließen. Und es tut mir leid, dass ich ihn so zurichten musste, aber er war selbst schuld. Nun gut …“ Viviane schaute von Markus zu Angus und hob die Hand zum Abschiedsgruß. „Ich wünsche euch erfolgreiche Geschäfte. Wir sehen uns sicher bald wieder.“

      Die beiden nickten eifrig und grüßten zurück, dann machten sie sich an Markus’ Wagen zu schaffen, um die neue Fracht noch mit verstauen zu können.

      Usheen trat an Viviane heran und sah treuherzig zu ihr auf, die Worte schienen ihm im Hals stecken geblieben zu sein. Sie nahm ihn einfach in die Arme. „Viel Glück wünsche ich euch und einen schönen Geburtstag.“

      „Den werden wir haben!“, jubelte Usheen und rannte, hüpfte, sprang

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