Warum tut er das?. Lundy Bancroft

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Warum tut er das? - Lundy Bancroft

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und Töchtern gegenüber zeigen, wird oft von ihren Söhnen übernommen.

      Während also eine kleine Zahl missbrauchender Männer Frauen hasst, zeigt die große Mehrheit eine subtilere – wenn auch oft recht allgegenwärtige – Einstellung der Überlegenheit oder Verachtung gegenüber Frauen. Andere wiederum zeigen überhaupt keine offensichtlichen Anzeichen von Problemen mit Frauen, bis sie in einer ernsthaften Beziehung sind.

       Mythos Nr. 10:

       Er hat Angst vor Intimität und dem Verlassenwerden.

      Misshandelnde Männer sind oft eifersüchtig und besitzergreifend, und ihr zwanghaftes und destruktives Verhalten kann eskalieren, wenn ihre Partnerinnen versuchen, sich von ihnen zu trennen. Einige Psychologen haben sich dieses Muster flüchtig angeschaut und sind zu dem Schluss gekommen, dass Missbrauchende eine extreme Angst vor dem Verlassenwerden haben. Aber viele Menschen, Männer wie Frauen, haben Verlustängste und können vor Panik, Herzschmerz oder Verzweiflung aus der Bahn geworfen werden, wenn sie von einem Partner verlassen werden. Wenn die panische Reaktion eines Menschen auf das Verlassenwerden zu Drohungen, Stalking oder Mord führen würde, befände sich unsere gesamte Gesellschaft in einem Kriegszustand. Doch Morde von Partnern nach einer Trennung werden fast ausschließlich von Männern begangen (und es gibt fast immer eine Missbrauchs-Vorgeschichte vor der Trennung). Wenn die Angst vor dem Verlassenwerden zu Misshandlungen nach der Trennung führt, warum sind die Statistiken dann so einseitig? Haben es Frauen viel leichter mit dem Verlassenwerden als Männer? Nein, natürlich nicht. (Die wirklichen Ursachen für die extremen Verhaltensweisen, die manche Missbrauchstäter nach der Trennung anwenden, werden wir untersuchen.)

      Eng verbunden mit dem Mythos von der Verlustangst ist die Vorstellung, dass misshandelnde Männer „Angst vor Nähe“ haben. Damit versucht man zu erklären, warum die meisten Täter nur ihre Partnerin misshandeln und meist männlich sind. Nach dieser Theorie setzt der Täter sein wiederholt auftretendes grausames Verhalten ein, um seine Partnerin davon abzuhalten, ihm emotional zu nahezukommen, ein Verhalten, das in der psychologischen Fachsprache als ‚Näheregulierung‘ bezeichnet wird.

      Aber diese Theorie hat mehrere Lücken. Erstens haben missbrauchende Männer ihre schlimmsten Ausbrüche gewöhnlich nach einer Periode zunehmender Spannung und Distanz, nicht in den Momenten größter Nähe. Manche halten ihre emotionale Distanz die ganze Zeit über aufrecht, sodass die Beziehung nie nahe genug kommen kann, um Ängste vor Intimität auszulösen, die sie haben könnten; dennoch geht der Missbrauch weiter. Auch in einigen Kulturen, in denen keine Erwartung an Nähe zwischen Ehemännern und Ehefrauen besteht, in denen die Ehe nichts mit einer echten emotionalen Verbindung zu tun hat, tritt die Misshandlung von Ehefrauen ebenso massiv auf. Und schließlich gibt es viele Männer, die starke Ängste vor Nähe haben, die ihre Partnerinnen aber dennoch nicht misshandeln oder kontrollieren, denn sie haben keine missbrauchende Geisteshaltung.

       Mythos Nr. 11:

       Er leidet unter geringem Selbstwertgefühl. Er muss sein Selbstbild stärken.

      Frage 3: Liegt es daran, dass er an sich selbst leidet?

      Eine misshandelte Frau neigt dazu, wertvolle Energie darauf zu verwenden, ihren misshandelnden Partner zu unterstützen und sein Ego zu pflegen, in der Hoffnung, dass sein nächster Ausbruch abgewendet werden kann, wenn er nur genügend Streicheleinheiten bekommt. Wie gut funktioniert diese Strategie? Leider nicht sehr gut. Man kann einen Missbrauchstäter nur für kurze Zeiträume im Zaum halten. Wenn man ihn lobt und sein Selbstbild stärkt, kann Ihnen das etwas Zeit verschaffen, aber früher oder später wird er wieder dazu übergehen, auf Sie loszugehen. Wenn Sie versuchen, das Selbstwertgefühl eines Täters zu verbessern, wird sein Problem tendenziell noch schlimmer. Ein Missbrauchender erwartet, dass man sich um ihn kümmert, und je mehr positive Aufmerksamkeit er erhält, desto mehr fordert er ein. Er wird nie den Punkt erreichen, an dem er zufrieden ist, an dem ihm genug gegeben wurde. Vielmehr gewöhnt er sich an die luxuriöse Behandlung, die er erhält, und er wird bald seine Forderungen nur noch verstärken.

      Meinen Kollegen und mir ist diese Dynamik durch einen Fehler bewusst geworden, den wir in den ersten Jahren unserer Arbeit mit misshandelnden Männern gemacht haben. Einige Male baten wir Klienten, die in unserem Programm hervorragende Fortschritte gemacht hatten, sich im Fernsehen interviewen zu lassen oder mit einer Gruppe von Gymnasiasten zu sprechen, weil wir dachten, die Öffentlichkeit könne davon profitieren, einen Missbrauchstäter in seinen eigenen Worten über sein Verhalten und seinen Veränderungsprozess sprechen zu hören. Aber wir stellten fest, dass jedes Mal, wenn wir einem Klienten öffentliche Aufmerksamkeit ermöglicht hatten, er innerhalb weniger Tage danach einen schlimmen Ausbruch hatte, bei dem er seine Partnerin misshandelte. Er fühlte sich wie ein Star, wie ein neuer Mensch, und sein Ego wuchs enorm von all der Aufmerksamkeit, die man ihm geschenkt hatte. Zu Hause ging er dann mit Anschuldigungen und Beschimpfungen auf seine Partnerin los. Daher mussten wir aufhören, unsere Klienten zu öffentlichen Auftritten mitzunehmen.

      Der Mythos vom geringen Selbstwertgefühl lohnt sich für einen Missbrauchstäter, denn er bringt seine Partnerin, seinen Therapeuten und andere dazu, sich ihm emotional zuzuwenden. Stellen Sie sich die Privilegien vor, die ein missbrauchender Mann erlangen kann: Er bekommt die meiste Zeit seinen Willen, seine Partnerin reißt sich ein Bein aus, um ihn bei Laune zu halten, damit er nicht explodiert, und verhält sich so, wie es ihm gefällt. Obendrein bekommt er noch Lob dafür, was für ein toller Kerl er ist, und jeder versucht, ihm dabei zu helfen, sich besser zu fühlen!

      Natürlich kann ein Täter reumütig oder beschämt sein, nachdem er seine Partnerin brutal oder furchterregend behandelt hat, besonders wenn ein Außenstehender gesehen hat, was er getan hat. Aber diese Gefühle sind eine Folge seines missbrauchenden Verhaltens, nicht die Ursache. Je weiter die Beziehung fortschreitet, neigt der misshandelnde Mann dazu, sich mit seinem eigenen Verhalten wohler zu fühlen, und das Gefühl der Reue lässt nach, erstickt unter der Last seiner Rechtfertigungen. Er kann unangenehm werden, wenn er nicht ständig Komplimente, Bestätigung und Ehrerbietung erhält, die er zu verdienen glaubt, aber diese Reaktion basiert nicht auf Minderwertigkeitsgefühlen. Die Realität ist in der Tat eher das Gegenteil, wie wir sehen werden.

      Denken Sie einen Moment lang darüber nach, wie das erniedrigende und schikanierende Verhalten Ihres Partners Ihr Selbstwertgefühl verletzt hat. Haben Sie sich plötzlich in eine brutale und explosive Person verwandelt? Wenn ein geringes Selbstwertgefühl für Sie keine Entschuldigung dafür ist, missbräuchlich zu werden, dann gilt das auch für ihn.

       Mythos Nr. 12:

       Sein Chef misshandelt ihn, sodass er sich ohnmächtig und erfolglos fühlt. Er kommt nach Hause und lässt es an seiner Familie aus, denn das ist der einzige Ort, an dem er sich mächtig fühlen kann.

      Ich nenne diesen Mythos „Chef misshandelt Mann, Mann misshandelt Frau, Frau misshandelt Kinder, Kinder schlagen Hund, Hund beißt Katze“. Das Bild, das dadurch entsteht, scheint plausibel, aber zu viele Teile passen nicht zusammen. Hunderte meiner Klienten waren beliebte, erfolgreiche, gut aussehende Männer und nicht diese Unterdrückten, die einen Sündenbock für ihre inneren Qualen suchten. Einige der schlimmsten Täter, mit denen ich gearbeitet habe, standen ganz oben auf der Management-Leiter – ohne einen Chef, dem man die Schuld geben kann. Je mehr Macht diese Männer in ihrem Job haben, desto mehr Fürsorge und Unterwerfung erwarten sie zu Hause. Mehrere meiner Klienten haben mir das gesagt: „Ich bin es gewohnt, den Leuten bei meiner Arbeit zu sagen, wo es langgeht, daher habe ich Probleme, aus diesem Modus herauszukommen, wenn ich zu Hause bin.“ Während also einige Täter die Ausrede des „gemeinen Chefs“ benutzen, benutzen andere das Gegenteil.

      Der wichtigste Punkt ist folgender:

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