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Die erste Phase bezeichnet die Kommunikationsstrukturen in archaischen, segmentär differenzierten Gesellschaften. Sie führt von den Anfängen der Kulturgeschichte (ca. 37 000 v. Chr.) bis zur Entstehung erster „Hochkulturen“ (ca. ab 3500 v. Chr.).
Phase stratifikatorischer Differenzierung
In der zweiten Phase stehen die Kommunikations- und Medienstrukturen ständischer bzw. stratifizierter Gesellschaften im Zentrum. Diese in den „Hochkulturen“ (beispielsweise altägyptische Kultur, griechische Antike und Römisches Reich) entwickelte Gesellschaftsform war bis ins 18. Jahrhundert unserer Zeitrechnung dominant. Ständische Gesellschaften mit ihrer festen hierarchischen Gliederung in privilegierte Oberschicht und „gemeines“ Volk sind geprägt vom Grundprinzip der stratifikatorischen Differenzierung, das eine grundsätzlich ungleiche Verteilung von Ressourcen und Kommunikationsmöglichkeiten vorsieht.
Für die kommunikations- und mediengeschichtliche Analyse segmentär differenzierter oder stratifizierter Gesellschaften ergeben sich folgende grundlegende Fragestellungen:
• Inwiefern entsprechen die Kommunikations- und Medienstrukturen der gesellschaftlichen Differenzierung? Widerspiegelt sich die Segmentierung bzw. Stratifizierung der Gesellschaft in den Medienstrukturen? |85◄ ►86|
• Welche Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich in segmentierten bzw. stratifizierten Gesellschaften für Medien? Was hemmt die Ausbreitung solcher Medien?
Phase funktionaler Differenzierung
Die dritte Phase umfasst den noch andauernden Prozess der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft, der zur Herausbildung von in ihrer Funktion zwar ungleichen, aber prinzipiell gleichrangigen funktionalen Teilsystemen führt(e). Dieser Differenzierungsprozess findet seinen Niederschlag insbesondere auch auf der Ebene formaler Organisationen, die heute stark arbeitsteilig angeleitet sind und funktionsspezifische Rollen für ihre Mitglieder entwickeln. Trotz der prinzipiellen Gleichheit der Menschen bleiben bis heute Ressourcen und Kommunikationsmöglichkeiten ungleich verteilt. Die Entstehung von Massenmedien und die laufende Differenzierung des Medienangebotes zählen zu den prägenden Aspekten der neueren Gesellschaftsgeschichte.
Anknüpfend an die Theorie der funktionalen Differenzierung, ergeben sich folgende zentrale Forschungsfragen:
• Wie lassen sich die Entstehung des Systems der Massenmedien und die voranschreitende funktionale Differenzierung der publizistischen Angebote von Medienorganisationen empirisch erfassen? Gegenläufige Prozesse wie partielle Entdifferenzierung sind dabei zu berücksichtigen (beispielsweise die Verwischung der Grenzen zwischen Journalismus und PR).
• Wie veränderten sich die Beziehungen der Massenmedien zu den verschiedenen Teilsystemen der Gesellschaft? Beispielsweise kann die Funktionslogik eines bestimmten Teilsystems der Gesellschaft auf die anderen „abfärben“, was dann als Ökonomisierung, Verrechtlichung, Politisierung usw. wahrgenommen wird.
3.2 Technisierung von Medienkommunikation
Stufen der Technisierung
Mediengeschichte ist immer auch Technikgeschichte. So lassen sich die Medien entsprechend dem Grad ihrer Technisierung typologisieren (vgl. Abbildung 3). Harry Pross liefert eine einfache und einprägsame Typologisierung, indem er aufgrund der für das Zustandekommen von Medienkommunikation nötigen Geräte zwischen primären, sekundären und tertiären Medien unterscheidet (vgl. Pross 1970: 129). Diese |86◄ ►87| Typologisierung vermittelt die historische Entwicklungsrichtung von primären hin zu sekundären und schliesslich tertiären Medien. Dass auch heute noch primäre und sekundäre Medien eine bedeutende Rolle in der öffentlichen Kommunikation spielen und nicht weitgehend durch tertiäre Medien ersetzt wurden, verweist auf den Prozess der funktionalen Ausdifferenzierung des Mediensystems.
Im Hinblick auf den durch die Digitalisierung ausgelösten Umbruch in der Medienlandschaft führt Roland Burkart den Begriff der „Quartären Medien“ ein (vgl. Burkart 2002: 38). Quartäre Medien beruhen auf der Technik der Digitalisierung unterschiedlichster Informationen (Text, Bild, Ton) und bedingen die Verfügbarkeit bzw. die Nutzung eines Computers mit Online-Verbindung. Online-Medien bieten zumindest von ihrer Technik her den Rezipienten die Möglichkeit, dem Kommunikator umgehend Rückmeldungen (siehe Interaktivität) zu geben.
Abbildung 3: Typologisierung der Medien entsprechend ihrer Technisierung
Quelle: nach Pross 1970: 129; Schmolke 1999: 28f.; Burkart 2002: 38
3.3 Medialisierung und Mediengesellschaft
Medialisierung als gesamtgesellschaftlicher Transformationsprozess
Das Konzept der Mediengesellschaft gründet in der Annahme, die langfristige Expansion von durch Medien vermittelter Kommunikation bzw. Medienöffentlichkeit könne als der prägende Aspekt moderner Gesellschaften betrachtet werden (vgl. den Beitrag Öffentlichkeit im Wandel, i. d. B.). Die Ausdehnung der medienvermittelten öffentlichen |87◄ ►88| Kommunikation ist als ein historischer Prozess fassbar (vgl. Schmolke 1999: 33 f.; Schulz 2000: 91), der in jüngerer Zeit mit der technischen Entwicklung der Massenmedien und der zunehmenden Durchdringung der Gesellschaft mit Medientechnologien eine neue Qualität erreicht hat. Die mit der Medialisierung verbundenen Prozesse des Übergangs von Formen direkter Kommunikation unter Anwesenden ohne feste Rollenteilung zwischen Kommunikator und Rezipient zu Formen indirekter, medienvermittelter Kommunikation werden in den Publizistikwissenschaften als „Medialisierung“ (teilweise auch als „Mediatisierung“) bezeichnet (vgl. Schanze 2002: 199). Die Geschichte medienvermittelter bzw. medialisierter Kommunikation reicht somit zurück zur Entstehung primärer Medien. Heute zählen Bücher, Zeitschriften, die Presse und die publizistischen Leistungen von Radio und Fernsehen zu den wichtigsten Angeboten medialisierter Kommunikation. Mit der Digitalisierung zeichnet sich eine weitere Expansion der Medialisierung ab.
In historischer Perspektive interessiert insbesondere, ob, inwiefern und in welchen Schritten sich Medialisierung zu einem Transformationsprozess von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung entwickelte. Im Kern der medienhistorischen Forschung stehen deshalb die empirische Untersuchung der Ausdehnung medienvermittelter Kommunikation und die Analyse von Medialisierungsfolgen.
Abbildung 4: Medialisierung, Medialisierungslogiken und -folgen
Quelle: Schade 2004: 120
Medialisierung erfolgt über ganz unterschiedliche Prozesse wie Verschriftlichung, Verbildlichung (Bilderzeugung, -aufzeichnung und |88◄ ►89| -übertragung) oder Vertonung (Tonerzeugung, -aufzeichnung und -übertragung). Kommunikatoren können die Möglichkeiten der Medialisierung unterschiedlich einsetzen bzw. ihre eigene Medialisierungslogik (vgl. Abbildung 4) entwickeln. Beispielsweise entwickeln Medienorganisationen zwecks Routinebildung und Verstetigung ihrer Medialisierungslogiken praxisnahe Entscheidungsprogramme (vgl. Abbildung 1). Im Zusammenhang mit der Entwicklung und Anwendung von sekundären und tertiären Medien eröffnet sich unter Anwendung von Speichertechniken die Möglichkeit zur Entzeitlichung und mithilfe von Übertragungstechniken die Möglichkeit zur Enträumlichung von Kommunikation. Das heisst,