Einführung in die Publizistikwissenschaft. Группа авторов
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Medium: Kommunikationskanal, Zeichensystem, Organisation, Institutionalisierung
Alltagssprachlich oder nach DUDEN bezeichnet der Begriff „Medium“ eine Einrichtung zur Vermittlung von Meinungen, Informationen oder Kulturgütern und hat als lateinisches Wort die Bedeutung von „Mitte, Mittel, etwas Vermittelndes“ (Faulstich 2002: 24). Medienphilosophische Autoren in der Tradition von Marshall McLuhan gebrauchen einen universalen Medienbegriff etwa als „Erweiterung des Menschen“. Im Gegensatz zu solch unspezifischer Verwendung steht der technische Medienbegriff, welcher Medien als menschliche Artefakte oder technische Instrumente bzw. Apparate (bspw. Film, Fernsehen, Computer) restriktiv definiert, die als Kommunikationskanäle materialisierte Zeichen über Zeit zu speichern, über räumliche Distanzen zu transportieren und an mehr oder weniger viele Nutzer zu verteilen vermögen. Ein solch eingeschränktes Verständnis muss |136◄ ►137| jedoch zeichentheoretisch ergänzt werden durch Bezugnahme auf die spezifischen medialen (ästhetischen) Eigenschaften bzw. Codes, die der Begriff „Medialität“ ausdrückt. Aus einer publizistikwissenschaftlichen Perspektive muss schliesslich die jeweilige gesellschaftliche Institutionalisierung der Medien mitberücksichtigt werden: Moderne Medientechnologien verlangen spezielle berufliche Fertigkeiten, betrieblich organisierte und spezialisierte Arbeitsformen und hohe Kapitalinvestitionen. Sie sind darum in soziale Organisationen integriert, die für die Gesellschaft auf Dauer gestellte publizistische Leistungen erbringen. In Anlehnung an Saxer (1991) definiert Faulstich (2002: 26): „Ein Medium ist ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal von spezifischem Leistungsvermögen mit gesellschaftlicher Dominanz.“
Felder der Medienforschung
Die Medienforschung ist zwar disparat, trotzdem lassen sich verschiedene Forschungsfelder ausgrenzen: Die medientechnische Perspektive interessiert sich vor allem für die Klassifizierung und Typologisierung der Medien nach ihren physischen bzw. technischen Merkmalen und dem entsprechenden Leistungsvermögen. In der Zeitdimension steht die Medienentwicklung im Zentrum, und zwar als Mediengeschichte im Rückblick und als Medienprognostik zukunftsorientiert. Und in der Raumperspektive geht es um die vergleichende Analyse von Medienstrukturen bzw. Medienstatistik, aber auch um die Ausgrenzung von Kommunikationsräumen. Schliesslich geht es in sozialer Hinsicht um Fragen nach der Funktionsweise, Institutionalisierung (bspw. öffentlich-rechtlich vs. privat) oder Regulierung (Medienrecht) und Steuerung von Medien.
6.2 Typologien
Medientypologien
Massenmedien können nach unterschiedlichsten Kriterien klassifiziert, positioniert und miteinander verglichen werden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen ein-, zwei- und multidimensionalen Typologien, wobei diese wieder auf medientechnischen, zeichentheoretischen oder organisatorisch-instsitutionellen Kriterien basieren können. Im Folgenden wird je ein Beispiel gegeben (vgl. Bonfadelli 2002: 17 ff.).
In technologischer Hinsicht werden meist vier Medientypen unterschieden: |137◄ ►138|
a. Primäre Medien sind körpergebundene Darstellungsmittel im direkten zwischenmenschlichen Kontakt, und zwar ohne technische Hilfsmittel wie die mündliche Rede, Mimik und Gestik.
b. Sekundäre Medien sind solche, bei denen die wahrnehmbaren und transportierbaren Zeichen durch einen technischen Vorgang hergestellt werden; deren Aufnahme durch den Empfänger aber ohne technische Hilfsmittel erfolgt wie bei Büchern, Zeitungen oder Fotografien.
c. Tertiäre Medien wie Fernsehen und Radio bedürfen sowohl bei der Herstellung als auch bei der Übertragung und beim Empfang einer technischen Einrichtung.
d. Quartärmedien schliesslich basieren auf Digitalisierung und erlauben Interaktivität.
In zeichentheoretischer Hinsicht kann beispielsweise nach der Übertragungstechnik unterschieden werden zwischen Print-/Druckmedien, auditiven Medien (Radio und Tonträger), audiovisuellen Medien (Film, Fernsehen) und Multimedia (CD-ROM, Internet).
In organisatorisch-institutioneller Hinsicht haben Siebert/Peterson /Schramm in den 50er-Jahren zwischen autoritärer, totalitärer, liberaler und demokratisch kontrollierten Formen der Medieninstitutionalisierung unterschieden. Nach der Einführung des sog. dualen Rundfunks Mitte der 80er-Jahre in Europa wird oft typologisch das Public-Interest-Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem Marktmodell der kommerziellen bzw. privaten Medien gegenübergestellt.
7 Fazit
Kommunikation: flüchtig, selbstbezüglich, komplex
Schwierig zu definieren, vielfältige Modelle
Obwohl Kommunikation ein alltäglicher, flüchtiger und meist nicht hinterfragter, aber selbstbezüglicher Basisprozess des menschlichen Seins ist und das Zusammenleben in der Gesellschaft erst ermöglicht, erweist es sich als schwierig, sie präzise und umfassend zu definieren. Die bestehende Vielfalt an Kommunikationsmodellen ist darum ein Beleg für die Vielschichtigkeit und Komplexität von Kommunikation als Basisphänomen, das in den meisten (sozial-)wissenschaftlichen Disziplinen aus je anderer Perspektive analysiert wird.
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Massenkommunikation: medienvermittelt, sozial organisiert, gesellschaftlich institutionalisiert
Auch für die Massenkommunikation gilt, dass es sich um vielschichtige und mehrdimensionale Prozesse handelt, deren Spezifika als medienvermittelte, sozial organisierte und gesellschaftlich institutionalisierte Kommunikation sich eher schlecht visualisieren lassen. Als Folge dominieren in den visualisierten Modellen mehr oder weniger einseitige Vorstellungen der Individual- bzw. Gruppenkommunikation. Ausgeblendet werden u. U. Aspekte wie die Journalisten als Kommunikatoren, welche in soziale Handlungssysteme mit Regeln und Normen eingebunden sind, die Redaktionen als Organisationen und Rollenkontexte des journalistischen Handelns (Profession), die Medien als ökonomische Unternehmen und Organisationseinheiten, die Massenkommunikation als unterschiedlich organisierte und geregelte gesellschaftliche Institution mit ausdifferenziertem Leistungsvermögen. Eine weitere Schwäche vieler Modelle und Konzeptionen der Massenkommunikation besteht darin, dass sie sich medienzentriert einseitig nur auf den Prozess der Massenkommunikation konzentrieren und den gesellschaftlichen Kontext, in den die Massenkommunikation eingebettet ist, zu wenig oder überhaupt nicht reflektieren.
Neue medientechnische Entwicklungen als Herausforderungen für Basiskonzepte, Theorien, Methoden und Praxis
Darüber hinaus haben die technologischen Weiterentwicklungen im Bereich der Kommunikationskanäle durch Digitalisierung, Multimedia und Internet dazu geführt, dass die bis anhin relativ klaren Unterscheidungsmerkmale zwischen interpersonaler und Massenkommunikation sich aufzulösen begonnen haben. Für die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft äussern sich diese neuen Entwicklungen als Herausforderungen, und zwar für die Konzeption ihrer Basisbegriffe, die Theoriebildung und die verwendeten Methoden. Aber auch im Bereich der Medienpraxis ergeben sich als Folge ganz neue Berufsfelder, und die bestehenden Berufsbilder befinden sich in einem Prozess der Umstruktuierung (vgl. Löffelholz/Quandt 2003).
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Übungsaufgaben:
Worin unterscheiden sich Verhalten, soziales Handeln und symbolische Interaktion?
Was versteht man unter der Beziehungs- und Sachebene der Kommunikation?
Was bedeuten „Reziprozität“ und „Reflexivität“ in Bezug auf Kommunikation?
Wie lautet die sog. Lasswell-Formel?