Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов
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A.a.O., 524.
Vgl. die Beiträge in Becker/Scholz, 2012: Ohst, Martin, Aus den Kanondebatten in der Evangelischen Theologie des 19. Jahrhunderts (39–70); Lips, Hermann von, Kanondebatten im 20. Jahrhundert (109–126); Wischmeyer, Oda, Kanon und Hermeneutik in Zeiten der Dekonstruktion. Was die neutestamentliche Wissenschaft gegenwärtig hermeneutisch leisten kann (623–678).
Vgl. Klemm, Harald, Zwischen Verheißung und Gefährdung. Die Bibel als Grundlage des Glaubens. Ein Unterrichtsentwurf für die 11. Jahrgangsstufe. Erlangen 1996.
Die Welt des Orients
Michaela Bauks
Die Relevanz des Alten Orients für die Entstehung des ATs
Das AT (Hebräische Bibel) ist nicht nur ein „Kind seiner Zeit“ (ca. 700 v. Chr. bis 300 n. Chr.), sondern in seinem Gedankengut tief im altorientalischen Kulturraum des 2. und 1. Jt.s verwurzelt (insbesondere Mesopotamien, Ägypten sowie Persien und Griechenland). Diesen Kulturraum zu erschließen, trägt daher unmittelbar zum Verstehen des ATs bei. Das AT ist nicht auf einen Schlag entstanden (vgl. die Vorstellungen eines von Gott übermittelten Offenbarungsakts suggeriert, wie es z.B. der Koran – in Analogie zur Toragabe am Sinai – beansprucht). Es ist als Buch, aber auch, was die Vorstellungswelt anbelangt, langsam gewachsen. Seit dem 17. Jh. ist die historisch-kritische Forschung bestrebt, den literarischen Wachstumsprozess zu rekonstruieren (→ Art. [Historisch-kritische] Bibelauslegung). Im ausgehenden 19. Jh. hat die Religionsgeschichtliche Schule, gefolgt von Exegeten und Religionsgeschichtlern der zweiten Hälfte des 20. Jh.s, die hohe Bedeutung des Alten Orients für die Literatur- und Bildwelt, für das Denken und die Lebenswelt des Alten Israel entdeckt.[1] Zur Erforschung der literarischen Genese des ATs kam also die vertiefte Erforschung der Lebens-, |31|Gedanken- und religiösen Symbolwelt hinzu. Dabei wurde deutlich, wie sehr das AT in den unterschiedlichsten kulturellen Bezügen an der altorientalischen Lebens- und Vorstellungswelt partizipiert. Sowohl Gemeinsamkeiten mit der altorientalischen Umwelt als auch Spezifika des ATs werden durch den altorientalischen Vergleich sichtbar. Darüber hinaus trägt das Vergleichsmaterial dazu bei, eine Brücke zu bauen über den „garstigen breiten Graben“ zwischen Religion/Glaube und Vernunft, zwischen gestern und heute. Und in dieser Hinsicht ist das Themenfeld auch für die Religions- und Bibeldidaktik wichtig. Denn wer kennt nicht den von Kindern wie von Erwachsenen geäußerten Satz: Die Bibel ist Unsinn, weil das, was sie z.B. vom Schöpfungshandeln Gottes erzählt, von den Naturwissenschaften längst widerlegt ist. Der altorientalische Vergleich macht deutlich, wie sehr das AT an dem Weltverständnis und der Weltdeutung seiner Zeit partizipiert. Zwar unterscheidet sich dieses Denken fundamental von modernem Denken, der Unterschied ist aber nicht in den Kategorien „richtig“ oder „falsch“ zugunsten der einen oder anderen Sicht zu entscheiden. Vielmehr fordert und fördert die Wahrnehmung dieses Unterschiedes neben der Sachkompetenz die hermeneutische Kompetenz.[2] Da bei der Erschließung der Vorstellungswelt des Alten Orients auch Bildquellen eine wichtige Rolle spielen, bietet sich Medienvielfalt an.
Themenfelder
Schöpfung
In Curricula wie Religionsbüchern ist der Alte Orient im Kontext der Schöpfungs- und Weltbildthematik präsent.[3] Oft ist Schöpfung im Fokus der Umwelt(schutz)thematik, im Verbund mit Naturwissenschaften, Geographie, Sozialkunde, Deutsch und Geschichte behandelt. Es kommen Überlegungen zu Kosmologie und Weltbildfragen hinzu, die zuletzt durch die Kreationismusdebatte Aufwind erhielten.[4] Diese impliziert nicht nur die Gegenüberstellung |32|von Glauben und Naturwissenschaft, sondern fördert eine Art Schichtenmodell der Wirklichkeit, in dem das Thema Schöpfung neue Zugänge von Weltdeutung eröffnet, wie sie z.B. auch in esoterischen Denkansätzen (z.B. Intelligent Design) populär wurden.[5] „Neue religiöse Bewegungen“ rekurrieren gern auf antike mythische Konzepte unter der Vorgabe, sich von den christlichen Traditionen zu distanzieren, um den „ursprünglicheren“ Formen, die angeblich durch die jüdisch-christliche Gedankenwelt verdrängt worden sind, gebührenden Respekt zu zollen. Diesem Vorurteil beugt der Vergleich alttestamentlicher Motive mit altorientalischen Vorläufern vor. Eine Reihe einschlägiger Mythen sind zuletzt für ein größeres Publikum publiziert worden. Aus Schutz vor religiöser Beliebigkeit ist es religionspädagogisch wichtig, die Zusammenhänge vergleichend zuzuordnen. Deshalb ist das ohne die benachbarten Kulturen nicht angemessen verstehbare theologische Paradigma „Schöpfung“ in Zukunft durch weitere Themenfelder zu ergänzen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich zwei weitere Themen gewählt, um die Bedeutung des Alten Orients für die biblische Gedankenwelt darzulegen und die (bibel)didaktische Relevanz zu verdeutlichen. Der Rückgriff auf „Bilder“ ist mitunter äußerst konkret zu verstehen, da religionsgeschichtliches Verstehen dank des möglichen Rückgriffs auf ikonographisches Material aus dem alten Orient und Palästina wichtige Impulse gibt.[6]
Menschenbilder
Wichtig ist für die anthropologische Fragestellung das Thema der Gottebenbildlichkeit in Gen 1,26f. u.ö. (→ Art. Schöpfung), das curricular fest verankert ist wegen der daraus abgeleiteten Würde des Menschen. Nun verdankt sich das alttestamentliche Konzept dem Transfer altorientalischer Königsideologie auf die gesamte Menschheit.[7] Versteht man aber die Rede vom Menschen als Bild Gottes ohne Kenntnis seines altorientalischen Hintergrunds, z.B. im Sinne einer physischen oder wesensmäßigen Aussage über den Menschen, gerät man in Aporien: Denn der Mensch ist keinesfalls „gottgleich“ gedacht, sondern – |33|ähnlich dem altorientalischen König, der der Öffentlichkeit vor allem in bildlichen Darstellungen als ein Gottessohn zugänglich war[8] – als Stellvertreter bzw. Repräsentant Gottes auf Erden anzusehen, der mit Funktionen und Pflichten ausgestattet war (vgl. Herrschaftsauftrag; Gen 1,28 f.Gen 1,28f.).
Diese an das altorientalische Bildverständnis rückzubindende Bedeutung eignet sich in religionspädagogischer Hinsicht ausgezeichnet, um z.B. die in zahlreichen Unterrichtseinheiten formulierte Verhältnisbestimmung von Gott und Mensch über ein besonderes Bildverständnis zu präzisieren (s. unten „Gottesbilder“ und → Art. Bibel und Kunst).
Die anthropologischen Aussagen erschöpfen sich aber nicht in königsideologischen Anleihen. So ist die Verfasstheit menschlicher Existenz in ihrer Geschöpflichkeit und Begrenztheit literarisch und ikonographisch gut belegt. Die Menschen- (wie die Tier-)Schöpfung wird in Gen 2,7 f.Gen 2,7f.19Gen 2,19 u.ö. als Formung aus dem Staub/Stoff der Erde beschrieben, zu dem die Kreatur am Ende auch wieder zurückkehren wird (Gen 3,19Gen 3,19; vgl. Ijob 10,9Ij 10,9 oder Gilg. XI,133Gilg. XI,133).[9] Der irdene Stoff bedarf zudem des göttlichen Atems zur Belebung (Gen 2,7), welcher ihm von Gott auch wieder genommen wird (Ps 104,29), um dem Leben ein Ende zu setzen. Der Mensch ist also von Anfang an als ein sterbliches Wesen charakterisiert.
Diese im AT weit verbreitete Vorstellung knüpft an Altorientalisches an: Der Mensch erhält neben seinem Körper (vgl. den ägyptischen Mythos von der Geburt des Gottkönigs[10]TUAT III, 9970096>999 [s. Abb.], den sumerischen Mythos von Enki und Ninmach sowie das akkadische Gilgamesch und Atramchasis-Epos[11]), einen göttlichen Anteil, der in ägyptischen Vorstellungen wie in Gen 2 u.ö. als göttlicher „Lebenshauch“ bzw. im Atramchasis-Epos oder im babylonischen Weltschöpfungsepos Enuma elisch als mit Lehm vermischtes Fleisch (Atr. X,V,38Atr. X,V,38) bzw. Blut (En.el. VI,29–34En.el. VI,290096>34) eines (geschlachteten) Gottes beschrieben ist. Interessant ist, dass sich im Atramchasis-Epos der Hinweis findet, dass durch das Vorhandensein des göttlichen Fleisches im