Qualitative Medienforschung. Группа авторов

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marktgerecht optimieren kann. Für diese Forschung gelten zunächst die gleichen Prinzipien wie für »öffentlich« finanzierte Forschung: Sie muss den methodischen und ethischen Prinzipien wissenschaftlicher Forschung überhaupt entsprechen.

      Der Forscher muss sich allerdings vor Augen halten, dass der Weg von der Ergebniserhebung hin zur Verwertung seiner Ergebnisse ein extrem kurzer ist. Damit stehen die aus der Anwendung der Forschungsergebnisse sich ergebenden Folgen viel mehr als in einer theoriegeleiteten oder problemorientierten Forschung in der Verantwortung des Forschenden. Denn anders als in der quasiparadigmatischen oder Domain-Forschung hat der Forschende auf die Anwendung seiner Ergebnisse unmittelbaren Einfluss. Seine Ergebnisse legen bestimmte Lösungswege nahe, orientiert an außerwissenschaftlich vorgegebenen Handlungszielen. Dies deutet auf ein grundsätzliches Problem der sich seit Max Weber werturteilsfrei verstehenden Sozialwissenschaften hin (vgl. Rath 2014, S. 150–152). Eben weil empirische Forschung kein Sollen aus dem erforschten Sein ableiten kann, ist sie instrumentalisierbar für Fremdzwecke. Vor allem bei der Nutzungsforschung können die Forschenden die vorgesehene Anwendung der Forschungsergebnisse absehen. Es liegt nahe, auch an diese Folgen der Forschung ähnliche Faustregeln anzulegen wie an empirische (Human-) Forschung überhaupt. Wenn der informed consent der »Zielgruppe« gegeben ist, z. B. im Falle einer verdeckten Manipulation der Wahrnehmung bei Mediennutzern, oder die »risk benefit balance« sich einseitig zugunsten eines Medienanbieters verschiebt, dann sind die Medienforschenden, wenn nicht als Wissenschaftler, so doch als kompetente Bürger, ethisch in der Pflicht.

      4.2 Medienforschung in der strategischen Kommunikation

      Anders stellt sich die Auftragsforschung ethisch dar, wenn sie als ein Instrument strategischer Öffentlichkeitsarbeit dient. In diesem Fall ist der Auftraggeber nicht oder nicht nur an einer möglichst genauen und wissenschaftlich korrekten Erforschung des jeweiligen Objekts oder Problembereichs interessiert. Vielmehr soll die Berechtigung einer bestimmten, meist im politischen Kontext formulierten Position des Auftraggebers nachgewiesen werden. Ethisch relevant ist dabei nicht nur die Frage, ob diese Ergebnisse nach den methodischen Regeln des wissenschaftlichen Forschens entstanden sind, sondern auch, ob die zu stützenden Positionen des Auftraggebers ethisch vertretbar sind. Dies mag unproblematisch sein, wenn es um Tatsachenbehauptungen geht, z. B. bestimmte Medienprodukte seien nicht gewaltverherrlichend oder der inhaltsanalytisch zu erhebende Anteil bestimmter Programmgenres (z. B. Information, Unterhaltung und Bildung) habe eine bestimmte Größe. Ethisch relevant wird es dann, wenn die wissenschaftlichen Ergebnisse eingebettet sind in strategische Forderungen. In diesem Fall muss der Forschende abwägen, ob er sich in den Dienst bestimmter, z. B. medienpolitischer Interessen nehmen lässt.

      Allerdings kann grundsätzlich jede veröffentlichte wissenschaftliche Position aufgegriffen und normativ interpretiert werden. Im Gegensatz zu dieser klassischen Form der »Finalisierung« (Böhme/Daele/Krohn 1973) wissenschaftlicher Forschung ist die Auftragsforschung in strategischer Absicht jedoch häufig nicht in der Lage, ihre Ergebnisse eigenständig, z. B. in wissenschaftlichen Organen, zu veröffentlichen. Die Publikation wissenschaftlicher Forschung im Kontext strategischer Öffentlichkeitsarbeit steht immer im Konflikt zwischen Objektivität und Parteilichkeit. Diesen Konflikt gegenüber dem Auftraggeber zu formulieren und gegenüber der Öffentlichkeit auflösen zu können, ist eine zentrale ethische Aufgabe der Auftragsforschung. Dabei ist es zunächst gleichgültig, ob die betroffenen Forscher als kompetente Bürger die zu stützende Position des Auftraggebers teilen. Hier verschiebt sich der Schwerpunkt zwischen Experte und Bürger im Gegensatz zur inhouse-Forschung. Als Wissenschaftler sind sie verpflichtet, auf eine objektive, sachliche und vor allem differenzierte Darstellung ihrer Ergebnisse zu drängen, auch wenn auf dem »Markt der Meinungen« die griffige Formel, das verkürzende Schlaglicht häufig die angemessene Form zu sein scheint.

      4.3 Medienforschung zwischen Forschung und Politik

      Anders liegen die ethischen Problemlagen politischer Instrumentalisierung durch gesellschaftlich relevante Gruppen bzw. die politischen Eliten. Gerade die Diskussion um Gewalt und Pornographie im Fernsehen in den letzten 30 Jahren zeigt, wie stark Ergebnisse der Medienforschung zu diesen Themenfeldern in das medienpolitische Alltagsgeschäft Eingang gefunden haben. Stärker noch als in der Auftragsforschung stehen in der politischen Auseinandersetzung mit Ergebnissen vor allem der Medienwirkungsforschung normative und ideologische Überzeugungen im Vordergrund. Eine von Kerlen (2005, S. 42) als »Medienmoralisierung« bezeichneter Grundzug der Medienbewertung in Deutschland seit dem Kaiserreich bedient sich einer selektiven Rezeption der Medienforschung, die Forschende meist nur zur Kenntnis nehmen können – eine relativierende, differenzierende Klarstellung über Reichweite, Bedeutung und Interpretierbarkeit der Ergebnisse bleibt, wenn sie überhaupt Eingang in die öffentliche Diskussion findet, marginal. Der politischen Instrumentalisierung ist jedoch im Vorfeld kaum wirklich zu begegnen. Hier ist nicht der einzelnen Forschende, sondern die scientific community in Verbänden und Institutionen verpflichtet, sich aufklärend an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen.

      Doch die Verpflichtung der Medienforschung zur medialen Aufklärung über mediale Zusammenhänge liegt auch in ihrem eigenen Selbstverständnis als Wissenschaft begründet. Mag auch eine totalitäre Instrumentalisierung der Medienforschung östlicher (vgl. Gansen 1997) bzw. »Finalisierung« westlicher Provenienz nicht bzw. nicht mehr akut zu befürchten sein – die Tendenz zur »symbolischen Politik« (Sarcinelli 1987), die nur noch inszeniert (vgl. Meyer et al. 2000), d. h. medial vollzogen wird, erhöht die Gefahr, dass Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung in simplifizierender Form im Sinne normativer politischer Überzeugungen genutzt werden.

      5. Forschungsethik und Datenschutz

      Die Feststellung von Unger et al. (2014, S. 6), dass forschungsethische Themen im öffentlichen Raum »eng mit datenschutzrechtlichen Fragen verknüpft« seien, ist um so verständlicher, als dieser Aspekt in modernen, mediatisierten Gesellschaften zu den sensiblen Bereichen politischer Regelungen zählt. Die informationstechnischen Zugriffsmöglichkeiten auf Datennetze haben diese Sensibilität nicht nur allgemein politisch, sondern auch forschungsethisch in den Fokus gerückt. Dabei erfährt wiederum der informed consent eine breite Diskussion, da digitalisiert vorliegende, häufig online zugängliche Daten den Forschungsprozess in weiten Teilen auf die Sicherung der Privatsphäre der Probanden fokussiert (vgl. Miller/Boulton 2007; Appelbaum 2015).

      Allerdings stellt der Datenschutz, obwohl er so breit und intensiv diskutiert wird, kein eigentliches forschungsethisches Problem dar. Denn im Gegensatz zu allgemeinen Fragen des informed consent sowie eines Auftraggebereffekts ist der Datenschutz keine Frage der normativen Orientierung der Forschenden, sondern ist selbst juristisch verbindlich geklärt. Hier bedarf es keiner eigenständigen forschungsethischen Abwägung möglicher Handlungspräferenzen, sondern die vorliegenden Regelungen geben das Maß ab für das konkrete Vorgehen im Forschungsprozess (vgl. Häder 2009). Die Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben zum Datenschutz ist eher praktischer als ethischer Natur. Die Information der Probanden über die maßgebenden Aspekte (vgl. (Jacob et al. 2013, S. 230) Freiwilligkeit, Anonymität, »Folgenlosigkeit der Nicht-Kooperation« für die Beteiligten entspricht zwar dem Prinzip des informed consent, ist aber in der Ausgestaltung lediglich eine Konkretion der Rechtsnorm.

      Ethisch relevante Überlegungen betreffen vielmehr die der Datenerhebung vorausliegenden Entscheidungen, zum einen in Bezug auf die Zumutbarkeit der Befragung für den Probanden, zum anderen in Bezug auf die Forschenden selbst, z. B. in Bezug auf die Pflicht, sich ausreichend und sorgfältig mit den Regelungen des Datenschutzes vertraut zu machen.

      Literatur

      Appelbaum, Paul S. (2015): Informed Consent of Research Subjects. In: International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences (2. Aufl.), Vol. 12, S. 110–115

      Böhme, Gernot/Daele, Wolfgang van

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