Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Heinz Pürer

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Publizistik- und Kommunikationswissenschaft - Heinz Pürer

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Fritz (1956): Zur sozialen Lage der deutschen Journalisten. In: Publizistik 1:1956, S. 165–176.

      Wirth, Werner (2000): Wachstum bei zunehmender Unübersichtlichkeit. Institutionelle Strukturen und Ausbildungssituation in der Kommunikations- und Medienwissenschaft in Deutschland. In: Medien Journal 24:2000, Heft 2, S. 36–46.

      Wirth, Werner et al. (2005): Traumberuf oder Verlegenheitslösung? Einstiegsmotivation und Arbeitssituation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Kommunikations- und Medienwissenschaft. In: Publizistik 50:2005, S. 320–340.

      Wirth, Werner et al. (2008): Berufssituation und Karrierestrategien des promovierten wissenschaftlichen Nachwuchses in der Kommunikations- und Medienwissenschaft. In: Publizistik 53:2008, S. 85–113.

      Wuttke, Johann Karl Heinrich W. (1866): Die deutschen Zeitschriften und die Entstehung der öffentlichen Meinung. Hamburg [2. Aufl. Leipzig 1875].

      [62][63]3 Grundbegriffe der Kommunikationswissenschaft

      Auch die Kommunikationswissenschaft kommt ohne eigenes Begriffsinventar nicht aus. Zwar sind viele ihrer Begriffe der Alltagssprache entnommen oder umgekehrt aus dem Fach in die Alltagssprache eingeflossen. Gleichwohl bedient sich die Disziplin oftmals einer Fachsprache, die für Fachfremde mitunter nicht gleich verständlich ist. Dies gilt übrigens auch für die Begrifflichkeit zahlreicher Berufe. Welcher Durchschnittsbürger weiß schon, was im grafischen Gewerbe mit »Hurenkind« gemeint ist, was in der Medizin »intubieren« heißt, was im Tunnelbau der »Kalottenvortrieb« ist oder in der Luftfahrt »abschmieren« bedeutet?

      Fachbegriffe stellen folglich nichts anderes als Verallgemeinerungen konkreter Phänomene dar. Ihre Funktion besteht darin, v. a. komplexe Sachverhalte nach Möglichkeit vereinfacht – jedoch möglichst nicht verkürzt – zu beschreiben. Daher zeichnet sich die Fach- oder Wissenschaftssprache durch genau definierte Begriffe oder, wo kompakte Definitionen nicht möglich sind, zumindest durch konkrete Begriffsbeschreibungen aus. Es liegt auch im Wesen der Wissenschaft, dass ständig neue Fachbegriffe »generiert«, d. h. aus neuen Erkenntnissen hergeleitet, entwickelt und gebildet werden. Dabei kommt es oftmals zu Fremdwortbildungen und zu Übernahmen aus dem Englischen bzw. Amerikanischen, »zumal ein großer Teil der kommunikationswissenschaftlichen Fachliteratur aus diesem Sprachraum stammt und die internationale Wissenschaftskommunikation (Kongresse und Fachzeitschriften) zur Verbreitung dieser Fachsprache erheblich beigetragen hat« (Bentele/Beck 1994, S. 16). Auch ist nicht zu übersehen, dass die Kommunikationswissenschaft Begriffe aus anderen Fächern, v. a. aus sozialwissenschaftlichen Disziplinen wie der Soziologie, der Psychologie, der Politikwissenschaft, der (Sozio-)Linguistik oder den Wirtschaftswissenschaften und der Informatik entlehnt bzw. übernimmt.

      Es ist nicht möglich, nachfolgend alle Fachbegriffe der Kommunikationswissenschaft detailliert aufzuführen und inhaltlich zu klären (schließlich soll hier kein Fachwörterbuch der Kommunikationswissenschaft geschrieben werden). Vielmehr seien einige zentrale Begriffe herausgehoben, deren Kenntnis für das Verständnis des Fachgegenstandes wichtig sind, zumal schon die Fachbezeichnung »Kommunikationswissenschaft« nicht selten zu Missverständnissen führen kann. Als derart zentrale Begriffe erweisen sich die Termini Kommunikation, Publizistik, (klassische) Massenkommunikation sowie computervermittelte Kommunikation. Dem interdisziplinären Charakter des Faches folgend werden dabei neben kommunikationswissenschaftlichen Aspekten auch soziologische, psychologische sowie teils auch (sozio-)linguistische Aspekte angesprochen. Zahlreiche andere Fachbegriffe erfahren ihre Klärung jeweils innerhalb der einzelnen Abschnitte.

      Kommunikation ist ein sowohl fach- wie auch alltagssprachlich verwendeter Begriff mit zahlreichen Bedeutungsgehalten. Bezogen auf soziale, also gesellschaftliche Kommunikation ist er im deutschen Sprachraum über den Begriff Massenkommunikation »bekannt, ja modisch geworden« (Merten 1977, S. 141). Massenkommunikation wiederum ist die in den 1960er-Jahren aus dem Amerikanischen übernommene Bezeichnung für mass communication. Zweifellos erfuhr der in jüngerer Zeit inflationär verwendete Begriff Kommunikation seine inhaltliche Prägung durch die Kommunikationswissenschaft. Für die deutschsprachige Kommunikationswissenschaft ist von der Übernahme der beiden aus dem Amerikanischen stammenden Begriffe der Impuls ausgegangen, sich neben medienvermittelter Kommunikation auch mit dem komplexen Phänomen zwischenmenschlicher Kommunikation zu befassen.

      In einer bereits 1977 durchgeführten Analyse von 160 Begriffsbestimmungen über Kommunikation nahm der Münsteraner Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten eine hierarchische Unterscheidung von Kommunikation vor. Dabei differenzierte er zwischen subanimalischer, animalischer, Human- und Massenkommunikation (Merten 1977, S. 94ff):

      Mit subanimalischer Kommunikation ist die Kommunikation zwischen Organismen gemeint. Dabei geht es um technische oder naturwissenschaftliche Erscheinungen von Kommunikation wie etwa die reziproke Einwirkung zweier magnetischer Substanzen aufeinander oder die Entstehung einer Verbindung aus zwei Molekülen.

      • Animalische Kommunikation meint Kommunikation zwischen Lebewesen, sei es zwischen Tieren oder zwischen Menschen und Tieren.

      Mit der Bezeichnung Humankommunikation ist ausschließlich Kommunikation unter Menschen angesprochen. Ihr besonderes Kennzeichen ist die Verfügbarkeit eines sprachlichen Kanals über und neben anderen – nonverbalen – Kommunikationskanälen.

      • Massenkommunikation ist Merten zufolge eine besondere Form der Humankommunikation, deren Kennzeichen u. a. darin besteht, dass sie auf technische Medien angewiesen (also indirekt) ist, in aller Regel einseitig abläuft und sich an die Öffentlichkeit richtet.

      Zu ergänzen ist diese Systematisierung um die

      • Computervermittelte Kommunikation: Dabei handelt es sich um einen aus der Multimedia-Kommunikation hergeleiteten Begriff. Gemeint sind neue Kommunikationsformen, die durch das Verschmelzen von Telekommunikation, Computerisierung und herkömmlichen elektronischen Massenmedien möglich geworden sind. Die (teilöffentliche) Kommunikation in und mittels sozialer Netzwerke wie Facebook oder auch Twitter sind Beispiele dafür.

      Summa summarum kann man der hier dargestellten Differenzierung zufolge also zwischen Kommunikation im weiteren sowie im engeren Sinne unterscheiden. Kommunikation im weiteren Sinne meint alle Prozesse der Informationsübertragung und bezieht technische, biologische, psychische, physische und soziale Informationsvermittlungssysteme ein. Unter Kommunikation im engeren Sinn versteht man einen Vorgang der Verständigung und der Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen (vgl. Maletzke 1963, S. 18). Kommunikation zwischen Menschen schließlich stellt – soziologisch [65]betrachtet – eine Form sozialen Handelns dar, das mit subjektivem Sinn verbunden sowie auf das Denken, Fühlen und Handeln anderer Menschen bezogen ist (Weber 1980).

      Der Gedanke, wonach soziales Handeln »mit subjektivem Sinn verbunden« sowie »auf das Handeln anderer Menschen bezogen und daran in seinem Ablauf orientiert ist«, geht auf den Soziologen Max Weber zurück (Weber 1980, S. 1). Wenn zwei oder mehr Personen sich »in ihrem gegenseitigen Verhalten aneinander orientieren und sich auch gegenseitig wahrnehmen können« (Jäckel 1995, S. 463), wird dies als Interaktion bezeichnet (ebd.). Interaktion ist also gekennzeichnet durch »Prozesse der Wechselbeziehung bzw. Wechselwirkung« (Burkart 1998, S. 30). Demgemäß soll in Anlehnung an Roland Burkart unter sozialer Interaktion ein wechselseitiges Geschehen zwischen zwei oder mehr Personen verstanden werden, »welches mit einer Kontaktaufnahme beginnt und zu (Re-)Aktionen der im Kontakt stehenden Lebewesen führt« (Burkart 1998, S. 30). Kommunikation kann somit als eine »spezifische Form der sozialen Interaktion« verstanden werden

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