Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Heinz Pürer

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Publizistik- und Kommunikationswissenschaft - Heinz Pürer

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begünstigt wie der Umstand, dass es in zahlreichen Haushalten Zweit- und Dritt-TV-Empfangsgeräte gibt. Auch das Internet mit seiner ungeheuren Angebotsfülle verstärkt den Trend zu individualisierter Bildschirmnutzung.

      Zwischen interpersonaler Kommunikation und Massenkommunikation gibt es folglich manche Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Zunächst zu den Gemeinsamkeiten:

      • Die wohl wichtigste Gemeinsamkeit liegt laut Bentele/Beck (1994) in der Intention, etwas mitzuteilen. Dazu bedarf es, wie bereits erwähnt, eines gemeinsamen Zeichenvorrates.

      • Ohne interpersonale Kommunikation ist Massenkommunikation undenkbar, zumal die Produktion journalistischer Aussagen »der Kooperation und Kommunikation von Personen [bedarf], die daran arbeitsteilig zusammenwirken« (Bentele/Beck 1994, S. 34).

      • Beide Kommunikationsarten sind, wie Bergler/Six schreiben, mit bestimmten Reaktionen aufseiten des Rezipienten verbunden und setzen für ihre Wirkung bestimmte Prozesse voraus (vgl. Bergler/Six 1979, S. 37): So wird die mitgeteilte Information vom Rezipienten selektiv wahrgenommen (attention). Sie muss von diesem decodiert und interpretiert werden (comprehension). Der Rezipient muss sich zu dieser Information ins Verhältnis setzen und ihr eine bestimmte Bedeutung beimessen (identification, yielding). Er muss die Information speichern oder erinnern (retention), sie annehmen oder ablehnen (acceptance), was eine Bestätigung oder Änderung seiner Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen (mit-)auslösen kann (disposition, action). Alle diese Punkte gelten für interpersonale wie Massenkommunikation gleichermaßen.

      Neben diesen Gemeinsamkeiten ist im Folgenden nun auf Unterschiede zwischen interpersonaler Kommunikation und Massenkommunikation zu verweisen (vgl. Bentele/Beck 1994, S. 34):

      • Interpersonale Kommunikation ist ein bi-direktionaler und reflexiver Prozess (Merten 1977); »Massenkommunikation hingegen verläuft überwiegend uni-direktional von einem Sender zu vielen Empfängern« (Bentele/Beck 1994, S. 34).

      • Auch wenn es Rückkopplungen durch die Rezipienten in der klassischen Massenkommunikation gibt, bleibt die »institutionalisierte Grenze zwischen professionellen Journalisten und ›aktiven Rezipienten‹ […] bestehen. Es ist deshalb sinnvoll, im Bereich der (klassischen) Massenkommunikation weiter von Kommunikator und Rezipient zu sprechen« (Bentele/Beck 1994, S. 35).

      [84]• Ein weiterer bedeutender Unterschied zwischen Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation besteht darin, dass Letztere »oftmals auf dauerhaften Sozialbeziehungen [basiert]« (ebd.).

      • Schließlich ist – noch einmal – darauf hinzuweisen, dass in der traditionellen Massenkommunikation die Produktion der Aussagen in komplex organisierten formalen Organisationen erfolgt und auch erst eine hoch entwickelte Technologie sowohl die Produktion als auch die Verbreitung der Inhalte ermöglicht (Silbermann 1982, S. 25).

      Übrigens verbinden sich beide Kommunikationsmodi durch computervermittelte (Online-)Kommunikation inzwischen auf interessante Weise: Ein Phänomen, das zunehmend (wenn auch bislang nur langsam) Verbreitung findet, ist das synchrone Verfolgen von und Partizipieren an Social Media Aktivitäten z. B. zu einer TV-Sendung. Bei speziell dafür entwickelten Formaten werden die Zuschauer zum Mitspielen oder Mitraten explizit aufgefordert. Die Live-Kommentierung auf sozialen Netzwerken kann außerdem Aufschluss darüber geben, wie anderen Rezipienten die entsprechende Sendung gefällt. Dies geschieht häufig mittels eines zweiten mobilen Geräts wie eines Tablet PCs oder eines Smartphones (daher auch der dafür geläufige Begriff ›Second Screen‹) (vgl. van Eimeren/Frees 2012, S. 371).

      Es ist wiederholt versucht worden, Kommunikation und Massenkommunikation modellhaft darzustellen (vgl. z. B. Kunczik 1984; Bentele/Beck 1994; McQuail/Windahl 1993; Pürer 1998, Kap. 4; Rau 2013, S. 74–88). Die Mehrzahl dieser Modelle zeichnet sich durch die Verwendung einer relativ identischen Terminologie aus. So ist, bezogen auf den Prozess von Kommunikation und Massenkommunikation, oft von Kommunikator, Aussage, Medium, Rezipient und Wirkung die Rede. Die nachfolgend angeführten Bezeichnungen bzw. deren Modifikationen für jede dieser Prozesspositionen findet man in der Mehrzahl dieser Modelle vor. Maletzke hat die wichtigsten Begriffe zusammengefasst (Maletzke 1963, S. 35–37):

      • Kommunikator: Sender, Journalist, Produzent, Urheber; im Englischen finden sich die Bezeichnungen communicator, source (Quelle), encoder (jemand, der eine Botschaft verschlüsselt, um sie anderen zugänglich zu machen), controller (jene Instanz, die die Letztentscheidung über die Art und Weise der (Nicht)Veröffentlichung einer Information fällt).

      • Für Aussage steht auch Inhalt, Produkt, Mitteilung, Botschaft, Kommunikat bzw. im Englischen die Bezeichnungen content, message, cue, symbol etc.

      • Medium: Kanal bzw. im Englischen channel, communication agency (was nicht mit news agency, also Nachrichtenagentur, verwechselt werden darf).

      • Rezipient: Kommunikand, Empfänger, Konsument, Nutzer; bzw. im Englischen communicatee, interpreter, decoder, receiver. Für die Summe der Rezipienten stehen Bezeichnungen wie Publikum, Leserschaft, Hörerschaft, Zuschauerschaft bzw. im Englischen audience oder public audience (im Sinne von Leser, Hörer, Zuschauer).

      • Für Wirkung findet man auch die Bezeichnungen Effekte (effects) und Folgen, wobei zwischen individuellen Wirkungen und sozialen bzw. gesellschaftlichen Wirkungen ebenso zu unterscheiden ist wie zwischen affektiven bzw. emotionalen auf der einen und kognitiven Wirkungen auf der anderen Seite. Eine wichtige Differenzierung ist auch diejenige in kurzfristige Effekte und langfristige Wirkungen von Massenkommunikation.

      [85]Unbestreitbar ist, dass Massenkommunikation in modernen Gesellschaften zum Alltäglichen geworden ist und in zahlreiche Bereiche der Gesellschaft, aber auch in das Leben des Einzelnen eindringt. So können Massenmedien zweifellos zu einer beträchtlichen Erweiterung unseres geistigen Horizonts beitragen und uns mit Informationen versorgen, die wir sonst nicht in Erfahrung bringen. Indem sie uns rund um die Uhr Nachrichten und andere Informationen aus aller Welt liefern, wird die Welt gleichsam zum globalen Dorf (zum »global village« wie Marshall McLuhan es bereits in den 1960er-Jahren nannte, vgl. McLuhan 1962). Auch liefern sie einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir uns in der immer komplexer werdenden Welt zurechtfinden. Neben Familie und Schule tragen die Massenmedien auch dazu bei, dass der Mensch in seiner Persönlichkeitsentwicklung die in der Gesellschaft vorherrschenden Wertvorstellungen, Normen, Rollen und Verhaltensweisen kennen lernt und – zu seinem eigenen Vorteil und Schutz bzw. zur Integration in die menschliche Gemeinschaft – teilweise oder ganz übernimmt. Massenkommunikation ist also auch Bestandteil jenes Prozesses, den man Sozialisation nennt (vgl. Kap. 5.3.1).

      Als nicht unproblematisch kann sich in der Massenkommunikation jedoch erweisen, dass viele ihrer Angebote »für das Publikum an die Stelle der Wirklichkeit treten« (Döhn/Klöckner 1979) und direkte Erfahrung verdrängen. So ist es ein Problem, wenn Rezipienten das für uneingeschränkt wahr halten, was durch die Medien vermittelt wird. Die Massenmedien bzw. die in ihnen arbeitenden Medienschaffenden sind selbst – so wie wir auch – nur Beobachter unserer Umwelt. Nicht zuletzt auf Grund von vielfältigen Auswahlprozessen in der Informationskette vom Ereignis über die Medien bis zum Leser, Hörer oder Zuschauer liefern uns die Massenmedien nicht ein Bild der Wirklichkeit, sondern nur ein konstruiertes – ein mehr oder weniger vollständiges – (Ab-)Bild.

      Im Zusammenhang mit Wirkungen bzw. Folgen von Massenkommunikation erscheint es sinnvoll zu unterscheiden zwischen der Macht der Medien und der Wirkung der Medien. Die Macht der Medien besteht darin, soziopolitisch relevante Themen aufzugreifen, sie gewichten und bewerten zu können sowie öffentlich bekannt zu machen – und in diesem Kontext z. B. den Rücktritt eines Politikers auszulösen. Diese Macht ist grundsätzlich nichts

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