Nachhaltigkeit interdisziplinär. Группа авторов

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Nachhaltigkeit interdisziplinär - Группа авторов

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erste Modus fokussiert auf den Transfer von Informationen von einem Sender zu einem Empfänger, um ein bestimmtes Verständnis eines Nachhaltigkeitsproblems zu vermitteln oder eine bestimmte Motivation zu erwirken (Kommunikation von Nachhaltigkeit). Ein Beispiel hierfür wäre Bildungsmaterial, in dem die Herausgeber ein bestimmtes Verständnis einer nachhaltigen Entwicklung (z. B. ein Drei-Säulen-Modell) zugrunde legen und an einen breiten und unbestimmten Kreis von Schülerinnen und Schülern kommunizieren, ohne dabei eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Setzung anzustreben. Der zweite Modus konzentriert sich hingegen stärker auf den Austausch von Konzepten und Deutungen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung, um Verständigung zu fördern und ein geteiltes Verständnis zu entwickeln (Kommunikation über Nachhaltigkeit). Man denke an öffentliche Beteiligungsprozesse, etwa Dialog- und Agendaveranstaltungen, wie sie etwa im politischen Kontext im Rahmen von Strategieentwicklungsprozessen initiiert werden. Die deutsche Bundesregierung beispielsweise führte 2015/2016 vier regionale Dialogveranstaltungen durch, um Ideen und Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern zur Fortschreibung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie zu diskutieren (Bundesregierung 2015). Während der Schwerpunkt hier auf allgemeinen politischen Prioritäten lag, zielte der Agendakongress zur BNE im Jahr 2017 u. a. darauf ab, Verständigungsprozesse darüber zu initiieren, wie sich BNE strukturell in verschiedenen Bereichen des Bildungssystems verankern lässt (BNE 2017). Entsprechende Kommunikationsformate sollen es den Beteiligten ermöglichen, ihre Vorstellungen über die Relevanz und Konsequenz von Nachhaltigkeit in einem bestimmten Anwendungsfeld auszutauschen und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Die Frage, ob derartige Partizipationsformate auch tatsächlich wirksame Verständigung und Veränderung im Praxisfeld zu bewirken vermögen, wird in der Forschung jedoch auch kritisch diskutiert (Stoltenberg/Fischer 2017, 2018). Kommunikation über Nachhaltigkeit kann hauptsächlich als Viele-zu-viele-Kommunikationsmodus mit nicht-hierarchischen, horizontalen Strukturen beschrieben werden. Kommunikation von Nachhaltigkeit hingegen ist Sender-Empfänger-orientiert und ein Eins-zu-eins-Kommunikationsmodus.

      Durch Hinzuziehung einer Intentionalität bzw. normativen Ausrichtung lässt sich als ein dritter Kommunikationsmodus die Kommunikation für Nachhaltigkeit unterscheiden. Der Begriff der Kommunikation für Nachhaltigkeit (Communication for Sustainability/CfS) umfasst Ansätze, die explizit durch eine transformative Zielsetzung untermauert werden und die darauf ausgerichtet sind, einen Wandel in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen. Ein Beispiel hierfür wären Bildungsprogramme, die explizit zum Ziel haben, Gestaltungskompetenzen bei Schülerinnen und Schülern zu fördern und diese auf diese Weise für die Mitgestaltung einer nachhaltigen Entwicklung zu befähigen (vgl. Kap. 15/Wanning).

      Was wird als Nachhaltigkeit kommuniziert?

      Im Hinblick auf einen thematischen Bezug ist Nachhaltigkeitskommunikation nicht auf die enge Kommunikation von Modellen einer nachhaltigen Entwicklung selbst beschränkt. Otto (2007) zum Beispiel analysierte die Bedeutungen und Verwendungen des Begriffs der Nachhaltigkeit auf der Grundlage verschiedener linguistischer Theorien. Er verwendet dabei die Unterscheidung zwischen einer konnotativen und einer denotativen Begriffsbedeutung: Die Denotation verweist auf die „wörtliche Bedeutung, also das Objekt[,] welches bezeichnet wird“ (ebd.: 25), die Konnotation auf „die verschiedenen Attribute, die bei einem Begriff mitschwingen“ (ebd.). Die explizite Unterscheidung verschiedener Nachhaltigkeitsverständnisse etwa ist somit Teil eines denotativen Diskurses, in dem es um das Verständnis und die Bedeutung eines Konzeptes per se geht. Darüber hinaus jedoch bezeichnet der Begriff keinen eng definierten Gegenstandsbereich (Hoppe/Wolling 2017). So können auch handlungsfeldspezifische Problemlagen (z. B. Klimawandelkommunikation oder Gesundheitskommunikation) insofern Gegenstand von Nachhaltigkeitskommunikation sein, als sie Verständigungsprozesse über Vorstellungen von Mensch-Natur-Verhältnissen und erstrebenswerte Zukünfte darstellen, die Implikationen für die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung haben.

      Otto (2007) betont, dass die konnotative Bedeutung im Kontext der Massenmedien eine wichtigere Rolle als die denotative spielt, da Konnotationen für die Funktionslogik des Systems von besonderer Bedeutung sind, beispielsweise zur Ansprache von Emotionen und Gefühlen. Strategien, Dimensionen und Themen einer nachhaltigen Entwicklung sind jedoch nur schwer zugänglich für Rezipienten und Rezipientinnen, die nicht aktiv in den Diskurs der Nachhaltigkeit involviert sind. Nichtsdestotrotz und ungeachtet des Mangels an denotativer Kompetenz haben die meisten Menschen die Fähigkeit, mit der Idee der Nachhaltigkeit Attribute zu verbinden und zu benennen, auch ohne Nachhaltigkeit an sich zu definieren (ebd.). Nach Einschätzung mehrerer Forschender könnten die Medien die Menschen zunehmend dabei unterstützen, Nachhaltigkeitsthemen zu verstehen, indem sie Brücken von konnotativen zu eher denotativen Bedeutungen bauen (Glathe 2010). So wird Nachhaltigkeit eher mit Adjektiven wie hilfsbereit statt egoistisch, friedlich statt aggressiv und gesund statt krank assoziiert (Otto 2007). Die mediale Thematisierung nachhaltiger Wirtschaftsmodelle (z. B. solidarische Landwirtschaft) könnte diese Assoziationen aufgreifen, um stärker konzeptionelle Verständnisse davon aufzubauen, nach welchen Prinzipien diese Wirtschaftsmodelle arbeiten und inwiefern diese Prinzipien der Idee der Nachhaltigkeit entsprechen. Vor diesem Hintergrund sind die Bedeutungen, mit denen Nachhaltigkeit in den Medien genutzt wird, von besonderer Relevanz.

      Die Fragestellung, mit welchen Bedeutungen der Begriff der Nachhaltigkeit in deutschen Printmedien genutzt wird, war Gegenstand einer empirischen Studie im Rahmen des Projektes „Initiative Nachhaltigkeit und Journalismus“ (Michelsen/Fischer 2016). Mit ihrer Ausrichtung auf die explizite Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs untersucht die Studie somit ein engeres Verständnis von Nachhaltigkeitskommunikation und die Kommunikation von Nachhaltigkeit.

      Zur Beantwortung der Frage wurde eine qualitative Tiefenanalyse durchgeführt, um die Begriffsbedeutung einer jeden Begriffsverwendung zu untersuchen (vgl. im Folgenden Fischer/Haucke 2016; Fischer/Haucke/Sundermann 2017). Gesucht wurde nicht nur nach dem Begriff „Nachhaltigkeit“, sondern auch nach flektierten Begriffsverwendungen („nachhaltig*“). Es wurden Daten von sechs deutschen Zeitungen erfasst. Die Auswahl der Zeitungen sollte erstens unterschiedliche politische Ausrichtungen und zweitens eine große Reichweite repräsentieren (siehe Tab. 1).

Zeitung Abkürzung Erscheinungs-häufigkeit Politische Ausrichtung1 Auflage2
Der Spiegel SPIEGEL Wöchentlich Liberal-investigativ 894.375
Die Zeit ZEIT Wöchentlich Liberal-unabhängig 538.832
Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ Täglich, inkl. Wochenendausgabe Konservativ 600.675
Süddeutsche Zeitung SZ Täglich, inkl. Wochenendausgabe Linksliberal 402.425
Die Tageszeitung TAZ Täglich, inkl. Wochenendausgabe

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