Naturphilosophie. Группа авторов

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zweckmäßig erscheint. Dabei leistet es ein teleologisches Urteil nach Kant nur, diese Struktur so zu beurteilen, als ob sie auf Zweckmäßigkeit angelegt sei. Diese teleologischen Urteile sind aber vereinbar damit, die Funktionsweise einzelner Organe, wie etwa der Muskeln, die zur Beugung eines Gelenks führen, kausal und mechanistisch zu erklären. Die kausalen Mechanismen, nach denen die einzelnen Organe arbeiten, sind dabei den telelogischen Prinzipien unterstellt, die im Organismus insgesamt am Werk sind; letztere sind der kausalen Erklärung entzogen. Damit zählt die Biologie für Kant nicht zur „eigentlichen“ Naturwissenschaft. Dies verbindet er mit der Auffassung, dass es den Newton des Grashalms nie geben wird, weil sich die Struktur von Lebewesen nicht nach dem Vorbild der Physik erklären lässt.

      4.2 Ausblick

      Was Naturphilosophie heißt, ist also von Descartes bis Kant primär auf die Möglichkeiten mathematischer Naturerkenntnis ausgerichtet. Kants Theorie der Biologie markiert hierfür die Grenzen dieses Denkens in seiner Zeit und zielt darauf, es durch |40|nicht-mechanistische Konzepte zu überwinden. Kant arbeitete in seinen späten Jahren in diese Richtung weiter, wie sein opus postumum zeigt. Dagegen ist die Mathematisierung der Biologie heute viel weiter fortgeschritten, als Kant es sich vorstellen konnte.

      Im nachkantischen deutschen Idealismus entwickeln dann Friedrich W.J. Schelling (1775–1854) und Georg W.F. Hegel (1770–1831) Ansätze zu einer nicht-mechanistischen und nicht-reduktionistischen Naturphilosophie, nach der die Natur einen Stufenbau von zunehmend komplexen Organisationformen bildet. Unbelebte Strukturen sind darin die Vorstufen des Lebens, und die belebte Natur stellt eine Vorstufe und Voraussetzung des Geistes dar. Schelling konzipiert die Übergänge zwischen diesen Stufen durchaus im Sinne einer biologischen Evolution (Schelling 1799). Hegel dagegen betrachtet die Natur als das „Andere der Idee“, wobei Natur und Geist nach ihm nur in einer logischen Beziehung stehen (Hegel 1830). Die spekulativen naturphilosophischen Ansätze beider Denker richten sich gegen das zeitgenössische mechanistische Weltbild der Physik und wurden im Verlauf des 19. Jhs. zum Gegenstand scharfer empiristischer Kritik (→ I.6).

      Literatur

      Berkeley, George [1710] 2012: Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis. Hg.: A. Kulenkampff. Hamburg.

      Descartes, René [1641] 2008: Meditationes de prima philosophia. Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. Lat.-Dt. Hg.: C. Wohlers. Hamburg.

      – [1644] 2005: Die Prinzipien der Philosophie. Lat.-Dt. Hg.: C. Wohlers. Hamburg.

      Falkenburg, Brigitte 2000: Kants Kosmologie. Die wissenschaftliche Revolution der Naturphilosophie im 18. Jahrhundert. Frankfurt/M.

      Galilei, Galileo [1615] 2008: Lettera a Cristina di Lorena. Brief an Christine von Lothringen. Hg.: M. Titzmann/T. Steinhauser. Passau.

      – [1623] 21992: Il saggiatore. Hg.: L. Sosio. Milano. Dt. Übers.: G. Harig: Galileis „Dialog über die beiden Weltsysteme“ – alte und neue Wissenschaft im Widerstreit. In: Galilei, Galileo [1623] 1987: Schriften, Briefe, Dokumente. Bd. 2. Hg.: A. Mudry. Berlin: 247–287.

      Hegel, Georg W.F. [31830] 21993: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zweiter Teil. Die Naturphilosophie. In: ders.: Werke, Bd. 9. Hg.: E. Moldenhauer/K. M. Michel. Frankfurt/M.

      Hobbes, Thomas [1655] 2013: Elemente der Philosophie. Erste Abteilung: Der Körper. Hg.: K. Schuhmann. Hamburg.

      Hume, David [1748] 2015: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Hg.: M. Kühn. Hamburg.

      Kanitscheider, Bernulf 2013: Natur und Zahl: Die Mathematisierbarkeit der Welt. Berlin.

      Kant, Immanuel [1755] 21910: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. In: Kant’s gesammelte Schriften. Hg.: Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Berlin: Bd. I, 215–368.

      – [1781/1787] 21911: Kritik der reinen Vernunft. In: a.a.O.: Bd. III.

      – [1786] 21911: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft. In: a.a.O.: Bd. IV, 465–565.

      – [1790/1793] 21913: Kritik der Urteilskraft. In: a.a.O.: Bd. V, 165–485.

      La Mettrie, Julien O. de [1748] 2009: Die Maschine Mensch. Frz.-Dt. Hg.: C. Becker. Hamburg.

      |41|Laplace, Pierre-Simon [1814] 21996: Philosophischer Versuch über die Wahrscheinlichkeit. Hg.: R. v. Mises. Frankfurt/M.

      Leibniz, Gottfried W. [1714] 2012: Monadologie. Frz.-Dt. Hg.: H. Hecht. Stuttgart.

      Leibniz, Gottfried W./Clarke, Samuel [1715/16] 1991: Der Leibniz-Clarke-Briefwechsel. Hg.: V. Schüller. Berlin.

      Locke, John [1689] 1975: An Essay Concerning Human Understanding. Hg.: P.H. Nidditsch. Oxford. Dt.: 41981: Versuch über den menschlichen Verstand. 2 Bde. Hg.: R. Brandt. Hamburg.

      Mohr, Georg / Willaschek, Marcus (Hg.) 22012: Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Berlin.

      Newton, Isaac [1687] 1999: Die mathematischen Prinzipien der Physik. Hg.: V. Schüller. Berlin.

      – [1704] 21996: Optik: Oder Abhandlung über Spiegelungen, Brechungen, Beugungen und Farben des Lichts. Hg.: W. Abendroth. Frankfurt/M.

      Planck, Max [1908] 1965: Die Einheit des physikalischen Weltbildes. In: ders.: Vorträge und Erinnerungen. Darmstadt: 28–51.

      Schelling, Friedrich W.J. [1799] 21965: Einleitung zu dem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie. In: Schellings Werke, Bd. 2. Hg.: M. Schröter. München: 269–326.

      Spinoza, Baruch de [1677] 42015: Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt. Lat.-Dt. Hg.: W. Bartuschat. Hamburg.

       [Zum Inhalt]

      |42|I.4 Natur und Recht

      Michael Städtler

      Der verbreiteten Auffassung zufolge gibt es Begründungen von Recht aus der Natur seit der Antike (Welzel 1951; Ilting 1978). Im Allgemeinen wird darunter Folgendes verstanden: „Naturrecht ist die Gesamtheit der der Natur innewohnenden, zeitlos gültigen, vernunftnotwendigen und vom Menschen nicht geschaffenen Rechtssätze“ (Köbler 1997: 392f.). Was allerdings in den verschiedenen Epochen konkret darunter verstanden wurde, variiert erheblich (Tierney 1997: 1ff.), abhängig von Veränderungen im Naturbegriff und im Rechtsbegriff (Wolf 1984). Deshalb empfiehlt es sich, vom systematischen Verhältnis dieser Begriffe auszugehen und es in den verschiedenen Kontexten zu untersuchen.

      1. Systematische Vorüberlegungen

      Das begriffliche Verhältnis von Natur und Recht enthält zwei entgegengesetzte Elemente: Einerseits werden sie analog gedacht, sofern beide gesetzmäßige Ordnungen betreffen. Andererseits sind sie gerade als gesetzmäßige Ordnungen einander entgegengesetzt: Naturgesetze gelten faktisch zwingend. Die faktische Geltung von Rechtsgesetzen unterliegt aber menschlicher Willkür, sie ist ein Sollen. Recht ist im strikten Sinn nie ein Bestandteil der Natur, sondern eine Institution menschlicher Gesellschaft. Umgekehrt richten sich Rechtsnormen durchaus an Menschen auch, insofern sie Naturwesen sind, denn als solche sind sie endliche Wesen

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