Naturphilosophie. Группа авторов

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Naturphilosophie - Группа авторов

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Experimente benutzt, um die Phänomene zu analysieren und hinter den unmittelbaren Augenschein vorzudringen. Er perfektioniert die experimentelle Methode als ein Verfahren, mittels dessen man die Naturphänomene in getrennte Komponenten zerlegen kann, um ihre Eigenschaften unter idealen Bedingungen zu untersuchen. Ziel ist dabei, die Zusammensetzung der Phänomene mit mathematischer Präzision zu beherrschen. Hier verbindet sich das mathematische Denken mit einer „atomistischen“ Vorgehensweise, d.h. mit der Zerlegung der Phänomene in Komponenten (wie z.B. freien Fall und Luftreibung), die sich im Experimentierlabor isolieren und unter möglichst genau definierten technischen Bedingungen erforschen lassen. Bei Galilei und seinen Nachfolgern geht dieser Ansatz mit der Erklärung der Körper aus Korpuskeln oder Atomen als kleinsten Bestandteilen einher.

      Das mathematische Bild der Natur ist entsprechend seit dem 17. Jh. mechanistisch und atomistisch geprägt. So gegensätzliche Denker wie Descartes und Thomas Hobbes (1588–1679) vertreten eine mechanistische Korpuskularphilosophie, nach der alle Vorgänge in der physischen Welt auf Druck und Stoß mechanischer Korpuskeln zurückgehen (Descartes 1644; Hobbes 1655). Newton wiederum nimmt an, dass das Gravitationsgesetz im Großen wie im Kleinen gilt und dass auch das Licht aus Atomen mit den Eigenschaften mechanischer Körper besteht (Newton 1704). Das mechanistische Denken kulminiert in der deterministischen Vorstellung, es gäbe einen allwissenden Dämon, der die Anfangsbedingungen aller Atome in der Welt kennt und daraus nach den Gesetzen der Mechanik den Weltlauf für alle Zeiten vollständig berechnen kann (Laplace [1814] 1996: 2) (→ II.7):

      „Eine Intelligenz, welche für einen gegebenen Augenblick alle in der Natur wirkenden Kräfte sowie die gegenseitige Lage der sie zusammensetzenden Elemente kennte, und überdies umfassend genug wäre […], würde in derselben Formel die Bewegungen der größten Weltkörper wie des leichtesten Atoms umschließen; nichts würde ihr ungewiß sein und Zukunft wie Vergangenheit würden ihr offen vor Augen liegen.“

      2. Rationalismus versus Empirismus

      Die mathematische Physik entspricht dem Rationalismus, den Descartes als philosophische Strömung begründet. Die Mathematisierung der Natur zielt auf die Vereinheitlichung der Phänomene und auf verlässliche Naturerkenntnis; das erkennende Subjekt versichert sich durch Einsicht in das „Buch der Natur“ bzw. in die Naturgesetze der Rationalität des Weltlaufs. Als Gegenströmung entwickelt sich der britische Empirismus, aus dessen Sicht das „Buch der Natur“ nicht mathematisch verfasst, sondern erfahrungsbasiert ist. Die empiristische Skepsis gegen Naturgesetze hält aber den Siegeszug des Rationalismus nicht auf, sondern trägt eher zu seiner Säkularisierung |35|bei und führt zu dem naturwissenschaftlich begründeten, materialistischen Weltbild, das heute stärker verbreitet ist denn je.

      2.1 Rationalismus

      Die Denker des Rationalismus haben von Descartes bis Kant gemeinsam, dass sie sich an mathematischen Methodenidealen orientieren, dass sie den Ursprung der Erkenntnis primär in der Vernunft sehen und der Natur eine dem Menschen einsichtige, rationale Struktur zusprechen, die sich an ihren jeweiligen theologischen Hintergrundideen orientiert. Sie gehen davon aus, dass der Weltlauf durch Gottes Willen und die Naturgesetze strikt determiniert ist, auch wenn der Mensch dies nicht vollständig erkennen kann und im Hinblick auf Fragen von Gut und Böse Wahlfreiheit hat. Sie betrachten Gott als Daseinsgrund der Welt und führen verschiedene Gottesbeweise. Für die Naturphilosophie relevant ist der physiko-theologische Beweis, nach dem der Mensch aus der Ordnung und Schönheit der Natur auf Gott als Urheber der Weltordnung schließen kann (→ IV.7); man findet ihn etwa beim jungen Kant (1755).

      Auch wenn sie die rationalistischen Grundüberzeugungen teilen, vertreten die Rationalisten sehr unterschiedliche metaphysische Systeme. Descartes (1641) begründet seinen bis heute wirkungsmächtigen Dualismus der res extensa (Materie) und der res cogitans (Geist) (→ II.1). Danach sind die Körper von Tieren und Menschen materielle Maschinen; als einziges materielles Wesen verfügt der Mensch auch über Geist. Nach Spinozas Lehre der All-Einen Substanz (Spinoza 1677) ist das Universum Gott und Welt zugleich, und die Natur ist durchgängig beseelt. Nach Leibniz (1714) wiederum liegen der materiellen Welt unendlich viele beseelte Monaden zugrunde. Leibniz ist für die mathematische Physik nicht weniger wichtig als Newton. Auf Newton geht der Kraftbegriff zurück, auf Leibniz die Symmetrieannahmen der Physik; beide entwickeln die Differenzial- und Integralrechnung unabhängig voneinander, was zu ihrem berühmten Prioritätsstreit um ihre Erfindung führt. Leibniz vertritt aber völlig andere metaphysische und physikalische Auffassungen als Newton, wie die Debatte um absoluten Raum, absolute Zeit und Atomismus zwischen Leibniz und Newtons Anhänger Samuel Clarke (1675–1729) zeigt (Leibniz/Clarke 1715/16) (→ II.4).

      2.2 Empirismus

      Die britischen Empiristen sehen den Ursprung aller Erkenntnis in der Erfahrung; seit Francis Bacon (1561–1626) berufen sie sich dabei auf die Experimente der Naturwissenschaften. Trotz der gemeinsamen erkenntnistheoretischen Überzeugung vertreten auch die Empiristen sehr unterschiedliche metaphysische Auffassungen, die vom Materialismus (Hobbes) über einen Dualismus (Locke) bis zum Idealismus (Berkeley) reichen.

      Hobbes (1655) begründet den neuzeitlichen Materialismus, der an den antiken Atomismus anknüpft und sich in der französischen Aufklärung fortsetzt (La Mettrie 1748). Für die Materialisten des 17. und 18. Jhs. ist das Gehirn des Menschen |36|eine Rechenmaschine, die nach denselben mathematischen Gesetzen funktioniert wie der Weltlauf und darum zu objektiver Erkenntnis fähig ist. Locke (1689) entwickelt eine umfassende empiristische Theorie des menschlichen Verstands und seiner Fähigkeiten, in der er zwar die Lehre der angeborenen Ideen von Descartes kritisiert, aber einige rationalistische Auffassungen beibehält. Er vertritt einen Dualismus von Geist und Materie und führt einen physiko-theologischen Gottesbeweis, wonach der Mensch in den Naturwissenschaften nur so viel von der göttlichen Weltordnung erkennt, wie er benötigt, um aus der Beschaffenheit der Natur auf ihren göttlichen Ursprung zu schließen. Locke ist Atomist, wenn er auch die Existenz der Atome, weil sie prinzipiell nicht beobachtbar sind, für unbeweisbar hält. Eine monistische Gegenposition zum Materialismus stellt der Idealismus von Berkeley (1710) dar; er verbindet eine empiristische Erkenntnistheorie mit der theologischen Auffassung, die materielle Welt existiere nur in Form von Gedanken Gottes.

      Erst Hume (1748) macht mit dem Empirismus Ernst, indem er sich von sämtlichen metaphysischen Auffassungen verabschiedet und eine radikale empiristische Skepsis gegenüber allen (vermeintlich gesetzmäßigen) Kausalitäten ausdrückt. Nach ihm ist die Verknüpfung von Ursache und Wirkung nicht etwas objektiv in der Natur Vorhandenes, sondern lediglich unsere subjektive Gewohnheit, regelmäßig aufeinander folgende Ereignisse zu verknüpfen; dasselbe gilt für Naturgesetze, einschließlich der Gesetze der Physik. Seine Regularitätsauffassung der Kausalität und der Naturgesetze ist bis heute einflussreich.

      3. Natur als Gesetzeszusammenhang der Erfahrung: Kant

      Angesichts der widerstreitenden metaphysischen Positionen seiner Vorgänger will Kant die Naturerkenntnis und ihre Tragweite vernunftkritisch absichern. Seine Kritik der reinen Vernunft (Kant 1781/1787) soll das System einer Metaphysik der Natur begründen, in dem die Grundbegriffe der Physik Newtons, nicht aber die traditionellen metaphysischen Ideen von Gott, der unsterblichen Seele und der Welt im Ganzen zu objektiver Erkenntnis führen (vgl. Mohr/Willaschek 2012).

      Mit Kants Theorie der Natur gewinnt die Naturphilosophie Eigenständigkeit gegenüber der Physik. Bei ihm ist Naturphilosophie nicht mehr (wie bei Galilei, Descartes oder Newton) identisch mit Physik bzw. exakter Naturwissenschaft, sondern soll deren metaphysische Voraussetzungen klären und dabei ein begriffliches Grundgerüst für die mathematische Physik liefern (Kant 1786). Kants Naturphilosophie ist viel facettenreicher als die seiner Vorgänger; sie lässt Raum für unterschiedliche Interpretationen. Das im Folgenden dargestellte Kant-Verständnis ist geprägt durch

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