Naturphilosophie. Группа авторов

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setzt, im Unterschied zum Instinkt, eine Vorstellung von Interessen und damit ein intellektuelles Wesen voraus. Recht ist damit eine gesellschaftliche Institution unter intelligenten Naturwesen.

      Sobald ‚Natur‘ als philosophischer Begriff auftritt, ist sein Gegenstandsbereich als Kosmos (als sinnvoll geordnete Totalität) vom Chaos (der Vorstellung ungeordneter Totalität) unterschieden (→ I.1; II.3/Abschn. 1.3). Diese Ordnung ist regelmäßig und deshalb erkennbar. Das menschliche Handeln unterliegt der Freiheit, kann so oder anders ausfallen, und bietet daher zunächst keine regelmäßige Ordnung. Das Zusammenleben von Menschen setzt aber deren zweckmäßiges Zusammenwirken, d.h. Kooperation, voraus. Sonst zerstört jede Gemeinschaft sich selbst. Dafür müssen Regeln, Ordnungskriterien, gesetzt werden. Ihre Verbindlichkeit ist aber zunächst ein bloßer Anspruch an die Handelnden. Recht als stabile Institution setzt daher voraus, |43|dass eine Gemeinschaft von Menschen Rechtsnormen teilt, dass über deren Erfüllung irgendwie verbindlich entschieden werden kann und dass diese Entscheidung auch gegen entgegengesetzte Interessen durchgesetzt werden kann. Insofern lehnt das Recht seinen Geltungsanspruch an die Naturordnung an und begründet dann gerade aus seinem Unterschied zur Naturordnung die Legitimation, durch Institutionen den Mangel an Geltungswirklichkeit auszugleichen.

      2. Antike: Kosmische Ordnung als Rechtsgrund

      In der griechischen Antike entwickelt sich zum einen das verbindliche Recht aus Konfliktlösungsgewohnheiten (Reichardt 2003), zum anderen entstehen theoretische Begründungen für Rechtsgeltung. Dabei ist die Natur als kosmologische Ordnung das zentrale Kriterium. So gilt zunächst v.a. vielen Sophisten das Recht des Stärkeren als natürlich, das gesetzliche Recht hingegen als naturwidriges Instrument der Schwachen. Diese Richtung des Naturrechts knüpft an die triebhafte Natur der Menschen an und kann „existentielles Naturrecht“ genannt werden, im Unterschied zum „ideellen“, das an die Vernunftnatur der Menschen anknüpft (Welzel 1951: 11). Platon und Aristoteles bemühen sich in diesem zweiten Sinn um eine Legitimation der rechtlich geordneten Polis. Aristoteles leitet aus den natürlichen Erfordernissen der Selbsterhaltung die rechtlichen und politischen Institutionen als natürliche Mittel ab: Familie, Haushalt, Dorf und Stadt, aber auch die Sklaverei, die eine natürliche Ungleichheit der Menschen in wechselseitigen Nutzen übertrage. Insgesamt gilt die Naturordnung als in sich zweckmäßige Ordnung (Teleologie), innerhalb derer das Handeln sich einordnen muss.

      Im Unterschied zu Aristoteles, der die Normativität des Handelns nicht aus vorgeordneten Begriffen, sondern aus der Reflexion auf die Erfahrung des Handelns begründen will, hatte Platon (428/427–348/347 v. Chr.) die Normen aus der Idee des Guten begründet. Diese freilich verdankt sich auch Naturanalogien, denn die gute Ordnung des Staates wird in Analogie zu einem biologischen Organismus und dessen Ordnung durch die Seele als Ordnungsprinzip bestimmt. Während Aristoteles das Handeln als einen vom theoretischen Erkennen systematisch getrennten Gegenstandsbereich bestimmt (s. z.B. Nikomachische Ethik I 1094b12–27 u. VI 1141a16–b3), folgte für Platon die Ordnung des Handelns aus einer Ordnung theoretisch erkennbarer Ideen. Diese Ideen sind freilich keine Phantome, sondern ihrerseits Produkte philosophischer Reflexion. Für Aristoteles (384–322 v. Chr.) allerdings sind sie abstrakte Begriffe, deren Beziehung zu den empirischen Handlungen nicht eindeutig bestimmbar ist. Deshalb bleibt es bei Aristoteles bei der Erörterung einer unter jeweils gegebenen Umständen bestmöglichen Rechtsverfassung, während Platon durchaus eine relativ genau entwickelte Idealverfassung entwirft.

      Mit der Auflösung der Polis im makedonischen, dann im römischen Reich verliert der Einzelne seine Mitwirkungskompetenz und sieht sich mit fremden politischen Mächten konfrontiert. In der universalen Ordnung der Natur sehen die Stoiker nun die Grundlage der Freiheit des Einzelnen und legen damit den philosophischen Grund |44|für den christlichen Begriff des Individuums. Auch Begriffe wie ewiges, natürliches und zeitliches Gesetz sowie der Begriff einer universalen Menschheit stammen hierher.

      Ausgehend vom Apostel Paulus (5–64) und den Kirchenvätern, v.a. Augustinus (354–430), knüpft die christliche Rechtslehre neben der Stoa zunächst an die platonische Tradition an, und das betrifft auch den Naturbegriff. Allerdings wird die organisch-teleologische Ordnung des Naturganzen nun mit dem Willen Gottes in Verbindung gebracht. Das menschliche Handeln erhält damit eine moralische Bedeutung. Ein Rechtsverstoß ist nicht nur eine Störung der natürlichen Ordnung, sondern eine Sünde.

      3. Mittelalter: Göttliche Ordnung als Rechtsgrund

      Wenn Gott zugleich Gesetzgeber der Naturordnung und der moralischen Ordnung ist, lässt sich zumindest theoretisch an der Vereinbarkeit von Natur und Handeln festhalten. Thomas von Aquin (1224/25–1274) hat das als Gesetzeshierarchie festgehalten: An der Spitze steht das ewige Gesetz. Dabei handelt es sich um die Idee der Totalität der Weltordnung im göttlichen Geist. Diese Vorstellung ist der normative und zugleich kausale Grund aller Ordnung in der Welt. Das ewige Gesetz wird offenbart im Naturgesetz. Mit ‚Naturgesetz‘ ist nicht der moderne Begriff eines wissenschaftlichen Gesetzes, sondern die gesetzmäßige Ordnung der Natur selbst gemeint. Und an unterster Stelle steht das menschliche Gesetz, das Recht, das Menschen sich selbst geben. Damit es nicht aus der Ordnung herausfällt, muss der Gesetzgeber sich am ewigen Gesetz und an den geoffenbarten Geboten (dem positiven göttlichen Recht) orientieren.

      Der theologisch interpretierte Platonismus bietet aber noch ein zusätzliches Naturprinzip des Rechts an: Alle Naturprozesse zielen auf ein Gutes. Deshalb gilt, dass das Gute zu erstreben, das Schlechte oder Böse aber zu vermeiden ist. Dies soll die natürliche Richtschnur der Gesetzgebung sein. Sie soll auf das bonum commune, das gemeinsame Gute, gerichtet sein. In der säkularen Rechtspraxis ist dieses Prinzip das überlieferte gute alte Recht. Die Autorität des Althergebrachten beruft sich zwar nicht direkt auf die Naturordnung, behandelt aber das Überlieferte wie eine mit der Zeit verfestigte, jetzt nicht mehr folgenlos zu durchbrechende Ordnung zweiter Natur. Für die Entwicklung dieser Praktiken zu staatlichem Recht ist das naturrechtlich begründete Kirchenrecht (kanonisches Recht) lange Vorbild. Zum Beispiel wird der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien (pacta sunt servanda) zuerst im Kirchenrecht formuliert. Heute regelt das staatliche Recht den Geltungsbereich kanonischen Rechts.

      Im Verlauf des Mittelalters kommt es zu gravierenden Veränderungen in der Sozialstruktur. Antike Vorstellungen werden überwunden, die menschliche Arbeit wird nicht mehr nur als Strafe für die Erbsünde, sondern als eigenständige Leistung zur Orientierung in der Welt und zur Beherrschung der Natur verstanden. Damit hängt die Entwicklung von Städten zusammen, die zu Gewerbe- und Handelszentren werden. Der veränderte Bedarf bringt Veränderungen in der Landwirtschaft mit sich. Diese wirtschaftlichen Veränderungen erfordern neue Rechtsformen. Es kommt zu einer intensiven Rezeption des römischen Rechts, die ungefähr mit der Wiederentdeckung |45|des lange Zeit vergessenen Werks des Aristoteles zusammenfällt. Insbesondere die Aristotelische Konzentration auf die Erkenntnis des Einzelnen, des Erfahrungsobjekts, wirkt subversiv auf den neuplatonischen Naturbegriff des Mittelalters. Vom Einzelnen aus ist eine absolute rationale Ordnung nicht unbedingt zu erkennen. Die Willkür wird zum vorherrschenden Prinzip; auch Gottes Wille gilt bei Duns Scotus (1266–1308) oder Wilhelm von Ockham (ca. 1287–1349) nicht mehr als bloße Funktion seiner Vernunft, sondern als absolute Macht. Er kann, wenn er will, die bestehende Ordnung jederzeit durch eine andere ersetzen. Mit dieser These fällt einerseits die gesamte Ordnungsgewissheit des Mittelalters in sich zusammen; andererseits sind damit Voraussetzungen für den modernen individuellen Subjektbegriff und für die Wandelbarkeit sozialer Normen geschaffen.

      4. Neuzeit: Menschliche Ordnungen als Rechtsgrund

      Das Prinzip der Neuzeit ist nicht mehr die universale Ordnung, sondern das individuelle Subjekt. Das gilt auch für die Naturordnung: Menschen erkennen Natur nicht mehr vorrangig durch begriffliche Ableitungen aus allgemeinen Prinzipien, sondern durch konkrete experimentelle Eingriffe (→ III.3; III.4). Wird das Individuum Rechtssubjekt, dann muss seine Handlungsfähigkeit rechtlich garantiert sein: Es muss sein Eigentum geschützt sein, und es müssen das

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