Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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wobei Objektivität die intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Datengewinnung meint. Wenn unterschiedliche Forscher zu den[93] gleichen Befunden gelangen, so sind diese objektiv. Dritte müssen die Möglichkeit haben, die Gewinnung der Daten nachzuvollziehen. Mit Reliabilität wird die Genauigkeit bzw. die Exaktheit einer Messung und mit Validität deren Gültigkeit bezeichnet. Die Reliabilität kann ermittelt werden mithilfe der Wiederholung einer Messung unter den gleichen Bedingungen. Validität liegt dann vor, wenn bei einer Erhebung auch jener Gegenstand gemessen worden ist, der beabsichtigt war, gemessen zu werden.

      Empirie und Theorie

      Die Empirie steht in einem engen Zusammenhang mit der Theorie. Aufgrund empirischer Erkenntnisse kann es erstens zur Weiterentwicklung des theoretischen Wissens kommen. Opp (1995: 188) spricht von einer notwendigen »empirischen Konfrontation von Theorien.« Zweitens kann aber auch aufgrund des theoretischen Wissens und aufgrund von hier ausgemachten Defiziten gezielt nach neuen empirischen Erfahrungen gesucht werden. Die Theorie geht von daher der Empirie voraus. Dies bedeutet, dass empirische Informationen aufgrund einer gezielten, theoretisch begründeten Auswahlstrategie gewonnen werden. Da es nicht möglich ist, die Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit zu erfassen, ist eine gezielte, theoretisch begründete Selektion erforderlich. So gilt es, jene Merkmale der zu untersuchenden Objekte zu bestimmen, die für die Lösung des Problems geeignet sind. In diesem Zusammenhang kommt auch den Indikatoren eine wichtige Bedeutung zu. Sie stellen die Verbindung zwischen dem theoretischen und dem empirischen Wissen her. Auch die Indikatoren werden aufgrund theoretischer Überlegungen über das Funktionieren der Gesellschaft gebildet. Sie dienen dem Ziel, empirische Informationen zu gewinnen. Empirische Daten werden beispielsweise genutzt, um die in Hypothesen enthaltenen Vermutungen zu prüfen und diese dann schrittweise in theoretisches Wissen zu überführen. In dieser Beziehung geht nun die Empirie der Theorie voraus.

      Empirie und Praxis

      Schließlich gilt es auch, Theorie, Empirie und Praxis voneinander abzugrenzen. Trotz der wissenschaftlich begründeten, d. h. theoretisch fundierten Vorgehensweise bei der Gewinnung empirischen Wissens ist dieses nicht unfehlbar. Somit muss sich die Theorie (ausreichend und umfassend) in der Praxis bewähren. Eine solche Funktion kann von der Empirie nicht wahrgenommen werden. Die Empirie steht damit quasi vermittelnd zwischen Theorie und Praxis. Der Übergang von empirischem oder Erfahrungswissen zum theoretischen Wissen ist zudem fließend. Auch in dieser Beziehung geht die Empirie der Theorie voraus. Theorie und Empirie stehen damit in einem dialektischen Verhältnis. Sie bedingen einander und gehen ineinander über.

      Empirismus

      Unter Empirismus wird eine Denkrichtung bzw. auch eine philosophische Strömung verstanden, bei der alles Wissen lediglich als auf Erfahrungen basierend verstanden wird. Die Empirie wird hier zu der zentralen Quelle der Erkenntnis der Wirklichkeit. Zugleich ignoriert der Empirismus damit jedoch die oben beschriebene theoriegeleitete Forschung zur Gewinnung des empirischen Wissens. Der Positivismus knüpft am Empirismus an. Es lassen sich verschiedene Richtungen des Empirismus unterscheiden.

      Der logische Empirismus, der vor allem von den Wissenschaftlern des Wiener Kreises (Rudolf Carnap, Hans Reichenbach, Herbert Feigl) entwickelt worden ist, lehnt beispielsweise – im Unterschied zum Kritischen Rationalismus – jede Induktionslogik ab. Dem Begriffsempirismus folgend sind alle gehaltvollen Begriffe Erfahrungsbegriffe, während der Aussagenempirismus davon ausgeht, dass es sich bei den gehaltvollen Aussagen um Erfahrungsaussagen handelt. Der naive Empirismus unterstellt, dass Begriffe Abbilder von Sinneserfahrungen sind, und der moderne Empirismus vertritt die Auffassung, dass die Begriffe auf Beobachtungen zurückgeführt werden können. Der reduktionistische Empirismus nimmt gegenüber dem schwachen Empirismus an, dass die Begriffe vollständig auf Beobachtungen zurückgeführt werden können. Schließlich vertritt der dogmatische Empirismus die Auffassung, die empirische Erkenntnis gewährleiste Sicherheit, während der kritische Empirismus die Fehlbarkeit empirischer Aussagen annimmt.

      Literatur

      Carnap, Rudolf, 1929: Abriss der Logistik, mit besonderer Berücksichtigung der Relationstheorie und ihrer Anwendungen, Wien. – Chalmers, Alan, 2007: Wege der Wissenschaft:[94] Einführung in die Wissenschaftstheorie, 6. Aufl., Berlin. – Gadenne, Volker, 2004: Empirische Forschung und normative Wissenschaftstheorie. Was bleibt von der Methodologie des kritischen Rationalismus? In: Diekmann, Andreas (Hg.): Methoden der Sozialforschung, Sonderheft 44 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Wiesbaden, 33–50. – Haller, Rudolf, 1993: Neopositivismus. Eine historische Einführung in die Philosophie des Wiener Kreises, Darmstadt. – Opp, Karl-Dieter, 1995: Methodologie der Sozialwissenschaften. Einführung in Probleme ihrer Theoriebildung und praktischen Anwendung, Wiesbaden.

       Michael Häder

      Wahl zwischen beziehungsweise Selektion von Alternativen. In der Soziologie werden Entscheidungen (engl. decision) in sozialtheoretischer Perspektive vorwiegend mit Blick auf das soziale Handeln der Menschen untersucht – wie (menschliche) Akteure Handlungsoptionen wählen und Entscheidungen treffen. In dieser Sicht geht es vornehmlich darum zu verstehen und zu erklären, wie das Entscheiden »funktioniert«, was genau eine Entscheidung ist, wie Handeln und Entscheiden voneinander zu unterscheiden sind und worin der Zusammenhang zwischen Entscheider/in und Entscheidung besteht. In gesellschaftstheoretischer und -diagnostischer Perspektive wird danach gefragt, wie sich Menschen in historisch-spezifischen Situationen entscheiden und wie sich die Praxis des Entscheidens unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen wandelt. In der Moderne, so beispielsweise Schimank (2005), vervielfältigen sich die Entscheidungsmöglichkeiten und -spielräume, aber auch die Zwänge, Entscheidungen zu treffen. In der soziologischen Theoriebildung werden mit Blick auf das Entscheiden unterschiedliche Ansätze vertreten.

      ›Entscheidung‹ in Theorien der rationalen Wahl

      In der bis heute dominierenden Tradition der Theorien der rationalen Wahl wird unter einer Entscheidung der Prozess oder das Ergebnis einer Wahlhandlung verstanden: Eine Entscheidung zu treffen bedeutet, eine Handlungsalternative aus mehreren im Hinblick auf ein bestimmtes Handlungsziel auszuwählen. Modellhaft besteht ein Entscheidungsprozess darin, dass der Akteur eine Entscheidungssituation wahrnimmt und deutet, das Entscheidungsproblem definiert, die Entscheidungskriterien möglichst vollständig erfasst, diese in eine stabile und widerspruchsfreie Rangfolge von Prioritäten bringt, sich aller Handlungsalternativen und ihrer Folgen vergewissert und dann im Hinblick auf die Prioritätenordnung und das vorab definierte Ziel die Handlungsoption auswählt, die am besten geeignet ist, das Ziel zu erreichen. Im Anschluss an die Auswahl wird die Entscheidung kommuniziert und umgesetzt; von Beobachtern wird sie als Entscheidung interpretiert und dem Akteur als Entscheidung zugeschrieben. Betont wird dabei a) die Intentionalität der Entscheidung und b) die Nutzenorientierung des entscheidenden Akteurs.

      Da die zeitlichen Ressourcen und die Informationsverarbeitungskompetenzen menschlicher Akteure begrenzt sind, kann eine vollständige Rationalität des Entscheidens unter Abwägung aller Möglichkeiten nicht erreicht werden. Die Rationalität ist vielmehr sowohl mit Blick auf die Entscheidung selbst als auch mit Blick auf das Entscheidungsverfahren begrenzt (»bounded rationality«, March/Simon): Entscheider suchen nicht nach optimalen, sondern nach zufriedenstellenden Lösungen (»satisficing«), wählen die nächstbeste Handlungsalternative (»simple minded search«) und gehen im Entscheiden inkrementalistisch vor (»muddling through«, Lindblom). An einem Entscheidungsprozess können ein oder mehrere Akteure beteiligt sein; das gemeinsame und bewusste Abstimmen einer Entscheidung wird als kollektive Entscheidung bezeichnet. Grundsätzlich bedeutet Entscheiden Handeln unter Unsicherheit – wenn das Ergebnis der Wahl von vornherein feststeht, kann man nicht mehr von einer Entscheidung sprechen: »Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden.« (Foerster 1993, 153). Im Rahmen der Annahmen der Theorien rationaler Wahl entwerfen

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