Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wörterbuch der Soziologie - Группа авторов страница 53

Wörterbuch der Soziologie - Группа авторов

Скачать книгу

hat am Beispiel des Essens dargelegt, was er unter der McDonaldisierung der Gesellschaft versteht. Dies sind typische Beispiele für soziologische Thematisierungen des Essens: Es wird zur Veranschaulichung allgemeiner sozialer Phänomene genutzt oder bildet den Ausgangspunkt für umfassende gesellschaftliche Analysen. Die soziale Eigenlogik des Essens wird dagegen kaum untersucht.

      Für die Ausarbeitung einer speziellen Soziologie des Essens ist eine solche Vorgehensweise jedoch unzureichend. Sie steht vor der Aufgabe, sowohl der Eigenart des Gegenstands gerecht zu werden, ohne sich in Details zu verlieren, als auch zu zeigen, wie Essen in allgemeine soziale Strukturen und Prozesse eingebunden ist (Barlösius 2011). Die Soziologie des Essens ist deshalb eine spezielle Soziologie, die einerseits für ihren Gegenstand angemessene spezifische Erklärungen und Systematisierungen entwickelt und andererseits auf allgemeine soziologische Theorien zurückgreift, um ihr Sujet in größere gesellschaftliche Zusammenhänge wie Vergemeinschaftungs- und Vergesellschaftungs-, Differenzierungsund Desintegrationsprozesse einzubetten.

      Literatur

      Barlösius, Eva, 2011: Soziologie des Essens, Weinheim. – Bourdieu, Pierre, 1984: Die feinen Unterschiede, 3. Aufl., Frankfurt a. M. (1979) – Elias, Norbert, 1981: Über den Prozeß der Zivilisation, Bd. 1., 8. Aufl. Frankfurt a. M. (1939). – Kiple, Kenneth; Ornelas, Connee K. (Eds.), 2000: The Cambridge World History of Food, New York. – Lévi-Strauss, Claude, 1973: Mythologie III. Der Ursprung der Tischsitten, Frankfurt a. M. – Mauss, Marcel, 1990: Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt a. M. – Ritzer, George, 1997: Die McDonaldisierung der Gesellschaft, Frankfurt a. M. – Setzwein, Monika, 2004: Ernährung – Körper – Geschlecht, Wiesbaden. – Simmel, Georg, 1957: Soziologie der Mahlzeit; ders. (Hg.): Brücke [103]und Tür. Essays des Philosophen zur Geschichte, Religion, Kunst und Gesellschaft, Stuttgart, 243–250. – Weber, Max, 1980: Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen.

       Eva Barlösius

      Soziale Erwünschtheit (engl. social desirability) oder auch ›Effekt der Konformität‹ bezeichnet in empirischen Umfragen eine systematische Antwortverzerrung in eine bestimmte Richtung. Soziale Erwünschtheit liegt vor, wenn der Befragte dazu neigt, seine Einstellungen, Eigenschaften oder Verhaltensweisen in ein günstigeres Licht zu stellen, indem er nicht seine eigene Antwort gibt, sondern eine solche, von der er annimmt, dass sie (eher) der gesellschaftlichen Norm entspricht. Soziale Erwünschtheit basiert auf der theoretischen Annahme, dass für die vom Befragten gegebene Antwort im Prinzip ein »wahrer Wert« existiert, von der die tatsächlich gegebene Auskunft im Falle von sozialer Erwünschtheit jedoch abweicht. Liegt soziale Erwünschtheit in einer Befragung vor, ist die Gültigkeit der Aussage nicht mehr in vollem Umfang gegeben.

      Grundsätzlich sind alle Fragen, die Werte und Normen der Gesellschaft betreffen, anfällig für soziale Erwünschtheit; der Grad der sozialen Erwünschtheit hängt dabei jedoch stark mit dem Thema bzw. den erfragten Merkmalen (Items) der Untersuchung zusammen, indem sie einen unterschiedlich hohen Anreiz für soziale Erwünschtheit auslösen (trait desirability). Beispiele für solche Themen sind allgemein heikle oder peinliche Themen, Umfragen zum Alkohol- oder Drogenkonsum, zur Parteipräferenz bzw. Einstellungen zu Extremparteien, Fremdenfeindlichkeit, aber auch Fragen über Fernsehsendungen (hier z. B. Aussagen hinsichtlich bevorzugter Fernsehprogramme im Vergleich zu den tatsächlichen Einschaltquoten).

      Zu den Entstehungsbedingungen von sozialer Erwünschtheit zählen zum einen der persönlichkeitstheoretische Ansatz, bei dem das Verhalten auf ein generelles Bedürfnis nach sozialer Anerkennung (Need for Social Approval) zurückgeführt wird und zum anderen der handlungstheoretische Ansatz: Hierbei differenziert Esser zwischen sozial erwünschten Antworten, die eine Anpassung an gesellschaftliche Normen beabsichtigen (kulturelle Erwartungen) und solchen, die situationsspezifisch durch Merkmale wie z. B. Geschlecht oder Alter, Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Interviewers oder die Anwesenheit Dritter verursacht werden (situationelle Erwartungen). Auch hier wird die Angabe sozial erwünschter Antworten als Strategie erklärt, eine Maximierung der sozialen Anerkennung (Verhaltensbestätigung, Vermeidung negativer Sanktionen) anzustreben.

      Das tatsächliche Ausmaß bzw. der Effekt von sozialer Erwünschtheit ist nur schwer zu bestimmen. Nach Paulhus (1984) werden die beiden Dimensionen Selbsttäuschung und Fremdtäuschung unterschieden, wobei nur die Fremdtäuschung als eine absichtliche, bewusste Täuschung verstanden werden kann; bei der Selbsttäuschung handelt es sich dagegen um eine »Tendenz, die Realität in einer optimistischen Weise verzerrt wahrzunehmen« (Winkler et al. 2006, 3); dabei zeichnet »ein gewisses Maß an Selbsttäuschung ein psychisch gesundes Individuum aus« (ebd.).

      Maßnahmen, um soziale Erwünschtheit in Umfragedaten zu vermeiden bzw. gering zu halten, sind während der Interviewsituation z. B. geschickte Frageformulierungen, der Einsatz von Skalen oder die sog. Randomized-Response-Technik, wodurch der Anteil der ehrlichen Antworten geschätzt werden soll, sowie nachträgliche statistische Kontrollprozeduren (einen Überblick zu den Gegenmaßnahmen bietet Diekmann 2010, 446 ff.).

      Literatur

      Diekmann, Andreas, 2010: Empirische Sozialforschung, Reinbek. – Esser, Hartmut, 1991: Die Erklärung systematischer Fehler in Interviews; in: Wittenberg, Reinhard (Hg.): Person – Situation – Institution – Kultur, Berlin, 59–78. – Paulhus, Delroy L., 1984: Two-Component Models of Socially Desirable Responding; in: Journal of Personality and Social Psychology 46, 598–609. – Schnell, Rainer et al., 2011: Methoden der empirischen Sozialforschung, 9. Aufl., München. – Winkler, Nils et al., 2006: Entwicklung einer deutschen Kurzskala zur zweidimensionalen Messung von sozialer Erwünschtheit, Berlin (DIW).

       Silke Kohrs

      Die Ethnomethodologie (engl. ethnomethodology) ist ein von Harold Garfinkel (1967) begründeter wissenssoziologisch-konstruktivistischer Forschungsansatz, der sozialtheoretische Fragestellungen mit Hilfe empirischer Untersuchungen sozialer Praktiken verfolgt. Der Ausdruck ›Ethnomethodologie‹ leitet sich vom Begriff Ethnoscience her, einem Ansatz in der Ethnologie, der sich für das Wissen interessiert, mit dem die Angehörigen einer fremden Kultur die Dinge ihrer Welt wahrnehmen, definieren, klassifizieren und ihnen so eine Bedeutung zuschreiben. Diese ›Ordnung der Dinge in den Köpfen der Leute‹ umfasst etwa ihre Ethnokosmologie, Ethnobiologie und Ethnomedizin. Von dort führen drei Verschiebungen zur Ethnomethodologie als (1.) kulturbeobachtendem, (2.) reflexivem und (3.) praxistheoretischem Ansatz:

      Was heißt Ethnomethodologie?

      1 Der Ethnomethodologie geht es um das Wissen in der eigenen Gesellschaft. Diese wird also einem ethnologischen Blick ausgesetzt. Einen solchen Blick muss man sich erarbeiten. Die Ethnomethodologie entwickelt daher ähnlich wie Erving Goffman eine Reihe von Strategien der Verfremdung des soziologischen Gegenstands und der Entfremdung und Distanzierung des soziologischen Beobachters (s. u.).

      2 Der Ethnomethodologie geht es um die Ethno soziologie: das Alltagswissen über Gesellschaft in der Gesellschaft, das man soziologisch kennen muss, um zu verstehen, warum die Leute tun, was sie tun. Damit betreibt sie zugleich eine reflexive Aufklärung von Denkvoraussetzungen der Soziologie. Sie kritisiert an deren szientistischen Überwindungsversuchen des Alltagswissens, dass sie dessen Prämissen verhaftet bleibt. Eine professionell betriebene Soziologie dürfe nicht laufend als Denkmittel und Ressource einsetzen, was doch ihr primärer Gegenstand sei, den sie sich vor Augen führen müsse: das Alltagswissen vom Sozialen. Sonst entstünde nur ›folk-sociology‹, distanzlos verwachsen mit den kulturellen Selbstverständlichkeiten des Untersuchungsfeldes.

      3 Dieses Alltagswissen unterscheidet sich in drei Hinsichten von sozialwissenschaftlichem Wissen:(1) Seine sprachlichen Ausdrücke sind äußerst ungenau, sie

Скачать книгу