Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast

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Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast

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zur Eheberatung oder so und schon würde der Schnupfen aufhören? Jetzt weißt du mal, wie das ist – von wegen psychisch!« Horst erinnerte sich an mehr als ein Beispiel, wo er am liebsten an die Decke gehüpft wäre, wenn die Kollegen auf irgendeinem Lehrgang im Sommer mal wieder über seine ständig laufende Nase gelacht und ihm hämisch grinsend den Gang zum Psychologen angeraten hatten.

      Sein Gegenüber lächelte gequält. »Gar nicht mal so falsch mit der Psyche! Aber was ist denn nun mit dem Wein? Fräulein! Hallo!« Suchend blickte er sich um, bis er die Bedienung entdeckte. »Ja, genau! Denken Sie noch an unseren Weißherbst? Okay – wir sind nämlich grade am Verdursten!« In gespielter Verzweiflung die Augen rollend drehte er sich wieder zu Horst. »Ich sag’s dir, die Bedienungen am See sind auch nicht mehr das, was sie früher mal waren! Lauter Ausländer und von nichts eine Ahnung. Nur wenn’s ums Trinkgeld geht, da sind sie fit wie ein Turnschuh – fürchterlich!«

      Horst blickte seinen Kollegen verwundert an. Thomas, den er bisher nur als die Leutseligkeit in Person gekannt hatte, schien mit einem Mal ein ganz anderer geworden zu sein. Nervös, fahrig, sich ständig hastig umblickend, kratzend, polternd: So hatte er den Kriminalkommissar aus Meersburg noch nie erlebt! Er beugte sich leicht vor und sah Thomas direkt ins Gesicht: »Sag mal, ist alles in Ordnung mit dir? Du bist so nervös, wie ich dich noch nie vorher gesehen habe! Stimmt irgendetwas nicht?«

      Thomas schoss erkennbar die Röte ins Gesicht. Verlegen schaute er zur Seite, senkte den Kopf und sagte gar nichts. Horst spürte, dass da etwas war, mit dem Thomas innerlich kämpfte. Am besten, er wartete ab und ließ ihn den Kampf mit sich allein ausfechten. Erst nach einer ganzen Weile hob Thomas den Kopf und öffnete zögernd den Mund. »Ja also, weißt du, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen …«

      Doch gerade in diesem Augenblick kam die Bedienung mit zwei Gläsern Wein und unterbrach die Unterhal­-

      tung. »Bitte schön, zwei Kaiserstühler Gutedel. Sehr zum Wohl!«

      Verwundert blickten die beiden erst sich, dann die Bedienung an. Horst fand als erster die Sprache wieder: »Wer hat denn hier Weißwein bestellt?«

      »Na, der Herr da neben Ihnen!« Für die Bedienung schien alles glasklar zu sein. Sie deutete mit dem Zeigefinger auf Thomas.

      Der reagierte mit einem zornigen Schnauben. »Also, jetzt glaub ich das auch noch! Ich und Weißwein, und dann noch«, er nahm einen vorsichtigen Schluck aus dem Glas. »Dachte ich’s mir doch! Honigsüß! Also, dass das klar ist!« Mit strengem Blick fixierte er die nun schon deutlich eingeschüchterte Bedienung. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Glas lieblichen Weißwein getrunken, und schon gar keinen Gutedel. Das kann ich also in hundert Jahren nicht bestellt haben. So – nehmen Sie also das Gesöff wieder mit«, damit griff er sich die beiden Gläser und stellte sie energisch zurück aufs Tablett, »und dann bringen Sie mir das, was ich auch bestellt habe: nämlich zwei Gläser Weißherbst, trocken natürlich. Und zwar Überlinger, Überlinger Spitalweingut! Und falls Sie das nicht haben, dann einen Birnauer oder einen Hagnauer oder meinetwegen einen Meersburger! Aber bitte: Weißherbst, trocken und kühl – Okay? Okay!« Mit einer energischen Handbewegung schob er die verdatterte Bedienung samt ihrer zwei vollen Weißweingläser zurück in Richtung Lokal und lehnte sich mit einem resignierten Seufzer zurück. »Ich sag’s ja: die Bedienungen am See! Es gibt Tage, da kommt wirklich alles zusammen!«

      Horst wunderte sich aufs Neue über die Aggressivität, die Thomas heute an den Tag legte. Beruhigend legte er seine Hand auf die Linke seines Gegenübers. »Na komm, ist doch kein Beinbruch! Kann doch mal passieren! Und wenn du es richtig betrachtest: Du hast doch nur das leere Glas gehoben und drauf gedeutet – da kann man doch schon mal im Eifer des Gefechts was verwechseln, oder?«

      »Fall du mir ruhig auch noch in den Rücken! Einer mehr oder weniger, das spielt ja allmählich auch keine Rolle mehr!« Bitter zog Thomas die Mundwinkel he­runter und starrte auf den Boden.

      »Aber jetzt halt mal langsam die Luft an! Keiner ist gegen dich! Ich zumindest nicht! Jetzt spuck aber endlich mal aus, wo denn eigentlich der Schuh drückt!« Horst stand auf und zupfte seinen Kollegen am Hemdsärmel. »Wir gehen aber besser rein, denn ich glaube, es dauert nimmer lang, und dann wütet es hier draußen wirklich!«

      Mittlerweile hatte sich das anfänglich so laue Som­mer­abendlüftchen in einen unangenehm blasenden Wind verwandelt, der auf dem See draußen für die ersten Schaumkronen auf den Wellen sorgte. Es war dämmrig geworden und der gerade eben noch so romantisch-friedlich schimmernde See hatte eine unschöne schwarzgraue Farbe angenommen. Das Alpenpanorama war wie mit einem Schlag verschwunden und dunkle Gewitterwolken verdeckten die Berge. Die orangenen Lichter an der Uferlinie blinkten mittlerweile hektischer – genau 90 Mal in der Minute: Sturmwarnung!

      Der nächste Morgen war grauenhaft – im wahrsten Sinn des Wortes. Dröhnende Kopfschmerzen hatten dazu geführt, dass Horst bereits um 6 Uhr in der Frühe aufgewacht war, an Weiterschlafen war überhaupt nicht mehr zu denken! Ein Blick aus dem Wohnwagenfenster ließ ihn zusätzlich schaudern: dunkelgraue schwere Regenwolken zogen in schneller Folge über den Himmel, ein ekelhaft-feiner Nieselregen strömte wie an unsichtbaren Fäden auf die Erde. Eine unangenehme Kälte machte sich im Wohnwagen breit und bemächtigte sich aller Glieder. Horst versuchte erst gar nicht, einen Blick durch die Hecke auf den knapp hundert Meter entfernten See zu werfen – er konnte sich auch so nur zu gut vorstellen, wie es da draußen jetzt aussehen mochte. Das waren die Tage, an denen er Campingurlaub am Bodensee genauso hasste, wie er sonst glücklich und zufrieden auf dem grünen Rasen am Strandbad die Sonne genoss und sich nichts Schöneres vorstellen konnte als einen legeren Sommerurlaub am See!

      Mit Sicherheit würden die dunklen Wolken über dem Wasser nicht einmal die Sicht zum höchstens zweieinhalb Kilometer entfernten gegenüberliegenden Ufer bei Din­gels­dorf ermöglichen, dunkelgrau-schmutziges Wasser würde aus den Wellen steigen und den paar Unverzagten, die sich draußen herumtrieben, die kalte Gischt begleitet von einem permanent-böigen Wind ins Gesicht blasen. Nein – kein Wetter für Wassersport! Die gestern knapp erreichten 20 Grad Wassertemperatur, die der Bademeister im Ostbad in ein Meter Tiefe gemessen hatte, waren erfahrungsgemäß durch den Wellengang und die unruhige Strömung auf höchstens 16 Grad zurückgefallen, zu wenig, um auch nur den großen Zeh ins Wasser zu strecken.

      Andererseits: Für ihr Vorhaben spielte das so gut wie keine Rolle, denn Thomas und Horst wollten es heute dennoch angehen, koste es, was es wolle! Der Tauchgang an die vor fast 140 Jahren in der Nähe von Bottighofen versunkene »Jura« würde heute Nachmittag stattfinden – so oder so! Und schließlich spielte die Oberflächentemperatur in einer Tiefe von 38 Metern, wo das ganze Jahr über sowieso nie mehr als 6 Grad herrschten, eh keine Rolle mehr. So schön es auch gewesen wäre, sich anschließend, wenn man nass und klamm aus dem Wasser stieg, von der Sonne wärmen zu lassen anstatt von einem Glas heißen Tees mit Rum aus der Thermoskanne – mitten im Hochsommer!

      Aber das Wetter war, wie es eben war: nichts zu machen! Horst fluchte leise und fasste sich an die schmerzende Stirn. Bei der vergangenen Nacht im Wohnwagen hatte es sich um einen einzigen Horrortrip gehandelt! Spät in der Nacht erst war er von Überlingen und seinem Treffen mit Thomas auf den Platz zurückgekehrt, nachdem so manches zusätzliche Glas Weißherbst von den beiden geleert worden war. Horst durfte gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn er mit seinem Promillegehalt einer Polizeikontrolle in die Arme geraten wäre! Völlig idiotisch hatte er sich benommen, an dieser Erkenntnis führte kein Weg vorbei. Zum Glück würde Claudia davon nichts mitbekommen, denn die hätte ihm sonst mit tödlicher Sicherheit – und zudem auch noch absolut zu Recht – kräftigst den Kopf gewaschen!

      Und als er dann – glücklicherweise unbehelligt – am Wohnwagen angekommen war, da hatte er die Bescherung gesehen! Das Klappfenster neben der Tür war weg! Einfach verschwunden! Ein dunkles

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