Tatort Ostsee. Harald Jacobsen

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Tatort Ostsee - Harald Jacobsen

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seufzte. »Guck sie dir doch mal an. Bitte! Ich glaube einfach nicht, dass sie ertrunken ist. Die Polizei geht von einem Unfall aus, aber … Sie sah irgendwie hingelegt aus. Wahrscheinlich ist da wirklich nichts, aber könntest du trotzdem mal nachsehen?«

      »Nachsehen?« Lutz fragte sich, ob er sie richtig verstanden hatte.

      Sophie schwieg ein paar Sekunden. »Ja. Hinter manchem steckt doch eine Lüge, oder?«

      Lutz biss sich auf die Backenzähne. Drohte sie ihm gerade? »Deine Tote ist sowieso die Nächste. Ich soll eine Leichenschau durchführen. Danach entscheide ich, ob ich dem Staatsanwalt eine Obduktion empfehle. Und nun lass mich in Ruhe! Mein Tag verläuft schon beschissen genug!«

      »Kannst du mich zwischendurch anrufen und mir sagen, ob sie überhaupt ertrunken ist?«

      Sie ließ nicht locker. »Noch einen schönen Tag!« Lutz drückte das Gespräch einfach weg und fluchte. Das konnte ihn in Teufels Küche bringen. Er durfte keine Informationen an Dritte weitergeben und Sophie war Journalistin. Auf der anderen Seite wollte der Staatsanwalt dasselbe. Er sollte sich die Frau mal ansehen. Sophie war der Meinung, irgendetwas stimme da nicht und sie war keine hysterische Kuh. Neugierig geworden machte Lutz sich auf den Weg zur Kühlkammer. Er las die Angaben auf der Tafel durch. Da war sie. Unbekannt, weiblich, Fehmarn. Sie lag in der Fünf. »Also gut, Baby.« Lutz öffnete die Schublade. »Dann wollen wir mal einen Blick riskieren.« Der Reißverschluss des Leichensacks knarrte. Er sah in das Gesicht der blonden Frau. »Na, was war denn los?« Lutz schnalzte mit der Zunge. »Du warst richtig hübsch, was?« Sie hatte keine offensichtlichen Verletzungen, nur ein paar leichte blaue Flecke. Nichts Ungewöhnliches bei einer Wassersportlerin. Aber was hatte sie da unter den Fingernägeln?

      Tina ging zurück auf die Terrasse. Keine Spur von ihrem Mann oder Sophie. Sie ging ums Haus, um nach den Autos zu sehen. Der Audi war weg. Stefan war wohl schon nach Lübeck aufgebrochen. Ohne sich zu verabschieden! Das hatte er noch nie gemacht. Sophies BMW war noch da. Abgereist war sie nicht. Was war das vorhin nur für ein furchtbarer Streit gewesen? Tina räumte die Schälchen mit den Antipasti und das inzwischen trockene Brot auf ein Tablett und brachte es in die Küche. Als das Telefon klingelte, griff sie schnell nach dem Hörer. »Sperber.«

      »Ich bins. Schatz, tut mir leid, die Sache vorhin«, entschuldigte sich ihr Mann. »Ich weiß, ich hatte dir versprochen, mich nicht mehr mit ihr zu streiten, aber … Herrgott noch mal! Sophie tut so, als würden wir aus lauter Spaß Verbrechen vertuschen.«

      »Weißt du, wo sie ist?«

      »Ist sie denn nicht da?«

      »Bevor du Hoffnung schöpfst, ihr Wagen steht noch hier.«

      »Ich hab jedenfalls keine Ahnung! Ich bin auf dem Weg nach Lübeck, nur für den Fall, dass du dich auch um mein Verschwinden sorgst.«

      »Ach! Willst du jetzt die beleidigte Leberwurst spielen? Du hast es ja nicht mal für nötig gehalten, dich zu verabschieden!«

      »Liebling, lass uns bitte nicht streiten! Ich war stinksauer und ich wollte nicht reinplatzen, wenn du den Kleinen beruhigst. Außerdem habe ich einen Haufen Arbeit zu erledigen.«

      »Kommst du heute noch zurück?«, fragte Tina versöhnlich.

      »Ich versuche es. Ich ruf dich an und ich liebe dich.«

      Er hatte aufgelegt. Armer Stefan! Er zerriss sich fast, um möglichst viel Zeit mit der Familie zu verbringen und sie hatte nichts Besseres zu tun, als ihn anzumaulen. Tina nahm sich fest vor, ihn mal wieder richtig zu verwöhnen. Ein schönes Abendessen bei Kerzenschein und eine gute Flasche Champagner im Bett waren längst überfällig. Damit sollte sie allerdings bis nach Sophies Abreise warten. Bei einem Candle-Light-Dinner zu dritt würde ihr Mann sicher nicht in Stimmung kommen. Sophie! Wo steckte sie nur? Stefan hatte ihr ganz schön zugesetzt. Sie musste schon genug unter der Trennung leiden. Wahrscheinlich war sie irgendwo am Wasser. Tina spazierte durch den alten Obstgarten und stieg den Deich hinauf. Keine 20 Meter weiter stand Sophie und warf für Pelle einen Ball ins Meer. Erleichtert lief Tina zu ihr hin. »Hier bist du!«

      Sophies Augen waren rot und verweint. »Soll ich lieber nach Hause fahren?«

      »Nein!«, Tina nahm ihre Hand. »Bitte bleib! Es ist wirklich schön, eine Freundin hier zu haben. Ich werde nur dafür sorgen müssen, dass du Stefan nicht mehr begegnest.«

      Sophie lächelte ein bisschen. »Du musst mir glauben, dass ich fest vorhatte, nett und freundlich zu ihm zu sein. Ohne die Geschichte heute Morgen hätten wir vielleicht tatsächlich eine Chance gehabt.«

      »Die habt ihr doch immer noch. Hör zu, Stefan hat in Lübeck zu tun und er weiß auch noch gar nicht, ob er es heute nach Hause schafft. Du solltest dich entspannen. Warum machst du mit Pelle nicht einen langen Spaziergang? Ihr seid doch hier, um Urlaub zu machen.«

      Sophie seufzte. »Wahrscheinlich hast du recht. Wir könnten uns das Hünengrab ansehen oder den Kitern zuschauen. Oder noch besser, ich erkundige mich mal nach Kursen. Da ist doch diese Surfschule?«

      Tina hatte plötzlich einen schlimmen Verdacht. »Sophie, wenn du da irgendwelche Fragen stellst oder die polizeilichen Ermittlungen behinderst, wirst du dir großen Ärger einhandeln. Das ist dir hoffentlich klar?«

      Sophie sah sie erstaunt an. »Welche Ermittlungen denn? Sie ist ertrunken, sagt dein Mann. Und er ist der Profi. So, wie es aussieht, ist der Fall doch bereits abgeschlossen. Außerdem hat Stefan mich doch auf die Idee gebracht. Es war doch sein Vorschlag, dass ich mir einen Kerl oder ein Hobby suchen soll.«

      Tinas Unbehagen wuchs. Sophie schien ihr neues Hobby bereits gefunden zu haben. Sie würde ein bisschen Detektiv spielen.

      Hanjo stellte das schmutzige Geschirr auf ein Tablett. Nur Clara und dieser unangenehme Kalle saßen noch beim letzten Schluck Kaffee in der Ecke. Die Stimmung bei den Gästen war heute Mittag sehr bedrückt gewesen. Wie sollte es auch anders sein? Schließlich hatten viele Sarah gekannt und waren geschockt, von ihrem Tod zu hören. Broder hatte ihn informiert und ein paar Fragen gestellt. Ben hatte richtig entschieden, die Kurse zu verlegen. Hanjo brachte das Tablett in die Küche. Er sollte lieber gleich die Tische abwischen. Freya hatte immer erst die Gaststube wieder hergerichtet, bevor sie sich um den Abwasch gekümmert hatte. Die Gäste müssen immer eine gemütliche und saubere Atmosphäre genießen können, hatte sie immer gesagt. Manchmal war sie ihm damit auf die Nerven gegangen, aber seit sie nicht mehr da war, befolgte er ihr Gebot liebevoll. Wie schön waren doch die vielen Jahre, die sie gemeinsam in dem kleinen Bistro gewerkelt hatten. Freya war die Seele des Bistros gewesen. Es ohne sie zu führen, kostete seine ganze Kraft. Zum Glück kümmerten sich die beiden Jungs um die Surfschule. Sonst würde wohl alles den Bach runter gehen. Die Glocke bimmelte. Ein Gast. Hanjo ging langsam in die Gaststube. Clara und Kalle saßen immer noch am Ecktisch. Sie waren in ihr Gespräch vertieft. Nein, sie stritten sich leise, wunderte sich Hanjo. Plötzlich stand ein brauner Labrador vor ihm. Der Hund leckte ihm kurz die Hand und kümmerte sich dann um die Krümel, die auf dem Boden lagen. Sein hübsches Frauchen setzte sich an einen Tisch. »Sie haben aber einen netten Hund. Er übernimmt das Staubsaugen für mich.« Hanjo lächelte und klopfte Pelles Rücken.

      »Ja, das macht er sehr gern! Er säubert ruck, zuck den gesamten Boden und wenn er darf, macht er in der Küche weiter.«

      Was für ein nettes Mädchen, dachte er. Warum kam sie ihm nur bekannt vor? Hanjo erinnerte sich plötzlich. Sie war am Morgen auch am Strand gewesen. Davor hatte er sie noch nie gesehen, da war er sich sicher. »Was darf ich Ihnen denn

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