Tatort Nordsee. Sandra Dünschede

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tatort Nordsee - Sandra Dünschede страница 23

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Tatort Nordsee - Sandra Dünschede

Скачать книгу

Dann verstand er, dass an diesem Morgen nicht alles so verlaufen war, wie es sollte. Er stellte den Wasserkessel auf den Herd, räumte den Frühstückstisch ab, wischte ihn sauber und platzierte zwei Tassen darauf. Nachdem er den Tee aufgegossen, das Stövchen auf den Tisch gestellt und Kluntjes in die Tassen gegeben hatte, ging er zum Schlafzimmer und öffnete behutsam die Tür. Henrike stand am Fenster.

      »Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich so sanft es einem friesischen Bauern möglich war.

      »Ja, klar. Aber ich sehe nicht ein, warum ich euch alle von hinten bis vorne bedienen muss. Ein paar Dinge können die Kinder mittlerweile auch allein tun – die sehen gar nicht, was alles zu erledigen ist, und wundern sich nicht, wenn alles immer wieder auf wundersame Weise in Ordnung gebracht wird. Und bei dir habe ich auch manchmal den Eindruck.«

      August merkte, dass Henrikes Wut noch keineswegs verraucht war.

      »Hast wohl recht«, begann er und überlegte angestrengt, was zu sagen jetzt wohl das Beste wäre. »Vielleicht sollten wir feste Aufgaben verteilen, so nach dem Motto, du räumst den Tisch ab, du die Spülmaschine ein …«

      »… wenn schon mal nicht jeder seinen Scheiß überall einfach so liegen lassen würde. Jeden Tag räume ich hinter allen her, ich hab es satt!«

      Einen Moment war Stille. August näherte sich mit kleinen Schritten seiner Frau. Früher hatte er öfter gekocht, es hatte ihm Spaß gemacht, jedenfalls so zwei, drei Gerichte. Die konnte er. Aber in den letzten Jahren hatte es nachgelassen.Vieles war selbstverständlich geworden, Henrike wirbelte von morgens bis abends. Ein ›Danke‹ sprang dabei selten heraus, was für ihn selbst und für alle restlichen Familienmitglieder galt. Mama macht das schon.

      »Lass uns Aufgaben verteilen. Und wer nicht mitmacht, bekommt Taschengeldkürzung. Gute Worte sind prima, aber Restriktionen helfen, sie zu verstärken«, schlug August vor.

      »Na, du bist ja ein Erziehungsgenie.« Henrike schien aufzutauen. »Jedenfalls kommt das heute Abend auf die Tagesordnung. Und jetzt will ich Tee trinken, ich mach mal welchen.« Damit stand sie auf und wandte sich Richtung Treppe.

      »Ist fertig«, sagte August, der auf diesen Moment gewartet hatte.

      »Das hört sich schon besser an«, Henrike zeigte ein Lächeln, »und das nun nicht nur einmal, sondern öfter, immer öfter.«

      »Ja, ich werde in Zukunft dran denken, versprochen!« August fügte hinzu: »Soll ich am Wochenende nicht mal kochen? Du weißt, mein Gulasch ist sehr gut.«

      »Mann, bist du platt.« Henrike wusste nicht, was sie noch dazu sagen konnte, irgendwie so etwas wie ›Männer sind manchmal so furchtbar banal.‹ Andererseits war der Vorschlag an sich ja gar nicht so schlecht.

      Sie lächelte erneut. »Der Vorschlag ist o. k., Samstag oder Sonntag?«

      »Sonntag, 13 Uhr ist alles fertig.«

      »Da bin ich gespannt.« Mittlerweile waren beide in der Küche angekommen, hatten sich vor ihre Tassen gesetzt, und August schenkte ein.

      »Sieh mal, wie eine sanfte Wolke …«, flötete August. Beide schauten sich einen Moment die Sahne auf der Oberfläche des Tees an, dann küsste August Henrike auf die Stirn.

      »Im Film geht das immer mit Prosecco oder Champagner. Du machst das mit Tee …«

      »Tee ist mindestens genauso gut – vielleicht besser.« August setzte sich, und für ein, zwei Minuten hing jeder seinen Gedanken nach.

      Dann begann August, von seinem Telefongespräch mit Georg Redenius zu erzählen. Er versuchte, so objektiv wie möglich zu sein, verschwieg aber seinen Eindruck nicht, Redenius habe bei einigen Fragen etwas unsicher gewirkt.

      »Wenn er was weiß und an dem, was Wiard gesagt hat, etwas dran ist, und dafür spricht vieles, hat er allen Grund gehabt, unsicher zu sein«, meinte Henrike. »Aber aus den Aussagen kann man nichts konstruieren, was irgendwie Hand und Fuß hätte.«

      »Vielleicht sollte ich ihn mal persönlich in seinem Amt aufsuchen. Ich glaube, er weiß mehr, als er gesagt hat.«

      »Das wird nichts bringen, du bekommst aus dem nichts raus.« August war verblüfft über diese ungewohnt direkte Aussage Henrikes. »Der ist schon sensibilisiert. Mit ihm hat sich Wiard doch gestritten, als er anfing, über den Deich zu reden. Mit Redenius stimmt was nicht. Der weiß mehr, als er zugibt. Wie wär’s, wenn du mit Peter mal einen trinken gehst und ihm sagst, du würdest dich für diese Gerüchte um den Deich interessieren, und ob er seinem Schwager ein bisschen auf den Zahn fühlen könne …«

      »Ob Peter da mitmacht, weiß ich nicht.« August bewunderte Henrikes feste Meinung und die direkten Vorschläge zum Handeln, er selbst war oft viel zu zögerlich. »Aber es ist eine Möglichkeit. Immerhin sind seine Hinweise ja ein Fingerzeig auf das, was Wiard erzählt hat. Zusammen mit den Geschichten, die damals von der drohenden Pleite des Konsortiums in den Zeitungen gestanden haben, ist das eine Sache, die zu Pfusch führen könnte und was weiß ich noch für … für Sauereien.«

      »Ja, und Peter kann noch am ehesten etwas aus seinem Schwager herauskriegen. Ich weiß allerdings nicht, was für ein Verhältnis sie haben.«

      »Och, ich glaube, die verstehen sich ganz gut. Vielleicht nicht die große Schwagerliebe, dazu sind sie zu unterschiedlich, in jeder Hinsicht. Versuchen kann ich’s ja. So unauffällig wie möglich.« August musste ohnehin noch einen zweiten Getreidehänger nach Norden fahren, solange die Preise stimmten, sodass er die Gelegenheit beim Schopfe packen und mit Peter einen Termin für ein Bier im ›Schwarzen Bock‹ vereinbaren konnte. Früher hatte er dort einmal wöchentlich Doppelkopf gespielt, hatte sich allerdings nach dem dritten Kind endgültig aus der Runde zurückgezogen. Zu Hause war jetzt, neben der Arbeit auf dem Hof, zu viel zu tun. Immerhin war er einer der jungen Väter gewesen, die auch mal den Kinderwagen den Deichverteidigungsweg entlang geschoben hatten, oder, bei gutem Wetter, außendeichs.

      »Ich komme aber wieder, so in einem Jahr«, hatte er den anderen gesagt. Inzwischen waren jedoch vier Jahre seit der Geburt seines jüngsten Sohnes vergangen.

      Der ›Schwarze Bock‹ war eine Kneipe, in der sich in den letzten Jahrzehnten nichts verändert hatte. Selbst die Einrichtung war noch haargenau dieselbe. Der Wirt, den alle immer nur ›Joke‹ nannten, war längst über 70 Jahre alt, führte die Kneipe noch, allerdings hatte er den Gastraum um mehr als die Hälfte verkleinert. Einen Nachfolger gab es nicht, man würde für den alten Laden wohl auch keinen finden. So führte er die Kneipe weiter. »Bis ich hinter’m Tresen liege, aber nicht, weil ich duhn bin«, fügte Joke meistens noch hinzu. »Ich mache das, was die Regierung und die Arbeitgeberverbände immer als Allheilmittel gegen die Arbeitslosigkeit und zur Rentensicherung predigen – ich arbeite bis 80. Wenn ich einen Nachkommen hätte, würde ich allerdings nicht mehr hinter dieser gottverdammten Theke stehen …«

      Für den Lebensunterhalt brauchte er die Kneipe nicht mehr, er hatte zeit seines Lebens in die Rentenkasse eingezahlt, das reichte ihm jetzt, auch wenn es, angesichts einer erneuten Nullrunde bei den Renten, nichts würde mit den drei Wochen auf den Malediven, die Jokes Lebenstraum waren. Angesichts der mittlerweile um sich greifenden Billigflüge hatte August ihm vorgeschlagen, er könne doch wenigstens mal nach Mallorca fliegen, aber Joke brachte diese schöne Mittelmeerinsel ausschließlich mit dem Ballermann in Verbindung, was ein Fehler war, denn sie war zweifelsohne überaus schön. Sangria trinken mit überlangen Strohhalmen aus 10-Liter-Eimern, das wäre nichts für ihn. Und ein ordentliches friesisches Pils könne er

Скачать книгу