Die Suche nach der Identität. Hans-Peter Vogt

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Die Suche nach der Identität - Hans-Peter Vogt

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„Mann. Jetzt hab ich endlich verstanden, um was es da geht. Du hast mir sehr geholfen.“

      „Dafür sind Freunde da“, sagte Dennis lapidar. Dann gingen sie in die Küche. Die Freunde waren gerade fertig. Es gab Lamm mit Reis, Salat und Gemüse. „Der Dicke“ wollte ein Bier. Trifter und Dennis begnügten sich mit Wasser. Laura und Conny nahmen, was grade da war, Berliner Schorle.

      Nach dem Essen leckte sich „der Dicke“, der immer noch so dünn war wie eh und je, die Finger. „Kann ich nicht öfter kommen?“ Conny lachte. „Klar. Immer, wenn du willst.“

      „Dass’n Angebot“, sagte „der Dicke“ und grinste, „und nun mal zu dir, Dennis. Bin ich froh, dass du wieder hier bist. Hab schon Gewissensbisse gehabt.“

      Dennis antwortete rund heraus. „Es hat sich gelohnt. Ich bin mit neuen Erkenntnissen wiedergekommen. Wenn ihr mir das erlaubt, dann kann ich jetzt für Conny und die Stiftung viel mehr tun als damals. Es hat also auch sein Gutes. Und nun erzähl mal. Conny soll das jetzt auch mal hören. Conny kann nämlich das Maul halten. Wenn sie’s nicht hören will, soll sie rausgehen.“

      „Der Dicke“ erzählte kurz. Dann kam er auf den Punkt. Das Problem ist deine Illegalität. Dein Aussehen könnten wir verändern. Aber so ein Pass ist nicht so leicht zu besorgen, wie du dir das vorgestellt hast.“

      Dennis winkte ab. Er fragte Trifter: „Was ist mit der Schulpflicht?“ „Is’ vorbei, flötete Trifter. Du bist sechzehn. Du bist frei. Es gibt noch ein mögliches Problem mit der Lehrpflicht, aber das können wir regeln. Du kannst Lehrling bei der Stiftung werden. Das Einzige ist, dass wir deinen Herkunftsnachweis ordentlich dokumentieren. Wir brauchen also Papiere.“

      Dennis nickte. „Hört sich gut an. Nun erzähl mal von meiner Weste.“

      „Mann“, sagte Trifter, „das ist die größte Überraschung. Die haben eine Isotopenbestimmung gemacht. Das ist ein absolut sicheres Verfahren. Und nun halt’ dich fest. Die Weste, der Dolch und das Schwert sind aus dem Jahr 300 vor Christus. Du warst 2300 Jahre zurück in der Vergangenheit.“

      „Die haben die Messung zweimal gemacht, weil sie das nicht glauben wollten. Der Erhaltungszustand spricht dagegen, haben sie gesagt. Wie ist das möglich? Kein bisschen Rost. Über den Stahl haben sie verwundert den Kopf geschüttelt. Sie wussten nicht, dass man damals einen so harten Stahl herstellen konnte. Die Weste, Mann, die haben Rotz und Wasser geheult. Ein 2300 Jahre alter Stoff, der so gut wie neu ist, mit Spuren von Schweiß, die erst ein paar Tage alt sind. Das Blut, dass sie gefunden haben ist allerdings wieder 2300 Jahre alt. Es stammt von verschiedenen Personen. Die waren aus dem Häuschen. Natürlich wollten die wissen, wo das her ist. Und dann noch der Stein. 1 Karat sind 0,2 Gramm. Sie wollten den Stein nicht ablösen und haben das Gewicht geschätzt. Sie kamen auf runde 30 Gramm. Das entspricht 150 Karat. So einen Stein, haben sie gesagt, gibt es nur noch einmal in der Welt. Er kommt aus Indien. Sie konnten nicht sagen, was der wert ist. Jede Schätzung geht da dran vorbei, haben sie gesagt. Das gesamte Schwert hat einen Wert, der in der Welt einmalig sein dürfte, wenn wir mal die Preise für Diamanten oder die Versteigerungspreise bei Christies für eine Preisschätzung heranziehen.“

      „Das Ganze liegt längst im Safe. Nicht mehr in der Stiftung. Nein in einem Banksafe. Hinter einer dicken Panzertür. Kostet uns ein kleines Vermögen, ist aber hundertprozentig sicher.“

      „Außerdem haben sie gesagt, diese Weste da sei indianisch. Genaugenommen aus Südamerika. Auch das konnten sie bestimmen. Nur verstanden sie nicht, warum das so alt ist. Die Inkas lebten vor höchstens 800 Jahren. Davon gibt es verhältnismäßig viele Funde. Man weiß, dass es in Ecuador schon 4000 vor Christus eine Hochkultur gab. Darüber weiß man fast nichts. Dann gab es etwa 850 bis 200 vor Christus noch eine Hochkultur, die sie Chavin de Huánar genannt haben (er las das von einem Zettel ab). Davon gibt es nur wenige Funde. Genaues weiß man nicht. Sie meinten, dass die Stücke wohl am ehesten aus dieser Kultur stammen könnten. Sie ist so alt wie diese Weste.

      Dennis nickte. Dann weiß ich zumindest, wann ich dort war. Ich weiß ja, dass ich in den Anden war. Die Entfernungen dort kann ich nur in ungefähren Tagesmärschen beschreiben. Wenn ich einen Atlas hätte, könnte ich euch wenigstens in etwa zeigen, wo ich war. Conny lief schon raus und kam mit einem Atlas zurück.

      „Moment. Amazonas ist wo? … wie misst man das hier in Kilometern?“ Conny zeigte es ihm. „Naja, nur so ungefähr. Wenn man von hier aus geht.“ Er zeigte dabei ins obere Drittel des Amazonasgebiets, „dann sind das etwa 1500 Kilometer in südwestlicher Richtung. Da gab es Berge, die schätze ich mal 2000 Meter hoch waren oder auch 3500. Vorgebirge. Wie zeigt man diese Entfernung auf dem Atlas?“

      Trifter und Laura rechneten. „Naja“, vollendete Dennis den Satz, „jedenfalls zog sich das Reich von der Grenze von Panama bis in den Süden von Südamerika. Wo das endete, weiß ich nicht genau. Nur die Westküste - also westlich der Anden gehörte nicht dazu.“

      „So riesig“, fragte Laura. Das ist ja fast der ganze Kontinent.“

      Dennis nickte. Dann zeigte er auf die Karte. „Etwa von hier bis hier bin ich gekommen.“ Achselzuckend fügte er hinzu: „Ich bin viel gereist.“ Trifter sah Dennis ungläubig an. „Doch nicht etwa zu Fuß?“

      Dennis lächelte, „ich hatte es bequemer. Ich hab mich tragen lassen. Aber die Indios sind höllisch schnell gewesen.“ Er erzählte von den Läufern, der Sänfte und den Kriegern. „Der Dicke“ war angehender Jurist. Von solchen Sachen hatte er keine Ahnung. Dass so ein Stein, wie Dennis ihn da hatte, besonders geschützt werden musste, das war ihm natürlich klar.

      „Nun noch mal zu der andern Sache“, bat er Dennis um seine Stellungnahme.

      Dennis erzählte, was er sich überlegt hatte. „Ich denke, es ist das Beste, wieder als Dennis aufzutauchen. Mein Aussehen kann ich verändern. „Der Dicke“ weiß wie. Meine Mutter kann sicher beschwören, dass ich Dennis bin. Sie wird noch irgendwo meine Geburtsurkunde haben. Vielleicht kann ich sagen, dass ich damals einfach ausgebüchst bin. Ich hatte die Nase voll. Ich wollte die Welt sehen. Naja. Sowas in der Art, und ich hatte keine Lust, mal einen Brief zu schreiben. Launen eines vierzehnjährigen halt. Dann könnte ich als Dennis wiederaufstehen. Man wird vielleicht einen Frachter oder einen Kapitän finden, der schwört, er habe mich im Schiffsraum mitgenommen. Ich habe meine Überfahrt abgearbeitet. Vielleicht bin ich auch als blinder Passagier mitgefahren. Lasst euch mal was einfallen.“

      Es war minutenlang still. Dann sah Trifter den Dicken an. „Wir können schlecht sagen, wir hätten Dennis auf eine Forschungsreise geschickt. Wir müssen uns eine Geschichte für ihn ausdenken.“

      Der angehende Jurist dachte lange nach. „Die Sache mit der Medikamentenmafia macht mir immer noch Sorgen. Wir sollten Dennis Wiedergeburt nicht an die große Glocke hängen. Vielleicht kann er offiziell in die Dienste von Conny treten. Als ungelernte Kraft. Mülleimer raustragen und so. Natürlich nur offiziell. Jedenfalls sollten wir kein öffentliches Freudenfeuer für Dennis anzünden. Das muss gut vorbereitet werden. Jeder muss auf seinem Posten sein. Vielleicht kann er uns auch eine Postkarte aus Buenos Aires schicken. Die ist ein paar Wochen unterwegs. Dann kann er in zwei Wochen im Hafen von Hamburg abgeholt werden. Sowas lässt sich leicht fälschen und kostet auch nicht viel.“

      Er fuhr fort: „Dann kann seine Mutter beeiden, dass Dennis ihr Sohn ist und alles geht seinen bürokratischen Gang. Laura und Conny tun so, als sterben sie vor Freude, wenn sie ihn wiedersehen. Vielleicht sollten wir aber erst Connys Abitur abwarten, falls es wider Erwarten doch einen Rummel gibt. Dennis war

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