Die Suche nach der Identität. Hans-Peter Vogt

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Die Suche nach der Identität - Hans-Peter Vogt

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waren sie vor Conny wach. Laura brachte Dennis in den neuen Bunker, dann beeilte sie sich, um pünktlich in ihre Schule zu kommen.

      Das Wiedersehen glich einem Tumult. Dennis wurde mit Fragen bombardiert. Sie lachten. Sie waren ausgelassen. Moses fing an zu tanzen und es gab viele neue Mitglieder in der Gruppe der U-Bahnkids. Schließlich rief Bübchen „Alle mal Ruhe. Schluss jetzt. Kann ja keiner ein Wort verstehen. Dennis kommt nicht dazu etwas zu sagen, vor lauter Geplapper. Außerdem gibt’s hier viele Neue, die Dennis nur vom Hörensagen kennen.“ Dann stellte er Dennis alle Kids vor. Er mahnte: “Wenn es jemanden gibt, außer Trifter, Laura und dem Dicken, dem wir alle zu Dank verpflichtet sind, und den wir alle lieben, dann ist das Dennis.“ Er schnitt Dennis Einwand ab. „Halt die Klappe. Wir haben dir alle viel zu verdanken. Ich weiß, dass du das nicht gern hörst. Also, lass mich das einmal sagen. Ich sprech auch nie wieder drüber.“ Zu den Neuen gewandt, sagte Bübchen: „Wenn ihr jemanden braucht, der euch zuhört, dann wendet euch an Dennis.“

      Jonas wollte auch etwas sagen. Er wurde von Dennis unterbrochen. „Das ist zuviel der Ehre“, sagte Dennis. „Ich war immer nur einer von euch und ihr wisst das. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr wart es, die mir den Weg gezeigt habt. Ich habe euch zu danken, nicht umgekehrt.“

      Jonas machte eine Bewegung die ausdrückte, „seht ihr, das ist es, was Bübchen meinte. So ist er…“, aber er kam nicht dazu, das auszusprechen. Trifter kam gerade durch die Tür.

      „Heute ist Schule“ sagte er. Zu Dennis gewandt, fragte er: „Schon einander vorgestellt?“ „Naja meinte Dennis. Ein paar Worte muss ich wohl noch sagen. Ich sehe da lauter Fragezeichen sitzen.“

      Dann begann Dennis in groben Zügen zu erzählen, wo er gewesen war und dass es ihm nicht möglich war, Kontakt mit den Kids aufzunehmen. „Aber“, fügte er hinzu. „Wie ich angedeutet habe, habe ich dort unten einige Schulen gegründet. Alle diese Schulen waren euerm Schulkonzept nachempfunden. Damit sind wir auch schon bei unsrer Schule. Ich selbst habe zwei Jahre lang keine „normale“ Schule gesehn. Ich bin nicht traurig darum. Es gibt wichtigeres.“ Er hörte einiges Gelächter. „Aber…“, Dennis hob den Zeigefinger. „Schule ist nicht Schule. Unsere Schule der Kids habe ich genossen. Sie hat mir geholfen das Leben da unten besser zu verstehen. Ich möchte, wenn es geht, jetzt regelmäßig an eurer Schule teilnehmen und ich glaube, ich kann euch auch einiges erzählen. Die Welt ist viel größer, als dieses kleine Berlin.“

      Trifter lachte und sagte, „gut gebrüllt, Löwe. Aber lasst uns jetzt beginnen. Es gibt noch einiges zum Thema Banken, Zahlungsverkehr, Rechtsgeschäfte zu lernen. Außerdem müssen wir uns dringend dem Thema Computer widmen. Fast alle von euch haben inzwischen ein Handy. Ihr wisst, dass ihr damit sehr vorsichtig sein müsst. Handys kann man orten. Dasselbe gilt für Computer. Sie haben eine IP Nummer. Über die kriegt man heraus, wer der andere ist und wo er sich gerade befindet. Also. Wenn ihr einen Computer benutzt, dann entweder offline oder in einem öffentlichen Raum, wie einer Bibliothek, einer Schule, einem Internetladen oder einer Uni.“

      Er lächelte ein wenig. „In Schulen kann man einsteigen. Kostet nichts. Muss aber immer jemand Schmiere stehen. Denkt immer an gute Fluchtwege. Vergesst nicht: Fast alle von uns sind illegal. Wir dürfen uns nicht erwischen lassen. Im Zeitalter der Elektronik ist das viel schwieriger geworden als früher. Wir haben auf diesem Gebiet lange geschlafen. Wir dürfen uns nur sehr vorsichtig rantasten. Ach und übrigens. Auch Dennis ist inzwischen Illegal. Also bleibt es unter uns, dass er lebt. Klar?“

      Das war der Auftakt für den Unterricht.

      4.

      Nach der Schule nahm Trifter Dennis auf die Seite. „Dir ist klar, dass das gefährlich ist, wenn du da rumgurkst?“

      Dennis nickte. „Eingesperrt sein ist schlimmer als der Tod und vor dem fürchte ich mich nicht mehr.“

      Er fuhr fort, „gibt es eigentlich eine Schulpflicht für mich? Ich bin ja jetzt über sechzehn. Außerdem will ich „den Dicken“ bald sehen. Sobald du etwas über meine Weste weißt.“

      „Ich werd mich erkundigen“, sagte Trifter. „Sei vorsichtig. Die Weste ist in Arbeit. Das dauert ein paar Tage. „Den Dicken“ bring ich dann mit. Erreiche ich dich noch bei Conny?“ Diesmal nickte Dennis. „Willst du noch ein bisschen Wiedersehen feiern“, fragte Trifter. Dennis nickte wieder.

      „Dann schick ich zwei Kids, um Kuchen, Schoko und Milch zu organisieren. Bist du einverstanden?“ Dennis nickte erneut und Trifter fügte hinzu. „Ich muss jetzt weg. Bleib vorsichtig, fahr erst heute abend. Benutz’ alles zu deiner Tarnung. Schlag Haken, mach dich unsichtbar. Ich will dich nicht noch mal verlieren. Ich brauche dich.“

      Dennis hörte das nun schon zum zweiten Mal. Es schien wirklich nicht alles so zu laufen, wie es sollte.

      Er blieb an diesem Nachmittag im Bunker. Die Schule wurde während des Kuchenessens einfach wieder aufgenommen, diesmal ohne Trifter. Dennis erzählte von Südamerika. Er erzählte von anderen Kulturen und Lebensweisen. Er wurde oft unterbrochen. Die Kids fanden das hoch spannend. Dennis erzählte auch von seinen eigenen Kindern. Er sah keinen Grund, das zu verheimlichen. Auch das fanden die Kids hochinteressant. „Der Tod, erzählte Dennis „hatte dort unten eine ganz andere Bedeutung. Sicher, jeder will Leben. Anders war das auch dort nicht. Aber wenn dir von deinen Kindern zwei, fünf oder acht wegsterben und vielleicht nur eins oder zwei überleben, dann bekommt ihr eine andere Meinung vom Leben. Der Tod ist allgegenwärtig. Die Menschen da unten haben gelernt, damit zu leben. Vor dem Tod darf man sich nicht fürchten.“

      Das war für die Kids eine erschreckende Wahrheit. Es gab viele Fragen. „Alles kann ich euch nicht beantworten“, fügte Dennis hinzu. „Ihr wollt mehr wissen, doch ich weiß, dass ihr euch viele dieser Fragen nur selbst beantworten könnt. Jeder auf seine Weise. Denkt darüber nach. Sprecht darüber mit eurem Freund oder (er lächelte) mit eurer Freundin. Findet eure eigene Lösung. Vielleicht gibt es in den nächsten Wochen mal die Gelegenheit einen ganzen Vormittag über dieses Thema zu reden.“

      Ohne Dennis Zutun bildeten sich Gruppen, die weiter darüber diskutierten. Er sah einige der Kids, die sich etwas zurückzogen und still in der Ecke saßen. Für ein paar von ihnen war das Aufregung genug. Sie wollten jetzt Action.

      Dennis ließ sie gehen.

      Es war eine ganz eigene Art von Schule, die gerade eben entstanden war. Die Schule des Lebens, wie Dennis die Schule der Kids heimlich nannte, war um ein neues Fach reicher geworden. Um das Fach „Lebensphilosophie“. Dennis war zufrieden. Es war ein guter Haufen. Die Alten und die Neuen. Er liebte diese Kids.

      5.

      Am Abend fuhr Dennis zu Conny. Er achtete strikt auf die Anweisungen. In einer dunklen Straße erlaubte er sich, den Straßenzug zu wechseln, indem er sich mit der Hilfe seines Bruders zwei Straßen weiter beamte. Diesmal ging alles ganz ohne Lichtschein ab.

      Conny hatte nach dem Mittagessen gelernt und sich dann wieder ihrem Geigenspiel gewidmet. Sie wollte nicht Reden und auch Dennis hatte keine Lust. Er vertiefte sich in seinen Büchern und las auch den ganzen nächsten Vormittag weiter.

      Als Conny eine kurze Pause machte, bat er sie: „Kennst du Susis Telefonnummer?“ Conny nickte. „Kannst du sie herbitten? Ich möchte sie sehen. Ich muss schließlich Stück für Stück mein alten Leben wieder aufnehmen.“

      Conny sagte nur, es sei dringend. Susi wusste die Adresse.

      Als

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