Europäisches Prozessrecht. Christoph Herrmann
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Die Errichtung von Fachgerichten ist der EU freigestellt. Als bisher einziges Fachgericht wurde im Jahr 2005 das Gericht für den öffentlichen Dienst (GöD) errichtet. Im Rahmen der Reform des Gerichtshofs wurde das GöD im Jahr 2016 wieder aufgelöst und seine Zuständigkeit an das EuG übertragen.
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Bei funktionaler Betrachtungsweise stellen darüber hinaus die mitgliedstaatlichen Gerichte einen Teil der Unionsgerichtsbarkeit dar, soweit sie die Anwendung und Wahrung des Unionsrechts in den nationalen Rechtssystemen, insbesondere im Rahmen des indirekten und mittelbaren Vollzugs des Unionsrechts gewährleisten (vgl. Rn. 49) Auch als Akteure im Vorabentscheidungsverfahren werden die mitgliedstaatlichen Gerichte nicht zu Organteilen des GHEU, sondern verbleiben in der Organisations- und Personalhoheit der Mitgliedstaaten.
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Selbst auf völkervertragsrechtlicher Grundlage errichtete gemeinsame Gerichte von EU-Mitgliedstaaten können Teil des unionalen Rechtsschutzsystems werden, wenn sie die Stellung mitgliedstaatlicher Gerichte einnehmen und der Wahrung des Unionsrechts dienen (vgl. Rn. 425). Problematisch ist diesbezüglich vor allem, inwieweit das gerichtsschaffende Völkerrecht die Monopolstellung des GHEU zur Wahrung der Einheitlichkeit des Unionsrechts berücksichtigt, und ob mitgliedstaatlichen Gerichten im Zuständigkeitsbereich dieser internationalen Gerichte die Vorlageberechtigung genommen werden kann.[7] Die bevorstehende Errichtung eines Einheitlichen Patentgerichts durch das Europäische Patentgerichtsübereinkommen[8], das die verstärkte Zusammenarbeit einiger EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf ein einheitliches EU-Patent flankiert, wirft u.a. eben diese Fragen auf.
I. Gerichtshof (EuGH)
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Der Gerichtshof (ursprünglich: Europäischer Gerichtshof) wurde durch den EGKS-Vertrag im Jahr 1952 gegründet. Im Jahr 1958 wurde er für die EWG und die EAG errichtet und durch das Fusionsabkommen von 1957[9] zugleich rechtlich für alle drei Gemeinschaften vereint. Er war bis zur Errichtung des Gerichts erster Instanz als einziges Gericht zugleich EU-Organ, was später eine Differenzierung zwischen dem Organ (GHEU) und den das Organ konstituierenden Gerichten (auch als Teilorgane bezeichnet) notwendig machte.
1. Zusammensetzung
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Der Gerichtshof besteht aus 28 (bzw. ggfs. 27 nach dem Brexit) Richtern und elf Generalanwälten. Sie werden jeweils von einem eigenen Mitarbeiterstab, den sog. Kabinetten, unterstützt. Daneben sorgt der Kanzler (Art. 253 V AEUV, Art. 18 ff. VerfO-EuGH) als „Generalsekretär“ des Gerichtspräsidenten mitsamt der Verwaltung des Gerichtshofs für die Erledigung der gerichtsorganisatorischen Aufgaben (vgl. Art. 20 VerfO-EuGH).
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Die Richter des EuGH, einer je Mitgliedstaat (Art. 19 II EUV), werden von den Mitgliedstaaten im Europäischen Rat einvernehmlich und für sechs Jahre ernannt. Zuvor gibt der in Art. 255 AEUV vorgesehene Ausschuss seine nicht verbindliche Stellungnahme zur Eignung der Bewerber für die Ausübung des fraglichen Amtes ab. Die Richter müssen jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder sonst hervorragend befähigt sein (Art. 253 I AEUV). Die Richter des Gerichtshofs wählen aus ihrer Mitte für die Dauer von drei Jahren den Präsidenten des Gerichtshofs mit der Möglichkeit der Wiederwahl (Art. 253 III AEUV). Der Präsident leitet die rechtsprechende Tätigkeit sowie die Verwaltung des Gerichtshofs und führt den Vorsitz in den Sitzungen und bei den Beratungen der größten Spruchkörper.
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Elf Generalanwälte unterstützen den Gerichtshof. Unter ihnen ist der sog. „Erste Generalanwalt“ u.a. dafür zuständig, die Rechtssachen auf die Generalanwälte zu verteilen, bei Verhinderungen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen und das Überprüfungsverfahren vor dem EuGH (vgl. Rn. 568 ff.) einzuleiten. Die Generalanwälte erstellen in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ihre Schlussanträge. Das sind Rechtsgutachten in den Rechtssachen, die den Generalanwälten zugewiesen sind (Art. 252 AEUV). Darin analysieren die Generalanwälte die einschlägige Rechtsprechung und Literatur in ausführlich begründeten Stellungnahmen und unterbreiten dem zuständigen Spruchkörper einen unverbindlichen Entscheidungsvorschlag. Die Schlussanträge werden zum Abschluss der mündlichen Verfahrensphase gestellt, soweit sie nicht ausnahmsweise entfallen, weil die Rechtssache keine neuen Rechtsfragen aufwirft (Art. 20 S. 5 und 6 GHEU-Satzung). Die Generalanwälte fungieren somit als Berater der Richterschaft. Mit den Schlussanträgen tragen sie gleichfalls zum besseren Verständnis der anschließenden Urteile bei. Auch wenn in der Öffentlichkeit oftmals der Eindruck vermittelt wird, mit den Schlussanträgen sei ein Verfahren „so gut wie entschieden“, weil der Gerichtshof den Schlussanträgen in der großen Mehrzahl der Fälle folgt, darf nicht übersehen werden, dass der Gerichtshof sich gerade in komplizierten und bedeutenden Fällen häufig nicht der Auffassung der Generalanwälte anschließt.
2. Spruchkörper
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Der Gerichtshof kann im Plenum, als Große Kammer (15 Richter) oder als Kammer mit drei oder fünf Richtern tagen. Im Plenum tagt er in besonderen, in Art. 16 IV f. GHEU-Satzung vorgesehenen Fällen (u. a. Rechtssachen von außergewöhnlicher Bedeutung). Er tagt als Große Kammer, wenn ein Mitgliedstaat oder ein Organ als Partei des Verfahrens dies beantragt, sowie in besonders komplexen oder bedeutsamen Rechtssachen (Art. 16 III GHEU-Satzung, Art. 60 I VerfO-EuGH). In den übrigen Rechtssachen entscheiden Kammern mit drei oder fünf Richtern. Welcher Spruchkörper eine Rechtssache behandelt und zum Abschluss bringt, entscheidet die Generalversammlung des Gerichtshofs. Diese Entscheidung wird regelmäßig bereits durch die Zuweisung an einen Vorberichterstatter determiniert, die der Präsident vornimmt (Art. 15 I VerfO-EuGH).[10]
II. Gericht (EuG)
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Das Gericht wurde zunächst als Gericht erster Instanz im Jahr 1989 errichtet[11] und mit dem Vertrag von Maastricht in Art. 168a EG-Vertrag (Maastricht) primärrechtlich verankert.[12] Es fungiert u.a. als erstinstanzliche Tatsacheninstanz unter dem EuGH, der folglich die Rechtsmittelinstanz darstellt.
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Das Gericht befindet sich am Ende eines Reformprozesses, durch den die Dauer der Verfahren vor dem Gericht deutlich verringert werden soll. Dazu ist eine schrittweise Erhöhung der Richterstellen auf zwei Mitglieder je Mitgliedstaat im Jahre 2019 geplant (Art. 48 GHEU-Satzung).[13] Nach Ansicht von Kritikern greift der bloße Zuwachs an Richterstellen zu kurz, um die unionale Rechtsprechung effektiver zu machen. Dazu bedürfe es u.a. verbesserter Arbeitsabläufe und einer Reform des gesamten GHEU.[14]
1. Zusammensetzung
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