Europäisches Prozessrecht. Christoph Herrmann

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Aufsichtsklage gegen Deutschland einzuleiten. Laut der Kommission hätte die Einführung der Pkw-Maut bei gleichzeitiger Senkung der Kfz-Steuer für deutsche Kfz-Halter de facto dazu geführt, dass Gebühren in diskriminierender Weise nur für ausländische Kraftfahrzeughalter anfielen. Das deutsche Verkehrsministerium argumentierte hingegen, dass alle Pkw-Halter eine Infrastrukturabgabe leisten müssten. Der Union seien nicht die entsprechenden Kompetenzen übertragen worden, um auf die deutsche Steuererhebung derart einzuwirken.[22]

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      Nach Art. 258 AEUV muss mit dem Mahnschreiben keine Frist zur Stellungnahme gesetzt werden. Damit der betroffene Mitgliedstaat einschätzen kann, wann frühestens mit der Versendung der begründeten Stellungnahme der Kommission zu rechnen ist, sollte das Mahnschreiben dennoch aus Gründen der Rechtssicherheit mit einer Frist versehen werden. In der Praxis beträgt diese Frist üblicherweise zwei Monate. In dieser Zeit kann der Mitgliedstaat sich in einer begründeten Gegendarstellung zu den Vorwürfen der Kommission äußern, muss dies aber nicht tun.

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      Beispiel:

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      Die von der Kommission in Fall 1 erhobene Aufsichtsklage gegen die BRD stellt ein Vertragsverletzungsverfahren dar, vor dem nach Art. 258 AEUV ein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt werden musste. Dabei ist es unschädlich, dass kein sog. EU-Pilotverfahren durchgeführt wurde. Dieser informelle Dialog zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat ist nicht Teil des zwingend durchzuführenden Vorverfahrens, zumal dem Mitgliedstaat darin wiederholt Gelegenheit gegeben wird, den behaupteten Unionsrechtsverstoß abzustellen.

      Das Mahnschreiben der Kommission (Art. 258 I Hs. 2 AEUV) ging der BRD im November 2017 zu. Die Kommission teilte der BRD schriftlich mit, dass das Nationalitätserfordernis ihrer Auffassung nach gegen das Unionsrecht verstoße. Der BRD wurde mitgeteilt, dass ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werde und ihr wurde eine Frist von zwei Monaten zur Stellungnahme gesetzt. Die BRD musste von dieser Gelegenheit keinen Gebrauch machen. Die Kommission gab im Februar 2017, d.h. nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist, die in Art. 258 II AEUV vorgesehene begründete Stellungnahme ab, mit der die BRD unter Fristsetzung dazu aufgefordert wurde, den Vertragsverstoß abzustellen. Allerdings ergänzte die Kommission ihren Vortrag um den Hinweis auf den unionsrechtswidrigen Tätigkeitsvorbehalt für Notare. Insoweit lässt sich vertreten, dass bereits das Vorverfahren fehlerhaft war und die Klage damit hinsichtlich des in der begründeten Stellungnahme erstmalig erhobenen Vorwurfs unzulässig ist. Nach anderer Auffassung handelt es sich hierbei um eine Frage des Klagegegenstandes (vgl. Rn. 182 ff.).

      Somit wurde grundsätzlich ein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt.

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