Verfassungsprozessrecht. Christian Hillgruber

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Verfassungsprozessrecht - Christian Hillgruber Schwerpunkte Pflichtfach

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sein. Die tragenden Entscheidungsgründen gehören daher zu den arcana imperii; ihre alleinige Kenntnis bildet das Herrschaftswissen des BVerfG, mittels dessen es seine Verfahrensherrschaft (s. dazu Rn 21 ff) ausübt.

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      Die Verbindlichkeit der Verfassungsauslegung durch das BVerfG macht dieses Gericht nicht zum authentischen Interpreten der Verfassung, wodurch es Anteil an der Verfassungsgesetzgebung hätte; da ihm die Verfassung als Maßstab vorgegeben ist, kann es nicht zugleich selbst über sie verfügen. Wohl aber liegt bei ihm die Kompetenz zur autoritativen, letztverbindlichen Auslegung des Grundgesetzes, was ihm die im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Interpretationsherrschaft verschafft.

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      Das BVerfG besitzt kein Interpretationsmonopol hinsichtlich der Verfassung, aber in Sachen Auslegung der Verfassung das maßgebliche letzte Wort. Die anderen Verfassungsorgane sind dagegen lediglich zur Erst- oder Zweitinterpretation der ihr Handeln verfassungsrechtlich determinierenden Grundgesetzbestimmungen berufen. Der vom BVerfG (BVerfGE 106, 310 ff) abschließend entschiedene Streit um das wirksame Zustandekommen des so genannten Zuwanderungsgesetzes macht dies deutlich. Die Interpretation der hier maßgeblichen Vorschrift des Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG lag zunächst in der Hand des Bundesrates, genauer: in der Hand des die Verhandlungsleitung innehabenden und die vom Bundesrat gefassten Beschlüsse feststellenden Präsidenten des Bundesrates, sodann – in Zweitinterpretation – beim Bundespräsidenten, der vor Entscheidung über die Ausfertigung des Gesetzes dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen gemäß Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG prüfen musste. Das entscheidende letzte Wort gebührte dann dem in einem abstrakten Normenkontrollverfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr 2 GG angerufenen BVerfG.

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      Denkt man sich das „(Verfassungs-)Haus ohne Hüter“, also die Institution des BVerfG, wie sie das GG verfasst hat, einmal hypothetisch weg, dann unterläge zwar die Verwaltung wegen der Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG einer gerichtsförmigen Kontrolle am Maßstab auch der Verfassung, und auch die anderen Fachgerichte könnten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten aufgrund ihrer unmittelbaren Bindung an die Grundrechte und die Verfassung im Ganzen (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG) deren Unverbrüchlichkeit verbürgen. Der parlamentarische Gesetzgeber wäre aber keiner prinzipalen Kontrolle unterworfen, und Gesetze könnten, sofern sie nicht in Individualrechte eingreifen und dagegen fachgerichtlicher Individualrechtsschutz mobilisiert werden kann, nicht auf ihre objektive Übereinstimmung mit der Verfassung überprüft werden. Daher liegt in der Einrichtung einer Verfassungsgerichtsbarkeit, welche die umfassende Zuständigkeit für eine abstrakte und konkrete, prinzipale und inzidente, unmittelbare und mittelbare Kontrolle von formellem Gesetzesrecht besitzt, eine partielle Entmachtung des Gesetzgebers. Nur der verfassungsändernde Gesetzgeber kann – als authentischer Interpret der Verfassung – der verbindlichen Interpretation des Grundgesetzes durch das BVerfG wirksam entgegentreten. Aber auch er muss gewärtigen, verfassungsgerichtlicher Kontrolle, wenn auch nur am eingeschränkten Maßstab des Art. 79 Abs. 3 GG, unterworfen zu werden.

      § 1 Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland › IV. Das Bundesverfassungsgericht – Herr des Verfahrens?

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      Das BVerfG hat sich wiederholt, seit Beginn seiner Rechtsprechung, als „Herr seiner Verfahren“ bezeichnet (vgl BVerfGE 13, 54, 94; 36, 342, 357; 60, 175, 213). Es leitet diesen Herrschaftsanspruch insbesondere aus der für sich reklamierten Stellung als Verfassungsorgan ab.

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