BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
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3. Deliktsrecht
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Das Deliktsrecht steht grundsätzlich selbstständig neben der vertraglichen Haftung des Verkäufers für Mängel aufgrund der §§ 434 ff. Erfüllt das Verhalten des Verkäufers zugleich einen Deliktstatbestand, so hat der Käufer daher die Wahl, ob er gegen den Verkäufer nach Kaufrecht oder nach Deliktsrecht vorgehen will, sodass der Käufer z. B. im Falle arglistiger Täuschung zwischen den Rechten aus cic, aus den §§ 434 ff, aus § 123 und aus Deliktsrecht (§§ 823 Abs. 2, 826) wählen kann (o. Rn 35, 50, 53)[140]. Ebenso ist die Rechtslage, wenn der Verkäufer zugleich Hersteller ist. Die dann gegebenenfalls eingreifende Produzentenhaftung aufgrund des § 823 oder des ProdHaftG ist gleichfalls unabhängig von der Verkäuferhaftung aufgrund der §§ 437 ff (s. u. § 23 Rn 13 ff).
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Ein besonderes Problem bilden im vorliegenden Zusammenhang die Schäden, die an der Kaufsache selbst entstehen. Hier ist davon auszugehen, dass die bloße Lieferung einer mangelhaften Sache noch keine Eigentumsverletzung darstellt (§ 823 Abs. 1). Dasselbe gilt im Regelfall, wenn die mangelhafte Kaufsache in eine umfassendere Gesamtsache eingefügt wird und dort lediglich eine Funktionsstörung, jedoch keine Beschädigung der Gesamtsache hervorruft[141]. Anders verhält es sich erst in den Fällen der Substanzverletzung. Zu denken ist hier vor allem an Fälle, in denen eine im Übrigen einwandfreie (Gesamt-)Sache nach ihrer Lieferung infolge der Mängel eines untergeordneten Einzelteils zerstört wird (sog. „Weiterfressen“ des Schadens). In derartigen Fällen tendiert die Rechtsprechung heute zum Rückgriff auf das Deliktsrecht neben den Gewährleistungsregeln, sofern der Schaden nicht mit dem bloßen, nach § 441 zu ermittelnden Minderwert der Sache infolge des Mangels stoffgleich ist, sondern darüber hinausgeht[142]. Ein Beispiel ist die Beschädigung eines Kraftfahrzeugs bei einem Unfall, der auf mangelhaften Reifen oder auf einem schadhaften Gaszug beruht[143]. Ebenso ist es zu beurteilen, wenn eine komplizierte Maschine infolge des Ausfalls eines einzelnen Schalters explodiert[144], sowie überhaupt, wenn mit bisher einwandfreien Einzelteilen mangelhafte Teile verbunden werden, sofern infolgedessen die einwandfreien Teile in ihrer Funktionsfähigkeit oder in ihrem Wert beeinträchtigt werden[145].
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Die geschilderte Rechtsprechung (Rn 55) ist vor allem wegen der mit der Unschärfe der verwandten Kriterien notwendigerweise verbundenen Rechtsunsicherheit in ihrer Berechtigung umstritten. Im Schrifttum wird deshalb zT ebenso wie bei der Anfechtung und bei der cic ein Vorrang der kaufvertraglichen Regelung der Sachmängelhaftung vor dem Deliktsrecht befürwortet, um sonst unvermeidliche Wertungswidersprüche zu vermeiden.[146] Tatsächlich fehlt indessen auch hier jeder Hinweis im Gesetz auf einen derartigen Vorrang des Kaufrechts vor dem Deliktsrecht. Es besteht vielmehr ebenso wie sonst Anspruchskonkurrenz. Für den Käufer hat dies den Vorteil, auch in den kritischen Fällen nach Deliktsrecht, und zwar in den Verjährungsfristen der §§ 195 und 199, sofort Schadensersatz verlangen zu können (§§ 823, 271).
Teil I Veräußerungsverträge › § 5 Rechte des Käufers › XI. Anhang: Haftungsschema beim Kauf
XI. Anhang: Haftungsschema beim Kauf
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I. | Hauptleistungspflichten des § 433 Abs. 1 S. 1, d. h. Übergabe und Eigentumsverschaffung: Die Rechtsfolgen richten sich bei Leistungsstörungen nach den allgemeinen Vorschriften, sodass es darauf ankommt, ob anfängliche oder nachträgliche Unmöglichkeit oder Verzug vorliegt: 1. Unmöglichkeit a) anfängliche (schon bei Vertragsabschluss vorliegende): § 311a Abs. 2 iVm §§ 281 und 284 b) nachträgliche (aus der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Gefahrübergang, s. Rn 3): §§ 275, 276, 283 und 284 2. Leistungsverzögerung a) Schadensersatz: §§ 280 Abs. 2, 286 und 281 b) Nutzungsausfallsschäden: § 280 Abs. 1 (Rn 27) c) Mangelfolgeschäden: §§ 437 Nr 3, 280 Abs. 1, 276 (ohne Nachfrist) |
II. | Unbehebbare Mängel (qualitative Unmöglichkeit) 1. anfängliche (schon bei Vertragsabschluss vorliegende) a) erhebliche: (1) Rücktritt: §§ 437 Nr 2, 326 Abs. 5, 323 (2) Schadensersatz: §§ 437 Nr 3, 311a Abs. 2 S. 3, 281 Abs. 1 S. 3 b) unerhebliche: (1) Minderung: §§ 326 Abs. 1 S. 1 HS 2, 441 analog (2) kleiner Schadensersatz: § 280 Abs. 1 2. nachträgliche (aus der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Gefahrübergang) a) erhebliche: (1) Rücktritt: §§ 437 Nr 2, 326 Abs. 5, 323 (2) Schadensersatz: §§ 437 Nr 3, 283, 281, 276 b) unerhebliche: (1) Minderung: §§ 437 Nr 2, 326 Abs. 1 S. 1 HS 2, 441 (2) kleiner Schadensersatz: §§ 437 Nr 3, 280 Abs. 1 |
III. | Behebbare Mängel 1. vor Gefahrübergang (s. Rn 3): a) Zurückweisung der Sache ohne Gefahr des Annahmeverzugs (§§ 266, 242) + Geltung der allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen (§§ 433 Abs. 1 S. 2, 320). b) erhebliche Mängel: Erfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 S. 2), Rücktritt und Schadensersatz nach den §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1, 276 c) unerhebliche Mängel: Erfüllungsanspruch nach § 433 Abs. 1 S. 2, kleiner Schadensersatz (§ 280 Abs. 1), Minderung (§§ 437 Nr 2, 323 Abs. 5 S. 2) 2. nach Gefahrübergang a) Vorrang der Nacherfüllung (§§ 437 Nr 1, 439) b) Nach Fristsetzung Rücktritt, Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz (§§ 437 Nrn 2 und 3, 280, 281, 276, 323, 326 Abs. 5 und 441), soweit nicht einer der zahlreichen Ausnahmefälle eingreift, in denen eine Fristsetzung entbehrlich ist (§§ 275, 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 und 440). c) Schädigung des Käufers durch die bereits gelieferte mangelhafte Sache: § 280 Abs. 1 |
IV. | Verletzung von Nebenpflichten Insbesondere von Warn-, Aufklärungs- und Hinweispflichten: § 280 Abs. 1. |
Anmerkungen