Allgemeines Verwaltungsrecht. Mike Wienbracke
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Sofern auf die Leistung der Behörde ein Anspruch besteht, kann gem. § 56 Abs. 2 VwVfG zudem
5. | nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsakts Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG sein kann. |
6. Fehlerfolgen
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Wird ein Verwaltungsvertrag trotz Verstoßes gegen eine Rechtsvorschrift abgeschlossen, so ist bzgl. der Fehlerfolgen – ebenso wie beim Verwaltungsakt (Rn. 251) – zwischen bloßer Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit zu unterscheiden.[221] Liegt einer der in § 59 VwVfG abschließend genannten Nichtigkeitsgründe vor, so ist der Verwaltungsvertrag unwirksam und keine der Parteien ist zur Leistung nach diesem verpflichtet. Ist diese bereits erbracht, so erfolgt die Rückabwicklung über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch[222], auf den die §§ 812 ff. BGB nur z.T. analog anzuwenden sind. Insbesondere § 817 S. 2 BGB kann insoweit weder unmittelbar noch entsprechend – auch nicht über § 62 S. 2 VwVfG – herangezogen werden. Denn diese Bestimmung widerspricht dem das öffentliche Recht prägenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Rn. 8 ff.), da sie den durch gesetzeswidrige Vermögensverschiebung erreichten Zustand festschreibt. Aus diesem Grund hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zudem auch § 818 Abs. 3, 4 und § 819 Abs. 1 BGB für nicht anwendbar auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erklärt; Entsprechendes gilt ferner im Hinblick auf § 814 BGB, auch in Bezug auf die Leistung des Bürgers an die Verwaltung.[223] Ein aufgrund eines nichtigen Verwaltungsvertrags erlassener Verwaltungsakt ist rechtswidrig.
Beispiel
Sofern sich die Nebenabrede in dem in Rn. 98 gebildeten Beispielsfall gem. § 59 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG als nichtig erweisen sollte, stünde A gegen L ein Erstattungsanspruch i.H.v. 7200 € zu, weil A diesen Betrag dann ohne Rechtsgrund (causa) an L geleistet hat. Dieser Erstattungsanspruch teilt als gleichsam umgekehrter Leistungsanspruch (Kehrseite) dessen Rechtsnatur. Da der in der Nebenabrede geregelte Leistungsanspruch von L gegenüber A auf Zahlung von monatlich 150 € als öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.v. § 54 VwVfG dem öffentlichen Recht angehört, ist demnach also auch der auf Erstattung eben dieser Zahlungen gerichtete Anspruch des A gegen L öffentlich-rechtlicher Natur und daher vorbehaltlich des Eingreifens einer aufdrängenden Sonderzuweisung wie derjenigen des § 126 Abs. 1 BBG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG gemäß der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht geltend zu machen.
Hinweis
Sollte eine Rückabwicklung der von der Behörde erbrachten Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich geworden sein, so steht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) dem auf die Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags gestützten Erstattungsanspruch des Bürgers grundsätzlich nicht entgegen. „Müsste der […] auf eine Geldleistung gerichtete Erstattungsanspruch des Bürgers [nämlich] bereits daran scheitern, dass die Behörde […] die ihr obliegende Leistung unwiederbringlich und unwiderrufbar erbracht hat, würde die gesetzlich angeordnete Sanktion der Nichtigkeit des Vertrages in einer Vielzahl von Fällen rechtlich wirkungslos bleiben. Der Grundsatz von Treu und Glauben erhielte damit eine rechtliche Tragweite, die mit dem Regelungsanspruch des § 59 […] VwVfG nicht vereinbar wäre […]. Es müssen vielmehr besondere, in der Person oder im Verhalten des Erstattung begehrenden Bürgers liegende Umstände hinzutreten, die das Rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen.“[224]
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Unterfällt der Rechtsverstoß dagegen keiner der in § 59 VwVfG erwähnten Fälle, so ist der Verwaltungsvertrag zwar weiterhin rechtswidrig, aber gleichwohl wirksam – und bleibt dies auch. Insoweit unterscheiden sich die Fehlerfolgen des schlicht rechtswidrigen Verwaltungsakts einerseits und des schlicht rechtswidrigen Verwaltungsvertrags andererseits dramatisch. Während Ersterer aufgrund seiner (schlichten) Rechtswidrigkeit aufhebbar ist (Rn. 251), ist Letzterer trotz seiner (schlichten) Rechtswidrigkeit grundsätzlich dauerhaft wirksam. Er bildet den Rechtsgrund (causa) für die Verpflichtung zur Erbringung der jeweiligen Leistung, welche trotz ihrer Gesetzesinkongruenz rechtmäßig ist (vgl. Rn. 104). Verpflichtet sich die Behörde vertraglich etwa zum Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsakts und ist der zugrundeliegende Verwaltungsvertrag mangels Einschlägigkeit eines Nichtigkeitsgrundes (Rn. 112) nicht nichtig, d.h. wirksam, so muss die Behörde den rechtswidrigen Verwaltungsakt in Erfüllung des (schlicht) rechtswidrigen, aber dennoch gültigen Verwaltungsvertrags erlassen. In Anbetracht der in § 59 VwVfG getroffenen Regelung sowie des dem Gesetzgeber im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG zustehenden Spielraums, wie er den gebotenen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, wird dieses strikte Wirksamkeitsmodell überwiegend[225] für verfassungskonform gehalten. Bedeutung hat die schlichte Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsvertrags daher nur für die Geltendmachung von Sekundäransprüchen (auf Schadensersatz), nicht aber im Hinblick auf die hiervon unberührt bleibende Primärleistungspflicht (Vertragserfüllung).
JURIQ-Klausurtipp
In nahezu jeder Klausur, die einen öffentlichen-rechtlichen Vertrag zum Gegenstand hat, spielt § 59 VwVfG eine Rolle – und zwar typischerweise im Hinblick auf einen gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV verstoßenden öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrag (Rn. 118 und Rn. 321).[226]
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Eine Ausnahme vom vorstehenden Grundsatz des pacta sunt servanda ist in § 60 VwVfG für den Wegfall der Geschäftsgrundlage[227] vorgesehen (vgl. auch § 313 BGB). Haben sich die – tatsächlichen oder rechtlichen – Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend waren, seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei gem. § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG primär eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen (Anpassungsanspruch[228]). Nur sofern dies nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, besteht ein Kündigungsrecht. Unabhängig hiervon kann die Behörde den Vertrag gem. § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG auch deshalb kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG liegt vor, „wenn Änderungen eingetreten sind, mit denen die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrags nicht gerechnet haben, und die bei objektiver Betrachtung so erheblich sind, dass nicht angenommen werden kann, der Vertrag wäre auch bei ihrer Kenntnis mit dem gleichen Inhalt geschlossen worden.“[229]
Beispiel[230]
E ist Eigentümerin eines in der Innenstadt von S belegenen Grundstücks, für das sie die Erteilung einer Baugenehmigung beantragt hat. Auf Wunsch von E schloss S mit dieser einen Vertrag über die Ablösung der Stellplatzverpflichtung