Zwangsvollstreckungsrecht. Bettina Heiderhoff
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4. Sonderfall: Rücktritt durch Pfändung beim Verbraucherkreditgeschäft?[40]
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Beispiel 27 (Rücktrittsfiktion durch Zwangsvollstreckung):
Käufer K kauft ein Auto vom Autohändler V zum Preis von 24 000 Euro. V gewährte K Ratenzahlung zu monatlich 800 Euro. Anfänglich konnte K die Raten noch fristgerecht bezahlen. Als er dann seinen festen Arbeitsplatz verlor, kam er jedoch mit vier aufeinander folgenden Ratenzahlungen in Verzug. V setzte K erfolglos eine Frist zur Zahlung und verklagte daraufhin K erfolgreich auf Zahlung der noch ausstehenden Raten. V beauftragte sodann die Gerichtsvollzieherin mit der Pfändung des PKW. Kann K Vollstreckungsabwehrklage erheben?
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In Beispiel 27 wird auf den ersten Blick nicht ersichtlich, welche Einwendung K erheben könnte. Entscheidend ist hier jedoch, dass es sich um ein Teilzahlungsgeschäft nach § 506 I, III BGB handelt, weil eine Ratenzahlung für den Kaufpreis vereinbart worden ist. Von einem solchen Teilzahlungsgeschäft kann der Unternehmer grundsätzlich nach § 498 I iVm. § 508 II BGB zurücktreten, wenn ein Zahlungsverzug des Verbrauchers nach § 498 BGB vorliegt. Obwohl hier die Voraussetzungen des Rücktritts vorliegen, hat V das Teilzahlungsgeschäft aber nicht in Frage gestellt. Vielmehr hat er nur aus seiner titulierten Kaufpreisforderung in den Kaufgegenstand vollstreckt. Einer solchen Vollstreckung in die „eigene“ Sache des Verkäufers steht im Allgemeinen nichts entgegen. Man muss aber, wegen der Besonderheiten des Verbraucherschutzes, doch genauer überlegen: Wäre V hier zurückgetreten, löste dies die Rechtsfolgen der §§ 346, 348 BGB aus. Der Verbraucher hätte einen Anspruch auf Rückzahlung der bisher geleisteten Raten nach § 346 I BGB abzüglich etwaiger Nutzungsersatzansprüche des Unternehmers (§§ 346 I, 347 BGB) Zug um Zug gegen Rückgabe des Kaufgegenstands. Nun liegt eine Rücktrittserklärung hier zwar gerade nicht vor. Aber das Verbraucherschutzrecht kennt zum Schutz des Kreditnehmers eine Rücktrittsfiktion (§ 508 S. 5 BGB), die hier eingreifen könnte. Danach fingiert die Wegnahme des Kaufgegenstands durch den Unternehmer den Rücktritt vom zugrunde liegenden Teilzahlungsgeschäft. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den säumigen Schuldner davor zu schützen, dass er Besitz und Nutzung der Kaufsache verliert und gleichwohl weiterhin (mangels Rücktritts) den Kaufpreis schuldet[41].
Allerdings liegt im Beispiel auch noch keine Wegnahme der Sache vor. Da aber vielleicht die Pfändung doch so etwas Ähnliches wie eine Wegnahme sein könnte, stellt sich die Frage, ob die Norm (§ 508 S. 5 BGB) analog auf die Pfändung, oder jedenfalls auf die spätere Wegnahme oder die Verwertung der Sache durch die Gerichtsvollzieherin angewendet werden muss.
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Schon zum früheren Recht (§ 5 AbzG) postulierte die herrschende Ansicht, dass nicht die Pfändung der Kaufsache, gleichwohl aber deren Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher mit anschließender Verwertung durch Versteigerung die Rücktrittsfiktion auslöse[42]. Dem ist auch heute noch grundsätzlich zu folgen. Denn der Zweck des § 508 S. 5 BGB liegt weiterhin darin, den Schuldner davor zu schützen, Besitz und Nutzung der Kaufsache zu verlieren und gleichwohl den Kaufpreis zahlen zu müssen.
Umstritten ist hingegen, zu welchem Zeitpunkt genau der Rücktritt gemäß § 508 S. 5 BGB fingiert wird. Die Pfändung selbst, also das Anbringen des Pfandsiegels, ist noch zu früh, sie hat nur vorbereitenden Charakter[43]. In Betracht kommen jedoch die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher, die Anberaumung des Versteigerungstermins oder die abschließende Verwertung der Pfandsache. Gegen die ersten beiden Möglichkeiten spricht, dass der Schuldner zu diesen Zeitpunkten jeweils noch in der Lage ist, den endgültigen Verlust durch Bezahlen der Forderung zu verhindern, sodass der vollständige Verlust der Nutzungsmöglichkeit also noch nicht unmittelbar bevorsteht[44]. Der endgültige Besitzverlust tritt daher unzweifelhaft erst mit der abschließenden Verwertung ein. Sieht man erst hierin, also im Abschluss der Zwangsvollstreckung, den relevanten Zeitpunkt für die Rücktrittsfiktion, hilft das dem Schuldner jedoch wenig, da der Einwand der §§ 508 S. 5, 346, 348, 320 BGB nun nicht mehr mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden kann[45].
Vorzugswürdig erscheint daher eine vermittelnde Lösung, die zwar den Rücktritt dogmatisch zutreffend erst im Zeitpunkt der abschließenden Verwertung fingiert, dem Vollstreckungsschuldner jedoch schon früher gestattet, die Einrede der §§ 348, 320 BGB im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend zu machen[46]. Zwar steht ihm materiell-rechtlich der Anspruch nach § 346 BGB dann noch gar nicht zu, aber so kann er erreichen, dass die Vollstreckung nur fortgesetzt wird, wenn ihm die gezahlten Raten Zug um Zug rückerstattet werden (§ 756 ZPO).
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Sobald also die Gerichtsvollzieherin in Beispiel 27 die Sache im Auftrag des V pfändet, kann K die Einrede nach §§ 348, 320 BGB gegenüber der Verwertung im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.
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Zur Vertiefung:
Schwierig zu beantworten ist die Frage, ob die Vollstreckung in sonstige Güter des Schuldners fortgesetzt werden darf, sobald das Auto wieder freigegeben ist[47]. Dogmatisch lässt sich das kaum konstruieren, denn einen Rücktritt vom Rücktritt gibt es nicht. Das Bedürfnis für eine solche „Heilung“ ist ebenfalls nicht ganz so groß, wie man zunächst meinen könnte. Denn § 508 S. 5 Halbs. 2 BGB erlaubt den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, durch welche die Rücktrittsfiktion verhindert werden kann. Nach herrschender Ansicht ist diese sogar nachträglich möglich, und der Eintritt der Rücktrittsfolgen ist durch den nachträglichen Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung auflösend bedingt[48]. Eine solche auflösende Bedingung ließe sich dann allerdings unter Umständen auch in der Freigabe des Gegenstands durch den Gerichtsvollzieher erblicken.
§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › IV. Einstweilige Anordnungen
IV. Einstweilige Anordnungen
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Die Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage beseitigt noch nicht die (vorläufige) Vollstreckbarkeit des Titels. Um diese zu erreichen, muss der Kläger einen Antrag nach § 769 ZPO stellen, über den das Prozessgericht (oder in Eilfällen das Vollstreckungsgericht, § 769 II ZPO) nach seinem Ermessen durch Beschluss entscheidet. Beschließt das Gericht, dass die Vollstreckung (ohne oder gegen) Sicherheitsleistung einzustellen ist, oder dass einzelne Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind, so besteht darin ein Vollstreckungshindernis, welches das Vollstreckungsorgan (also z.B. der Gerichtsvollzieher) zu beachten hat (§ 775 Nr. 2 ZPO).
§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › V. Sonderformen der Vollstreckungsabwehrklage
V. Sonderformen der Vollstreckungsabwehrklage
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Wenn der Schuldner nur mit einer bestimmten Vermögensmasse für einen Anspruch haftet (wie z.B. der Erbe bei einer Beschränkung der Haftung auf den Nachlass, §§ 1975 ff BGB; oder derjenige, der sich als Minderjähriger verpflichtet hat,