Churning. Manuel Lorenz
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Diese ungleichen Aufklärungspflichten rechtfertigt der BGH in seiner als „Kick-Back III“ bezeichneten Entscheidung damit, dass die eingeschränkte Aufklärungspflicht bei Innenprovisionen an die Fehlvorstellung des Kapitalanlegers über die Werthaltigkeit der Anlage anknüpft, während es bei der grundsätzlichen Offenlegungspflicht der Bank bei Rückvergütungen darum geht, den Anleger auf eine Gefahrensituation hinzuweisen, die sich aus der eingeschränkten Unabhängigkeit und Neutralität des Beraters ergibt.[17] Diese grundsätzliche unaufgeforderte Aufklärungspflicht trifft hingegen grundsätzlich nicht den freien Finanzberater.[18] Den rechtfertigenden Unterschied sieht der III. Zivilsenat des BGH darin, dass der Kunde der Bank für ihre Dienstleistungen Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovisionen zahle und deshalb nicht damit rechnen müsse, dass die Bank bei der Anlageberatung ein eigenes, umsatzabhängiges Provisionsinteresse gegenüber dem Emittenten verfolge. Demgegenüber läge es für ihn auf der Hand, dass der freie Anlageberater, welchem er kein Entgelt für die Beratung entrichte, von der kapitalsuchenden Gesellschaft Vertriebsprovisionen erhalte, die zumindest wirtschaftlich betrachtet, dem vom Kunden an eben diese Gesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.[19]
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Handelt es sich hingegen um Festpreisgeschäfte, in denen keine Provisionen gezahlt werden, sondern lediglich Gewinnmargen erzielt werden, herrscht sowohl in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit darüber, ob der BGH diese von seiner „Kick-Back“-Rechtsprechung erfasst sehen will.[20] Als Gewinnmarge wird die als Geldbetrag oder Prozentsatz angegebene Differenz zwischen Kosten und Erlös bezeichnet.[21] Das OLG Dresden[22], das OLG Bamberg[23], das OLG Düsseldorf[24] und jüngst das LG Bielefeld[25] haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass reine Gewinnmargen keine Rückvergütungen im Sinne der „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH sein sollen und mithin keine Aufklärungspflichten des Anlageberaters über umsatzabhängige Gewinnmargen bestehen. Das LG Köln[26] und das OLG Frankfurt[27] hingegen halten die „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH auch bei nicht „klassischen“ Rückvergütungen für anwendbar. Ebenfalls für eine Aufklärungspflicht bei Erzielung bloßer Gewinnmargen sprechen sich unter anderem Maier[28] und Späth[29] aus. Das LG Chemnitz hingegen hält eine Handelsmarge nur dann für aufklärungspflichtig, wenn sie „besonders hoch“ sei.[30]
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Strafrechtliche Relevanz erlangen Kick-Back Zahlungen vor allem im Rahmen des Betrugs- (§ 263 StGB) und des Untreuetatbestandes (§ 266 StGB). Zum einen kann das Verschweigen umsatzabhängiger Rückvergütungen den Tatbestand des Betruges durch konkludente Täuschung oder Täuschung durch Unterlassen erfüllen oder das Verschweigen und Nichtherausgeben der Rückvergütung kann zum anderen eine Treuepflichtverletzung im Rahmen der Untreue darstellen.[31]
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › II. Die Risikogeschäfte
II. Die Risikogeschäfte
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Risikogeschäfte sind am Kapitalmarkt nichts Ungewöhnliches. Von solchen Geschäften kann nämlich immer schon dann gesprochen werden, wenn mit einer konkreten Geschäftsentscheidung von gewissem finanziellen Umfang, die Gefahr eines Verlustes einhergeht.[32] Allerdings sind Risiken wesentliche Strukturelemente im marktwirtschaftlichen System und mithin notwendige Bestandteile unternehmerischen Handelns.[33] Deshalb ist zum einen die immanente Verlustgefahr eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Strafwürdigkeit eines solchen Verhaltens und zum anderen können anhand eines eingetretenen Schadens keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, dass ein Verhalten pflichtwidrig war.[34] Somit muss vielmehr maßgeblich sein, ob sich das zu beurteilende Geschäft noch im Rahmen des erlaubten Risikos befand.[35] Ob sich ein Risikogeschäft innerhalb des erlaubten Risikos bewegt, ist anhand der dem Innenverhältnis Konturen gebenden vertraglichen Vereinbarungen zu erforschen.[36] Beurteilungsgrundlage dafür können für Geschäfte am Finanzmarkt die besprochenen und fixierten Anlagerichtlinien[37] sein. Sollen die Anlagerichtlinien ihrem Zweck entsprechend aufgestellt werden, muss sich der Vermögensverwalter im Rahmen eines Informationsgespräches Kenntnisse von den persönlichen und finanziellen Umständen des Anlegers verschaffen und der Anleger muss zwischen einem der drei klassischen Anlagezielen, der „Vermögenserhaltung“, der „Vermögensmehrung“ und der „Liquidität“ wählen.[38] Ferner wird in den Anlagerichtlinien vereinbart, „ob die Vermögensverwaltung auf „Wachstumswerte mit gemäßigtem Risiko“, „Ertrag“ (also konservative Anlagepolitik mit hoher Kapitalrendite) oder auch eine „aggressive Anlagepolitik“ (Wachstum mit hohem Risiko) gerichtet sein soll“[39]. Somit werden an dieser Stelle die entscheidenden Maßstäbe für die Beurteilung der Frage gegeben, ob das eingegangene Risiko noch erlaubt war oder nicht. Existieren allerdings keine konkreten Anlagerichtlinien, ist die Beurteilung schwieriger. Im Schrifttum spricht man sich in diesem Fall für ein pflichtwidrig eingegangenes Risiko aus, wenn es sich nach dem Inhalt des Treueverhältnisses als offenkundig unvertretbar erweist.[40] Die Rechtsprechung hingegen stellt darauf ab, ob im Rahmen einer wirtschaftlich vernünftigen und alle äußeren Umstände berücksichtigenden Gesamtbetrachtung die Gefahr des Verlustes wahrscheinlicher ist als die Aussicht auf Gewinnzuwachs.[41] Ferner bejaht der BGH das Vorliegen eines Risikogeschäfts, „wenn der Täter nach Art eines Spielers bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine […] äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten“[42].
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Strafrechtliche Relevanz erlangen Risikogeschäfte vor allem im Hinblick auf die für den Kapitalmarkt entscheidenden Straftatbestände des Betruges (§ 263 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB).
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › III. Das Stop-Loss-Order-Fishing
III. Das Stop-Loss-Order-Fishing
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Eine weitere Manipulationstechnik ist das Stop-Loss-Order-Fishing (oder Gunning for Stop-Loss-Orders[43] ). Diese knüpft an das Setzen der Stop-Loss-Order an. Wie bereits dargestellt, zeichnet sich das Vereinbaren einer Stop-Loss-Order dadurch aus, dass ein bestimmte Wertgrenze vereinbart wird, bei deren erreichen ein automatischer Verkauf von Wertpapieren oder der Ausstieg aus einer Terminposition erfolgen soll. Beim Stop-Loss-Order-Fishing versucht der Manipulant den Kurs durch effektive Geschäfte dahingehen zu beeinflussen, dass die von Marktteilnehmern bevorzugte Stopp-Marke erreicht