Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
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Rechtsfolgen der Einordnung einer Angelegenheit in die Aufgabenkategorie der Selbstverwaltungsangelegenheiten sind
– | eigenverantwortliche Entscheidung über die Modalitäten der Aufgabenwahrnehmung, |
– | grundsätzlich eigene Finanzierung, |
– | Beschränkung staatlicher Kontrolle auf eine Rechtsaufsicht (Art. 109 I bay.GO; § 78 II m.v.KVerf.; § 170 I NKomVG)[6], |
– | funktionale Zuständigkeit auch als Widerspruchsinstanz (§ 73 I 2 Nr 3 VwGO)[7]. |
Innerhalb dieses eigenen Wirkungskreises sind, wie der letzte Satz des in Rn 195 zitierten Artikels der bay.GO bereits verdeutlicht, die freiwilligen von den pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten zu unterscheiden.
1. Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben
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Das Spektrum der gemeindlichen Eigenverantwortlichkeit ist am größten bei den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben. Hierbei handelt es sich um klassische „Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft“, bei denen die Gemeinde sowohl über das „Ob“ einer Aufgabenbefassung als auch über das „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung entscheiden kann.
Beispiele:
Veranstaltung von Musikwochen oder künstlerischen Wettbewerben; psychologische Dienste; Errichtung oder Förderung kultureller Institute; Herausgabe heimatkundlicher Schriften.
Ebenso wie es im Ermessen der Kommunen steht, freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen, so ist es ihnen auch jederzeit möglich, sich dieser Aufgaben wieder zu entledigen. Insbesondere steht es einer Gemeinde frei, bisher von ihr betriebene freiwillige öffentliche Einrichtungen zu privatisieren (allg. zur Privatisierung Rn 328 f, zur Gegenansicht des BVerwG s. bereits Rn 74).
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Die Gemeinden haben auf Grund ihrer verfassungsrechtlich garantierten Eigenverantwortlichkeit bei der Inangriffnahme von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft die Option, neue örtliche Aufgaben für sich zu reklamieren („Recht der Spontaneität“)[8]. Dies geschah etwa in großem Stil hinsichtlich der Begründung von Städtepartnerschaften.
2. Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben
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Auch pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben sind als „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ vom Gewährleistungsgehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie umfasst, doch hat der Gesetzgeber ihre Bedeutung für das Gemeinwesen so hoch veranschlagt, dass er ihre Wahrnehmung nicht allein der freien Entscheidung der Gemeinden überlassen will, sondern diese verpflichtet, sich dieser Aufgaben anzunehmen[9]. Die „eigene Verantwortung“ der Gemeinden erschöpft sich also auf das „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung, während das „Ob“ der Aufgabenbefassung bereits vorgegeben ist[10].
Beispiele:
– | Schulträgerschaft für Grund- und Hauptschulen (§ 102 nds.SchG; § 103 m.v.SchulG) |
– | Straßenreinigung (§ 52 nds.StrG; § 50 IV m.v.StrWG) |
– | Friedhofswesen, Sorge für Totenbestattung[11] (§ 13 I nds.BestattG; § 14 II m.v.BestattG) |
– | Bauleitplanung (§§ 1 III, 2 I BauGB). |
3. Öffentliche Äußerungen der Gemeinde
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Durch die Selbstverwaltungsgarantie abgesichert ist auch die Befugnis, grundlegende Auffassungen der Gemeinde zu wesentlichen, ihren Aufgabenbereich betreffenden Fragen in öffentlichen Äußerungen darzulegen[12]. Dabei ist auf Objektivität im Sinne eines Sachlichkeitsgebots zu achten[13].
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Wie aber das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat, überschreitet eine Gemeinde die ihr gesetzten rechtlichen Schranken, wenn sie zu allgemeinen, überörtlichen, brisanten politischen Fragen, zu denen Entscheidungen auf dem Gebiet des Verteidigungswesens zu zählen sind, Resolutionen fasst bzw für oder gegen eine Politik Stellung nimmt, die sie nicht als einzelne Gemeinde besonders trifft, sondern die der Allgemeinheit eine Last aufbürdet oder sie allgemeinen Gefahren aussetzt[14].
Sie hat kein allgemeines politisches, sondern nur ein kommunalpolitisches Mandat. So darf sie auch nicht bei Ausübung hoheitlicher Funktionen eine eigene, von den Wertungen des zuständigen Gesetzgebers abweichende „Gemeindepolitik“ betreiben, indem sie für ihr Gemeindegebiet bestimmte Verhaltensweisen ausschließt, die nach der Gesetzeslage allgemein zulässig sind[15].
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Lösungshinweis zu Fall 5 (Rn 193):
Im Ausgangsfall ist im Anschluss an diese Darlegungen zu Frage I festzustellen, dass die Zuständigkeit der Gemeinde (gebräuchliches Stichwort: „Verbandskompetenz“) auf die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises beschränkt ist. Mit einer Grundsatzerklärung im Sinne einer Ablehnung bestimmter Waffen, wie sie in der Beschlussvorlage zum Ausdruck kommt, ist dieser Zuständigkeitsbereich überschritten, denn nach der grundgesetzlichen Ordnung ist es allein Sache des für Verteidigungsfragen zuständigen Bundes (vgl nur Art. 73 I Nr 1, 87a GG), über die Einführung und Stationierung von Waffensystemen zu befinden. Da auf dem Gebiet von K weder militärische Anlagen existieren noch solche vorgesehen sind, besteht zudem kein lokaler Anknüpfungspunkt. Dass die Beschlussvorlage sich ausdrücklich „im Rahmen kommunaler Zuständigkeit“ bewegen will, führt zu keiner anderen Beurteilung, da es keine (prophylaktische) kommunale Zuständigkeit, bestimmte Waffen oder Waffensysteme abzulehnen, gibt und eine daran anknüpfende Verweigerungshaltung verboten wäre[16].
Ergebnis