Verteidigung bei Korruptionsfällen. Klaus Bernsmann
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Ob der BGH dem folgt oder unter welchen Voraussetzungen er im Einzelfall bereit ist, „eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft als einen weiteren Wettbewerber … auf einem Markt“ zu betrachten, „der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat“[105] und daher in Bezug auf alle (hypothetischen) Wettbewerber, also auch die in öffentlicher Hand, die Eigenschaft als „sonstige Stelle“ ausschließt, lässt sich nicht präzise bestimmen. Aus Sicht der Verteidigung begründet das zumindest Hoffnung. Sie sollte aber nicht überwertet werden. Denn was in der einen Entscheidung in obigem Sinn restriktiv klingt,[106] wird in der nächsten kaum noch erwähnt,[107] um in einer weiteren im Anschluss an BGHSt 38, 199[108] – d. h. einer eigentlich seit Inkrafttreten des KorrBekG (fast) allseits desavouierten Entscheidung –[109] scheinbar wieder Bedeutung zu erlangen.
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Aus Sicht der Strafverteidigung sollte der „Kampf“ um die (Weiter-)Geltung des in BGHSt 38, 199 vom 5. Senat des BGH Ausgeführten schon deswegen nicht aufgegeben werden, weil derselbe Senat gerade in letzter Zeit den Faden zu o. g. Entscheidung aus dem Jahre 1992 möglicherweise – zumindest ansatzweise – wieder aufnehmen will.[110]
c) Bestellung
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Ein häufig vernachlässigtes, im Einzelfall aber durchaus problemreiches Element des Amtsträgerbegriffs nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist das der „Bestellung“ („zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“).[111]
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Dass diese „Bestellung“ durch einen öffentlich-rechtlichen Akt zu erfolgen hat, entspricht – soweit ersichtlich – allgemeiner Meinung.[112] Unklar ist allerdings schon, ob und wie ein solcher (öffentlich-rechtlicher) Bestellungsakt von dem ggf. privatrechtlich begründeten Beschäftigungsverhältnis zu trennen ist.[113] Soweit als Bestellungssubjekt eine „Behörde“ in Betracht kommt, ist mit einer dauerhaften Beschäftigung nach den Regeln etwa des „Tarifvertrages der Länder“ zugleich eine „Bestellung“ zur Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben verbunden.
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Anders verhält es sich, wenn es um die Beauftragung eines privaten Dienstleisters durch eine Behörde geht. Hier verbindet sich mit dem privatrechtlichen Dienstvertrag noch keine „Bestellung“. Sie ergibt sich auch nicht aus der Art der von dem „Verwaltungshelfer“ vorgenommenen Tätigkeit. Der BGH verlangt vielmehr, dass es sich entweder für den Betroffenen um eine langfristige Tätigkeit handeln muss oder seine Tätigkeit eine organisatorische Eingliederung in die Behördenstruktur bedingt.[114]
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Eine präzise, für den Strafrechtsadressaten leicht zu entschlüsselnde Definition verbindet sich mit dieser sog. „organisatorischen Betrachtung“ allerdings nicht: Der BGH versäumt zu begründen, unter welchen Voraussetzungen eine „längerfristige Tätigkeit“ anzunehmen ist und warum allein die bloße Längerfristigkeit der vertraglichen Beziehung eine „Bestellung“ indizieren soll, die kurzfristige, aber ggf. umso intensivere Hilfe bei hoheitlichen Eingriffen diesseits einer „Beleihung“ aber nicht.
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Schwer nachzuvollziehen ist der Umgang des BGH mit dem Erfordernis der „Bestellung“ auch, wenn die in Frage stehende, ggf. auch dauerhaft und voll in den betrieblichen Ablauf integrierte Person, bei einer „sonstigen Stelle“ beschäftigt ist, die privatrechtlich organisiert ist. Hier will der BGH offensichtlich einen Unterschied machen zwischen der nach wie vor einen öffentlich-rechtlichen Akt verlangenden „Bestellung“ eines „privaten Verwaltungshelfers“[115] und dem Beschäftigen in einem Unternehmen, das „selbst durch öffentlich-rechtlichen Akt, nämlich durch … einen öffentlich-rechtlichen Vertrag … zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung berufen“ ist.[116] In letzterem Unternehmen sollen Mitarbeiter schon „dadurch“, d. h. allein durch die „Bestellung“ des Unternehmens, von diesem dann (nur noch) per Anstellungsvertrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c „bestellt“ werden können.
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In dieser „Deduktion“ des BGH liegt nicht nur ein Bruch mit der angeblich nach wie vor Beachtung verlangenden überkommenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum „strafrechtlichen Beamtenbegriff“[117], in der – wie selbstverständlich – ausnahmslos von einem öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt gesprochen wird.[118] Begründungsbedürftig ist auch, warum bzw. auf welche Weise eine juristische Person überhaupt „bestellt“ werden kann; oder umgekehrt, warum in der Möglichkeit einer mittelbaren „Bestellung“ keine Umgehung der Vorschrift des § 14 und kein Verstoß gegen das Analogieverbot liegt:[119]
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Immerhin wird eine nicht-beliehene juristische Person des Privatrechts unbesehen mit einer „Behörde“ gleichgesetzt und ein „Vertreter“ in die Haftung genommen, obwohl die Voraussetzungen des § 14 nicht vorliegen.[120]
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Abgesehen davon bejaht der BGH selbst dann – undiskutiert – eine „Bestellung“ einer juristischen Person des Privatrechts, wenn diese nicht (einmal) durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Staat verbunden ist.[121] Auch darin liegt eine Missachtung der – jedenfalls nach Auffassung des Gesetzgebers und des BGH – fortgeltenden Rechtsprechung des RG bzw. des „frühen“ BGH (§ 359 a. F.) zur „Bestellung“.[122] Nach dieser Rechtsprechung war es selbstverständlich, dass eine „Bestellung“, die „naturgemäß“ von einem Träger öffentlicher Gewalt auszugehen hatte, nur ein „öffentlich-rechtlicher Akt“ sein konnte.[123] Dass juristische Personen des Privatrechts sollten „bestellt“ werden können und mit ihnen die dort Beschäftigten, war der Rechtsprechung vor 1997[124] schon deswegen keiner Diskussion wert, weil juristische Personen des Privatrechts ohnehin nicht als „sonstige Stelle“ galten[125] oder zumindest nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung waren.
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In diesem Zusammenhang verwundert auch, dass die „Berufung“ zum „Beamten“ (vgl. § 359 a. F.) bzw. die „Bestellung“ zum „Amtsträger“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2c) zwar