Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler
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(3) Besonderheiten bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft: Zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz hinsichtlich der abstrakten Bilanzierungsfähigkeit kommt es bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG hat der Gesellschafter die Gewinnanteile, die ihm von der Personengesellschaft zugerechnet werden, als eigene Einkünfte zu versteuern (Transparenzprinzip, Mitunternehmerkonzeption). Dieser Gewinnanteil wird auf Ebene der Personengesellschaft ermittelt. Der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft kommt in der Steuerbilanz des Gesellschafters keine eigenständige Bedeutung zu. Demgegenüber wird die Beteiligung an einer Personengesellschaft in der Handelsbilanz wie die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft beim Gesellschafter als Vermögensgegenstand aktiviert und nach den üblichen Bewertungsvorschriften bewertet.[3] Die speziellen Grundsätze zur Besteuerung von Personengesellschaften führen zu einer konzeptionellen Abweichung zwischen handels- und steuerrechtlicher Rechnungslegung. Bei der Einteilung der Auswirkungen des Maßgeblichkeitsprinzips wurde diese Situation dem Fall 9 zugeordnet.
Anmerkungen
Vgl zB BFH vom 26.10.1987, BStBl. 1988 II, S. 348; BFH vom 26.8.1992, BStBl. 1992 II, S. 977; BFH vom 7.8.2000, BStBl. 2000 II, S. 632.
Vgl BFH vom 26.11.2009, BStBl. 2010 II, S. 609.
Siehe hierzu IDW RS HFA 18, FN-IDW 2012, S. 24, FN-IDW 2014, S. 417.
3. Abgrenzung zwischen selbständigen Wirtschaftsgütern
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(1) Selbständige Bewertbarkeit und selbständige Nutzungsfähigkeit: Aus dem Grundsatz der Einzelerfassung und Einzelbewertung folgt, dass bei der Prüfung der abstrakten Bilanzierungsfähigkeit auf jedes einzelne Wirtschaftsgut abzustellen ist (§ 252 Abs. 1 Nr 3 HGB, § 6 Abs. 1 Einleitungssatz EStG). Im Rahmen dieser Prüfung ist das für den Begriff des Wirtschaftsguts charakteristische Merkmal „selbständige Bewertbarkeit“ von besonderer Bedeutung.
Bei immateriellen Wirtschaftsgütern wirkt sich das Kriterium der selbständigen Bewertbarkeit bei der Abgrenzung von einzelnen wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber dem (allgemeinen) Geschäfts- oder Firmenwert aus.[1]
Bei materiellen Gegenständen (Sachen iSd BGB), die wirtschaftlich miteinander verbunden sind, ist zu untersuchen, ob sie ihre Eigenständigkeit als einzelnes Wirtschaftsgut behalten oder ob sie nur zusammen mit weiteren Teilen einer Gesamtheit als Wirtschaftsgut angesehen werden können.
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Entsprechend den allgemeinen Kriterien der selbständigen Bewertbarkeit ist bei der Prüfung, ob es sich um ein eigenständiges Wirtschaftsgut handelt, darauf abzustellen, ob der betrachtete Gegenstand als Einzelheit von Bedeutung ist und bei einer Veräußerung greifbar ist. Ein einheitliches Wirtschaftsgut entsteht nicht schon dann, wenn mehrere Gegenstände einem gemeinsamen Zweck dienen. Der einheitliche Zweck dient zwar als Indiz, die Würdigung muss aber anhand weiterer Kriterien beurteilt werden. Maßstab, ob bilanzrechtlich ein Wirtschaftsgut vorliegt oder ob von mehreren Wirtschaftsgütern auszugehen ist, sind (a) der Grad der Festigkeit der Verbindung (§ 93 BGB), (b) der Zeitraum, auf den eine eventuelle Verbindung bzw gemeinsame Nutzung der Sachen angelegt ist, und (c) das äußere Erscheinungsbild.[2] Sind Gegenstände für sich allein unvollständig oder erhält ein Gegenstand ohne den anderen ein negatives Gepräge, ist von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen.
Beispiele:
Eine Schreibtischkombination besteht aus einem Haupttisch, einem Ecktisch und einem Besprechungstisch. Jedes Teil ist selbständig bewertbar. Dies gilt auch dann, wenn die drei Teile miteinander verschraubt sind. Ein gedachter Erwerber wäre in der Lage, die Einzelteile in einer anderen Zusammenstellung zu nutzen. Die Festigkeit der Verbindung ist gering, da Schrauben einfach zu lösen sind.
Die Fenster eines Fahrzeugs sind keine selbständigen Wirtschaftsgüter. Das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs wäre ohne die Fenster unvollständig und das Fahrzeug wäre negativ geprägt. Bei den Fenstern handelt es sich um unselbständige Teile eines anderen Wirtschaftsguts, dem Fahrzeug. Handelt es sich bei dem Autofenster allerdings um ein Ersatzteil, das sich im Lager eines Kfz-Händlers befindet, liegt ein eigenständiges Wirtschaftsgut vor. Wird das Fenster im Rahmen einer Reparatur in ein Fahrzeug eingebaut, verliert es die Eigenschaft als eigenständiges Wirtschaftsgut. Es handelt sich wieder um einen unselbständigen Teil des Fahrzeugs.
Bei ERP-Software (Softwaresysteme, die zur Optimierung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden, zB Programme der SAP SE) bilden alle Module zusammen ein einheitliches Wirtschaftsgut, da sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen.[3]
Die baurechtliche Erlaubnis, auf einem Grundstück einen Windpark zu errichten, stellt einen wertbildenden Faktor dar, der untrennbar mit dem Grund und Boden verbunden ist. Die durch die Erteilung der Genehmigung bei dem Grund und Boden eingetretene Werterhöhung führt nicht zur Entstehung eines (neuen) eigenständigen Wirtschaftsguts.[4]
Vom Grund und Boden zu trennen ist der Windpark. Darüber hinaus ist in einem Windpark jede Windkraftanlage für sich zu betrachten. Bei jeder einzelnen Windkraftanlage ist zusätzlich eine Aufteilung in (mindestens) drei selbständige Wirtschaftsgüter vorzunehmen, die sich wiederum aus mehreren Komponenten zusammensetzen: (1) Fundament und Transformatoren mit der dazu gehörenden internen Verkabelung, (2) externe Verkabelung zwischen den Transformatoren und dem Stromnetz des Energieversorgers einschließlich Übergabestation und (3) Zuwegung.[5]
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Während das Merkmal „selbständige Bewertbarkeit“ im Zusammenhang mit dem Begriff des Wirtschaftsguts steht, bestimmt sich das Kriterium „selbständige Nutzungsfähigkeit“ danach, ob Wirtschaftsgüter isoliert für den Zweck eingesetzt werden können, dem sie zu dienen bestimmt sind. Über das Kriterium der selbständigen Nutzungsfähigkeit wird nicht darüber entschieden, was als einzelnes oder als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen ist, sondern darüber, ob die Sonderregelungen für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2, 2a EStG (sofortiger Abzug als Betriebsausgabe bzw Bildung eines Sammelpostens) zur Anwendung kommen. Da für geringwertige Wirtschaftsgüter keine Investitionszulage gewährt wird (§ 2 Abs. 1 S. 2 InvZulG 2010, für Investitionen vor dem 1.1.2014), ist das Merkmal „selbständige Nutzungsfähigkeit“ auch für die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Investitionsförderungsmaßnahmen von Bedeutung. Im Rahmen der Prüfung der selbständigen Bewertbarkeit – also für die Entscheidung, ob ein oder mehrere Wirtschaftsgüter vorliegen – hat das Merkmal der selbständigen Nutzungsfähigkeit jedoch keine Bedeutung (H 6.13 EStH).
Hinsichtlich der Abgrenzung der einzelnen Wirtschaftsgüter bzw Vermögensgegenstände untereinander besteht zwischen handels- und steuerrechtlicher Vorgehensweise grundsätzlich Übereinstimmung. Die von der Finanzrechtsprechung aufgestellten Regeln können als mit den handelsrechtlichen