Soldatengesetz. Stefan Sohm
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Ob ohne Weiteres die allg. Regeln gelten,[13]ist zumindest streitig.[14] Das besondere Rechtsverhältnis[15] spricht eher dagegen. Denn bei der Frage, inwieweit der Soldat zwecks Funktionsfähigkeit in die SK eingebunden ist, geht es gerade nicht um die (aus staatsbürgerlicher Sicht übliche) Frage nach etwaigem staatlichen Zwangseingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre. Vielmehr ist der Staatsbürger als Soldat in den Staatsapparat eingebunden und soll diesem nach Möglichkeit störungsfrei zur Zweckerreichung dienen. Zwar ist dieses Näheverhältnis – zurecht – kein rechtsfreier Raum und also der Staat keineswegs frei in der Ausgestaltung des innerbetrieblichen Umgangs mit seinem Staatsdienstpersonal. Jedoch sind Regelungen des Gesetzgebers nur soweit erforderlich, als sie das Wesentliche regeln müssen;[16] weil es aber nicht das übliche Schema vom Eingriff in einen Schutzbereich ist, müssen diese Normen auch nur bedingt den Vorgaben von Art. 19 GG Abs. 1 gerecht werden.[17] Es stehen sich vielmehr im Einzelfall die Pflichtenforderung des Dienstherrn und die (mittels § 6 SG in das Näheverhältnis eingebrachten) staatsbürgerlichen Rechte gegenüber – beides muss nach Lage des Einzelfalls in einen schonenden Ausgleich gebracht werden.
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Auch dass unbeschränkte Grundrechte stets Vorrang genießen, kann ebenfalls gerade nicht angenommen werden (sonst dürften sich auch bspw. Strafgefangene gem. Art. 8 Abs. 1 GG uneingeschränkt in geschlossenen Räumen versammeln)[18]. Für Soldaten gelten ungeschriebene, immanente Schranken aus dem Zweck des Näheverhältnisses. Das führt auch bei unbeschränkten Grundrechten innerhalb des Näheverhältnisses zu einem Abwägungsprozess zwischen dem Recht und der in der soldatischen Pflicht konkretisierten Zweckforderung. Dabei ist jede Pflicht hinsichtlich ihrer Bedeutung und grundrechtsbegrenzenden Wirkung, aber auch zur Gewährleistung wirksamer Streitkräfte auszulegen[19] – eine generell restriktive Auslegung der Pflichtenbindung ist ausgeschlossen.[20]
Gem. Art. 19 Abs. 2 GG darf in keinem Fall ein – durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes – eingeschränktes Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden. Diese Wesensgehaltsgarantie gilt auch für das soldatische Dienstrecht.
Absolute Grenze für jegliche Eingriffe in Rechte der Soldaten ist die Menschenwürde, die unangetastet bleiben muss (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG), deren Achtung und Schutz Verpflichtung auch innerhalb der Streitkräfte ist (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) und an der die Gehorsamspflicht endet (§ 11 Abs. 1 Satz 3).
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Auch unterhalb dieser Grenze müssen Beschränkungen von Rechten auf gesetzl. oder untergesetzl. Ebene – also aufgrund eines Gesetzes – sich ungeachtet der verfassungsrechtl. Bedeutung der Verteidigungsbereitschaft stets am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen.[21] „Erfordernisse des militärischen Dienstes“ i.S.v. § 6 Satz 2 oder die von der Rspr. entwickelte Formel von der „Funktionsfähigkeit der Bundeswehr“[22] können als Interpretationshilfe bei der Prüfung des Grds. der Verhältnismäßigkeit herangezogen werden.[23]
b) Art. 17a GG
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Über allg., für jedermann geltende Gesetzesvorbehalte der Verfassung hinaus können nach Art. 17a Abs. 1 GG „Gesetze über [den] Wehrdienst“[24] für die Zeit des Wehrdienstes – also für Soldaten –
– | das Grundrecht, die Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 GG), |
– | das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und |
– | das Petitionsrecht (Art. 17 GG), soweit es das Recht betrifft, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, |
einschränken. So ist bspw. das im Distanzverhältnis unbeschränkte Versammlungsrecht des Art. 8 Abs. 1 GG mittels Art. 17a GG durch § 15 Abs. 1 und 2 SG im Näheverhältnis verkürzt.
Gem. Art. 17a Abs. 2 GG schließlich können „Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen“ gegenüber jedermann (somit auch gegenüber Soldaten) die Grundrechte der
– | Freizügigkeit (Art. 11 GG) und der |
– | Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) |
einschränken.
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Die Einschränkungsvorbehalte des Art. 17a GG treten kumulativ und enumerativ[25] neben die allg. Vorbehalte, die für bestimmte Grundrechte ohnehin gelten.[26] Allerdings hat die Norm auf verfassungsrechtl. Ebene eine dem § 6 vergleichbare Funktion. Sie soll verdeutlichen, dass auch Soldaten grds. vollen Grundrechtsschutz genießen.[27] Andererseits kann Art. 17a Abs. 1 GG entnommen werden, dass Soldaten bezogen auf den Wehrdienst intensivere Beschränkungen ihrer Meinungsfreiheit zu dulden haben.[28]
Aus Art. 17a GG ergibt sich kein Zitiergebot im Hinblick auf Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Denn auch wenn Art. 17a GG nach Auffassung des BVerwG lex specialis für Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Wehrdienstverhältnis ist,[29] käme ein Zitiergebot nur in Betracht, wenn es bei dem Grundrecht auch sonst erforderlich wäre.[30] Der besondere Vorbehalt des Art 5 Abs. 2 GG hins. der Meinungsfreiheit („Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze“) ersetzt die Notwendigkeit einer Zitierung. Die sich insbes. aus § 8, § 10 Abs. 6, § 15 und § 17 Abs. 1 und 2 ergebenden Einschränkungen des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sind daher formell nicht zu beanstanden.[31]
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Expressis verbis hat der Gesetzgeber im SG nur an drei Stellen Grundrechtseinschränkungen ausdrücklich genannt:
– | Einschränkung des Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG durch die Verpflichtung zur Duldung bestimmter Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit zur Gesunderhaltung (§ 17a Abs. 2 Satz 2). |
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Dienstleistungspflichtige[32] haben sich im Rahmen der Dienstleistungsüberwachung
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