Soldatengesetz. Stefan Sohm
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2. Rechtspolitische und forensische Bedeutung des § 6; Staatsbürger in Uniform
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§ 6 ist primär vor dem Hintergrund der polit. Debatten um die Wiederbewaffnung Deutschlands und der wesentlich durch Graf Baudissin begründeten Konzeption der Inneren Führung zu begreifen. § 6 drückt mit dem Gedanken des Soldaten der Bw als „Staatsbürger in Uniform“[33], der dem Grds. nach Träger aller (Grund-)Rechte des GG ist, eine staatspolit. Wertentscheidung für das seinerzeit neue soldatische Leitbild aus.[34] Nach heutigem Verständnis fordert dieses Leitbild vom Soldaten, „eine freie Persönlichkeit zu sein, als verantwortungsbewusster Staatsbürger zu handeln, sich für den Auftrag einsatzbereit zu halten“.[35]
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In zahlreichen Schriften zur Inneren Führung aus den Aufbaujahren der Bw ist § 6 als gesetzl. Verankerung der Konzeption der Inneren Führung zit. worden. Diese Konzeption ist zunehmend verrechtlicht worden.[36] So stellt auch die ZDv A-2600/1, Nr. 306, fest: „Die Bundeswehr ist insbesondere durch das Völkerrecht, das Grundgesetz und weitere Gesetze, vor allem durch die Wehrgesetze, in einen umfassenden rechtlichen Rahmen eingebunden. Als Grundlage der Inneren Führung legt er die Stellung der Bundeswehr im Staat sowie die Stellung der Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr fest …“.
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Die Bedeutung des § 6 ist rechtspolit. Natur. Die Norm stellt insoweit eine rechtshistorische und wehrpolit. Quelle dar. So scheint dies auch die Judikative zu verstehen. Auffallend oft wird in Entsch. zwar in der jew. Kopfleiste der amtl. Veröffentlichung u.a. § 6 zit.; in den Gründen wird dieses Zitat aber weder wiederholt noch wird darauf näher eingegangen.[37]
3. Satz 1
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Der Gesetzeswortlaut darf nicht zu eng ausgelegt werden. Soweit Satz 1 ohne Regelungscharakter klarstellt, dass der Soldat „die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger“ hat, schließt das natürlich auch die über bloße Bürgerrechte hinausgehenden Rechte nach dem GG ein, insbes. die Grundrechte und die grundrechtsgleichen Rechte.[38] Denn die Bindung der vollziehenden Gewalt an die Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 GG schließt die SK als Teil der Exekutive ein.[39]
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Satz 1 räumt Soldaten keine zusätzlichen, eigenständigen Rechte ein, die für andere Staatsbürger nicht bestehen.[40]
a) „Erfordernisse des militärischen Dienstes“
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Wie bereits oben (zu Rn. 12) ausgeführt, ist dieser unbest. Gesetzesbegriff als Interpretationshilfe für den Rechtsanwender bei der stets gebotenen Prüfung zu begreifen, ob ein Handlungs- oder Unterlassungsgebot sachlich notwendig und gerechtfertigt ist. Er ist damit eine gesetzl. Ausformung des auch ohne die Norm zu beachtenden Grds. der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbots.[41]
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Die „Erfordernisse des militärischen Dienstes“ werden durch die Rspr. i.d.R. als Sicherung der „Funktionsfähigkeit der Bundeswehr“ und der „Erfüllung der ihr gestellten Verteidigungsaufgabe“ verstanden.[42] Dies soll schon dann vorliegen, wenn eine Maßnahme geeignet ist, die Erfüllung der Aufgaben der Bw zu gewährleisten.[43]
b) „Gesetzlich begründete Pflichten“
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Gesetzl. Pflichten des Soldaten finden sich primär in den §§ 7 ff., aber auch in anderen (Wehr-)Gesetzen, z.B. in der WDO. Die gesetzl. begründeten Pflichten des § 6 Satz 2 korrespondieren mit den Pflichten des Soldaten, deren schuldhafte Verletzung ein Dienstvergehen darstellt (§ 23 Abs. 1).[44]
Ohne eine gesetzl. Grundlage darf nicht in ein Grundrecht eingegriffen werden (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG); eine bloße Dienstvorschrift, die nicht zumindest auf § 7 zurückzuführen ist, genügt dieser Anforderung nicht, und zwar unabhängig von der Schwere des Eingriffs.[45]
Gesetzl. begründete Einschränkungen einzelner Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte für Soldaten werden bei den nachfolgenden Einzelvorschriften kommentiert.[46]
5. Einzelne Grundrechtseinschränkungen
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Von Einschränkungen ihrer Rechte sind Soldaten insbes. betroffen hins.
– | der Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz GG) durch die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7) und zum Eintreten für die FdGO (§ 8), zur Zurückhaltung bei Äußerungen als Vorg. (§ 10 Abs. 6), zur Kameradschaft (§ 12), zur Verschwiegenheit (§ 14), durch Verbote bei politischer Betätigung (§ 15 Abs. 1, 2 und 4), durch die Pflicht zur Disziplin und zu achtungswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 1 und 2) sowie durch die Pflicht, sich als Offz oder Uffz auch nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst nicht gegen die FdGO zu betätigen (§ 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 Nr. 2), |
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des Rechts auf Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) durch die Pflicht,
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