Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer

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Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz - Eva-Maria Kremer Heidelberger Kommentar

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1 VwVfG. Denn die Behörde erlässt ihn nach §§ 35, 46 Abs. 2, 65, 66 OWiG i.V.m. § 23 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Infolgedessen ist der Bußgeldbescheid ein spezialgesetzlicher Justizverwaltungsakt (§ 3 Rn. 17). Mit ihm ahndet die Behörde Verwaltungsunrecht. Für das Vollstreckungsverfahren und den Rechtsschutz gilt Folgendes:

      Gemäß § 89 OWiG sind Bußgeldentscheidungen vollstreckbar, wenn sie rechtskräftig geworden sind. Der Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde wird nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes oder nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften vollstreckt. Das bestimmt § 90 Abs. 1 OWiG. Vollstreckungsbehörde ist gemäß § 92 OWiG die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat.

      In ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsbehörde ist die Verwaltungsbehörde dafür zuständig, als erste Rechtsschutzinstanz über Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Bußgeldbescheid zu entscheiden. Hierfür fehlt zwar eine ausdrückliche Rechtsschutzgrundlage. Jedoch ist es im Hinblick auf den Verwaltungsakt sachgerecht und geboten, § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 256 AO analog anzuwenden. Deshalb kann die Behörde, auch vergleichbar § 72 VwGO, abhelfen, indem sie der Einwendung ganz oder teilweise stattgibt.

      Dieses Recht steht der Verwaltungsbehörde nach der Opportunitätsbestimmung des § 47 Abs. 1 OWiG zu; sie besagt: Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen.

      Der Bußgeldbescheid hat den Rang eines Strafbefehls. Das ergibt sich aus § 71 Abs. 1 OWiG. Er muss wegen seiner inhaltlichen Strenge schriftlich erlassen und förmlich zugestellt werden. Deshalb kann die Verwaltungsbehörde bei Einstellung des Verfahrens ihren Bußgeldbescheid auch nur schriftlich aufheben. Das ist ein notwendiges Gebot der Rechtsklarheit bei der Erledigung eines bisherigen Schuldvorwurfs. Eine Zustellung des begünstigenden Aufhebungsbescheides ist nicht erforderlich. Denn er löst keine Rechtsbehelfsfrist aus.

      Hilft die Verwaltungsbehörde nicht ab, so entscheidet gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1, § 104 Abs. 1 Nrn 1, 3, § 68 OWiG das Amtsgericht oder der Jugendrichter über Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung. Diese Entscheidung hat die Verwaltungsbehörde dem Finanzamt bzw. dem Hauptzollamt mitzuteilen. Daraufhin wird die Beitreibung, je nachdem, entweder fortgeführt oder analog § 257 AO eingestellt.

      Vorstehender Rechtsschutz gilt nur für Einwendungen gegen das Vollstreckungsverfahren. Denn Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides fallen in den materiellen Bereich der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 85 OWiG. Auch hier zeigt sich der wesensmäßige Unterschied zwischen der Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes und der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung (§ 6 Rn. 101).

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      Als letztes Mittel, Rechtsschutz zu gewährleisten, kommt allgemein der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO in Betracht (VGH Mannheim B 16.11.2011 – 3 S. 1317/11, juris = NVwZ-RR 2012, 129). Eine solche ist zum Beispiel geboten, wenn die Beitreibung einer Geldforderung gegen Treu und Glauben verstoßen würde (OVG Münster B 8.6.2000 – 14 B 2135/99, juris = NVwZ-RR 2001, 54; OVG Münster B 8.6.2000 – 7 L 747/99, juris = NVwZ-RR 2001, 54).

II. Zu Absatz 2

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      Ausgangspunkt und umfassende Rechtsgrundlage jeglicher Amtshilfe in Deutschland ist Art. 35 Abs. 1 GG. Die hier gesicherte Beistandsleistung ist die notwendige Folge der Ausübung der Staatsgewalt durch verschiedene Behörden (so BVerfG B 28.11.1957 – 2 BvL 11/56, juris Rn. 29 = BVerfGE 7, 183 (190)). Im Bereich der Verwaltungsvollstreckung ist die Amtshilfe als Vollstreckungshilfe zu konkretisieren (Kopp/Kopp: Die länderübergreifende Amtshilfe und Verwaltungsvollstreckungshilfe, BayVBl. 1994, 229–233; Umbach/Clemens/Magen, Art. 35 Rn. 5, 23).

      Allgemein ist für jede Amtshilfe der Verwaltungsbehörden und Gerichte Folgendes zu berücksichtigen: Entsprechend der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 VwVfG ist sie in allen Fällen nur eine „ergänzende“ Hilfe. „Grundsätzlich gilt, dass der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen sind, diese Aufgaben durch eigene Verwaltungseinrichtungen – mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln – wahrnimmt“ (BVerfG B 12.1.1083 – 2 BvL 23/81, juris Rn. 131 = BVerfGE 63, 1 (32)). Also ist die Amtshilfe auf Teilgebiete eines Verwaltungsverfahrens begrenzt (BVerfG B 13.7.2011 – 2 BA 742/10, juris = NVwZ 2011, 1254).

      Alle Behörden leisten die Hilfe im Gleichordnungsverhältnis. Insbesondere zwischen Behörden des Bundes und der Länder besteht kein Über-/Unterordnungsverhältnis (Maunz, Art. 35 Rn. 1; Sodan/Leisner, Art. 35 Rn. 2; Jarass/Pieroth, Art. 35 Rn. 4). Denn das lässt der Wortlaut des Art. 35 Abs. 1 GG nicht zu. Daher gibt es hier auch kein Weisungsrecht des Bundes gegenüber Landesbehörden.

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      Rechtsvorgänger der Vollstreckungshilfe ist das Reichsgesetz über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögensstrafen vom 9.6.1895 (RGBl. S. 256/BGBl. III 201-1). Das Beistandsgesetz galt als Landesrecht weiter (BGH U 22.5.1970 – IV ZR 1008/68, juris Rn. 17 = BGHZ 54, 157 (163). Inzwischen ist es durch § 7 VwVfG ersetzt worden.

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      In § 5 Abs. 2 wird das Recht des Bundes gegenüber den Ländern, sie um Amtshilfe ersuchen zu können, vorausgesetzt. Das ist mit Rücksicht auf Art. 35 Abs. 1 GG gerechtfertigt: Der Bund hat das Recht auf Amtshilfe/Vollstreckungshilfe. Dieses Recht wird in den Gesetzen folgender Länder bestätigt:

      (1) Baden-Württemberg: § 4 Abs. 3 LVwVG.

      (2) Hamburg: §§ 5, 36 HmbVwVG.

      (3) Niedersachsen: § 7 NVwVG.

      (4) Sachsen: § 4 Abs. 2 S. 1 SächsVwVG.

      (5) Sachsen-Anhalt: § 7 VwVG LSA.

      (6) Thüringen: § 22 Abs. 1 S. 2 ThürVwZVG.

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      Die Art und Weise der Amtshilfe ist in den Bestimmungen der §§ 4 bis 8e VwVfG geregelt. Die Legaldefinition der Amtshilfe ist in § 4 Abs. 1 VwVfG enthalten. Danach handelt es sich bei ihr um eine „ergänzende Hilfe“. Das bedeutet: Die um Amtshilfe ersuchte Behörde ergänzt durch ein Nebenverfahren das Verfahren

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