Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy
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![Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht](/cover_pre1014685.jpg)
Vgl. hierzu die kriminologischen Überlegungen ab Rn. 98.
Zuletzt eindrucksvoll im „Fall Siemens“ mit der Entscheidung BGHSt 52, 323–348 zur Untreuestrafbarkeit bei Bildung schwarzer Kassen.
„Unabhängig von der Position des Täters im Unternehmen überwiegen individuelle Gründe bei der Erklärung von Wirtschaftskriminalität, unzureichende Kontrollen reihen sich in ihrer Bedeutung erst dahinter ein. Dies bedeutet, dass jedes noch so perfekte Kontrollsystem am Ende scheitern muss, wenn der Faktor „Mensch“ nicht einbezogen wird. Dies gilt insbesondere für das Management. Für diese Gruppe wurden am häufigsten menschliche Schwächen als Tatgrund genannt.“ Bussmann/Nestler/Salvenmoser Wirtschaftskriminalität 2007 – Sicherheitslage der deutschen Wirtschaft, S. 40.
So etwa Boers MschrKrim 2001, 335 (336) m. w. N.
Boers MschrKrim 2001, 335 (338) m. w. N.
Vgl. oben Rn. 55.
Hiernach ist eine Wirtschaftsstraftat zu bejahen, wenn sie zum einen in den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer nach § 74c I Nr. 1–6 GVG fällt und zum anderen im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigung begangen wird und über eine Schädigung des Einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen kann; als zusätzliches Kriterium dient, dass ihre Aufklärung – wahlweise oder kumulativ – besondere kaufmännische Kenntnisse erfordert.
BMI/BMJ 2. Periodischer Sicherheitsbericht, S. 218.
Vgl. Poerting in: Wirtschaftskriminalität, S. 9 (13 ff.).
Anhand welcher Kriterien, zum Beispiel, soll festgestellt werden, ob Delikte „über eine Schädigung des Einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen“ können? Ab wann handelt es sich um einen Betrug, der „besondere kaufmännische Kenntnisse erfordert“? Die subjektiven Wertungen, die in der Zuordnungsarbeit der Ermittelnden mit einfließen, führen also zwangsläufig zu verzerrten Ergebnissen, die wiederum die einzige empirische Basis eines an sich diffusen Kriminalitätsfeldes darstellen.
Teil 1 Interdisziplinäre Grundlagen der Unternehmenskriminalität › C › II. Begriffsbildung Wirtschaftskriminalität
II. Begriffsbildung Wirtschaftskriminalität
98
Eine allgemeingültige, auf alle Aspekte der „verwirrend bunten Palette Wirtschaftskriminalität“[1] übertragbare Definition, kann nicht Gegenstand vorliegender Arbeit sein, vielmehr geht es in diesem Abschnitt darum, einen Eindruck der unterschiedlichen Sichtweisen auf den Begriff „Wirtschaftskriminalität“ zu gewinnen und einen Einblick in die terminologischen Probleme zu geben.[2] Obgleich einige empirischen Befunde als gefestigt gelten können,[3] zeigen die in unterschiedlichste Richtungen tendierenden Ansätze, dass eine derart heterogene Deliktsgruppe kaum unter die richtige Definition zu subsumieren ist. Einigen Ansätzen liegt eine sozialkritische Motivation zugrunde,[4] anderen antikapitalistischen Ressentiments[5] und wieder anderen ging es darum, ein neues – einzigartig heterogenes – Feld an Kriminalität in die bereits existierenden kriminologischen und strafrechtlichen Kategorien einzuordnen.[6] Es sollen also im Folgenden diese tat- und täterorientierten Sichtweisen kurz erläutert und auf ihre Relevanz für die Unternehmenskriminalität hin überprüft werden, um sich vielleicht anschließend zu vergegenwärtigen, dass dem Begriff „Wirtschaftskriminalität“ möglicherweise nur die Bedeutung eines Arbeitstitels[7] zukommen kann, der immer wieder auf neue Gegebenheiten angepasst, mit neuen deliktischen Erscheinungsformen aufgefüllt werden muss und nur dem Zweck der Sozialkontrolle auf dem Gebiet des Wirtschaftslebens dienen kann.[8]
Anmerkungen
Kaiser Kriminologie, S. 856.
Einen Überblick über die Fülle der Definitionsansätze gibt Liebl Kriminologisches Bulletin 1982, 21.
Vgl. Rn. 41 ff.
Sutherland in: Kriminalsoziologie S. 187.
Darauf weisen Bock Kriminologie, S. 384 und Dannecker in: Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, S. 10 (Rn. 3) hin.
So z. B. Maurach/Schröder/Maiwald Strafrecht BT 1, § 48; H. SchultzAllgemeine Aspekte der Wirtschaftskriminalität, Zürich 1970/1971, S. 12 ff., 23.
So der Vorschlag von Poerting in: Wirtschaftskriminalität, S. 9 (12).