DS-GVO/BDSG. David Klein
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1. Öffnungsklausel: Abs. 2 und 3 S. 3
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Art. 6 Abs. 2 sowie Abs. 3 S. 2 und 3 normieren eine allgemeine Öffnungsklausel zugunsten der Mitgliedstaaten.[360] Diese Öffnungsklausel bezieht sich auf die Rechtmäßigkeitstatbestände in Art. 6 Abs. 1 lit. c und e. Insbesondere bei Art. 6 Abs. 1 lit. e handelt es sich um die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen. Auch die Verarbeitung zur Wahrnehmung einer rechtlichen Verpflichtung fällt in diesen Bereich, da sich diese unmittelbar aus einer Rechtsgrundlage ergibt, die das Unionsrecht oder mitgliedstaatliche Recht im öffentlichen Interesse vorsieht.[361] Nach Abs. 2 und 3 kommen dafür insb. die dort genannten unionsrechtlichen bzw. einzelstaatlichen Rechtsgrundlagen in Betracht.[362] Die allgemeinen Öffnungsklauseln erlauben es, die vielfältige Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse im bereichsspezifischen nationalen Datenschutzrecht aufrechterhalten zu können.[363] Zu diesem Zweck enthält Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 S. 2 einen Regelungsauftrag an die Mitgliedstaaten zur Schaffung mitgliedstaatlichen Rechts. Art. 6 Abs. 3 S. 3 enthält demgegenüber eine fakultative Öffnungsklausel zum Erlass spezifischen mitgliedstaatlichen Rechts.[364] Vgl. dazu auch Rn. 216 f.
a) Mitgliedstaatlicher Gestaltungsspielraum
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Den Mitgliedstaaten steht es nach Abs. 2 offen, spezifischere Bestimmungen für öffentliche Aufgaben beizubehalten oder einzuführen. Diese kommen dann neben der DS-GVO zur Anwendung. Demnach können die Unionsmitglieder Rechtsetzung betreiben, um die Anwendung der entsprechenden Vorschriften im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 lit. c und e zu konkretisieren und konturieren. Im Ausgangspunkt belässt die DS-GVO dem deutschen Gesetzgeber einen erheblichen normativen Gestaltungsspielraum. Dies ergibt sich bereits aus ErwG 10. Er räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, spezifischere Regelungen für die Anpassung anzuwendender Verordnungsregeln zu erlassen und auch die Voraussetzungen für die Verarbeitungen auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. c und e zu bestimmen.[365]
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Es handelt sich also bei Art. 6 um eine weit gefasste Öffnungsklausel im Unionsrecht, die den Mitgliedstaaten für die Verarbeitung personenbezogener Daten im öffentlichen Interesse innerhalb des Gestaltungsspielraums der DS-GVO weitgehende gesetzgeberische Entscheidungsprärogativen zuschreibt. Weil die DS-GVO selbst an vielen Stellen offen formuliert ist, liegt der Gedanke nahe, dass Konkretisierungen durch nationales Recht gerade dort erwünscht sind, wo Öffnungsklauseln sie erlauben.[366]
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So kann festgelegt werden, wie der Verantwortliche zu bestimmen ist, welche Art von personenbezogenen Daten verarbeitet werden, welche Personen betroffen sind, welchen Einrichtungen die personenbezogenen Daten offengelegt werden, für welche Zwecke und wie lange sie gespeichert werden dürfen und welche anderen Maßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, dass die Verarbeitung rechtmäßig erfolgt.[367] Der Regelungsspielraum soll nach dem Wortlaut sicherstellen, dass die in Art. 6 Abs. 1 genannten Rechtmäßigkeitstatbestände in jedem Mitgliedstaat zur vollen Geltung kommen und dass – mitunter mit Hilfe spezifischer, nationaler Regelungen – kein Vollzugsdefizit entsteht.[368] Gleichwohl ist der von den Mitgliedstaaten freiwillig zu regelnde Bereich insoweit beschränkt, als er innerhalb des Regelungsspektrums der DS-GVO verbleiben muss und Abweichungen verbietet.[369]
b) Konkretisierung des öffentlichen Interesses durch die Mitgliedstaaten
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Im Hinblick auf den Begriff des öffentlichen Interesses entspricht Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 und 3 dem Art. 7 lit. e DSRL. Herauszustellen ist dabei, dass bereits die Auslegung und Interpretation des Begriffs des öffentlichen Interesses aus Art. 7 lit. e DSRL den Mitgliedstaaten oblag.[370] In der Konsequenz können auf Grundlage von Art. 7 DSRL erlassene mitgliedstaatliche Datenschutzregeln grundsätzlich beibehalten werden.[371] Gleichwohl sind diese auf ihre Vereinbarkeit mit Abs. 2 abzugleichen.
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Für das Verständnis des öffentlichen Interesses i.S.d. DS-GVO obliegt es somit nach wie vor den Mitgliedstaaten den Wertungsspielraum durch die hinreichende Konkretisierung auszufüllen und für dementsprechende Datenverarbeitungen nationale Rechtsgrundlagen zu schaffen.
c) Öffnungsklausel nur für den öffentlichen Sektor?
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Die Ausübung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt, muss nicht notwendig durch öffentliche Stellen erfolgen. Denkbar erscheint etwa das Angebot von Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge, welches von im Wettbewerb befindlichen Unternehmen privatrechtlicher Natur erbracht werden kann. Für die Wahrnehmung einer Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse besteht ein strikt funktionaler Ansatz, indem allein auf die öffentliche Funktion abgestellt wird, unabhängig davon, ob sie durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen wahrgenommen bzw. ausgeübt wird.[372]
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Das BVerwG hat in einem Urteil entschieden, dass die Öffnungsklauseln des Art. 6 Abs. 2 und 3 für Verarbeitungen nach Art. 6 Abs. 1 lit. e Videoüberwachungen privater Verantwortlicher nicht erfassen.[373] So sei nach der Erforderlichkeitsprüfung im Rahmen einer Aufgabenwahrnehmung in öffentlichem Interesse oder in Ausübung öffentlicher Gewalt keine zusätzliche Abwägung mit den Interessen der Betroffenen