DS-GVO/BDSG. David Klein
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![DS-GVO/BDSG - David Klein DS-GVO/BDSG - David Klein Heidelberger Kommentar](/cover_pre1014730.jpg)
f) Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung
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Die letzte in Art. 9 Abs. 1 genannte Datenkategorie bilden Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person. Die Verarbeitung von Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung ist daher grundsätzlich verboten.
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Während manche[190] hinsichtlich der Begrifflichkeiten keine Unterschiede sehen, lassen sich die Begriffe doch wie folgt voneinander abgrenzen. Dabei ist freilich erneut zu betonen, dass es in der Praxis keine Auswirkungen hat, ob Daten nun unter den Begriff des Sexuallebens oder der sexuellen Orientierung subsumiert werden, da Art. 9 Abs. 1 hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht zwischen den verschiedenen Datenkategorien differenziert.
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Zum Sexualleben gehört so etwa die Wahl der Sexualpartner oder bestimmte sexuelle Vorlieben oder Praktiken.[191] Ob der Einkauf in einem Sexshop unter die Daten zum Sexualleben fällt, wird unterschiedlich beurteilt.[192] Da die Kundeneigenschaft in einschlägigen Läden allerdings oftmals Rückschlüsse auf das Sexualleben zulässt und in Anbetracht der Sensitivität der Daten, sprechen die überzeugenderen Argumente für ein weites Begriffsverständnis.
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Die sexuelle Orientierung erfasst demgegenüber jedenfalls die tradierten Zuordnungen wie Homo- oder Heterosexualität, aber auch alle anderen Formen der sexuellen Orientierung (etwa Bisexualität).[193]
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Letztlich stellt diese Schutzkategorie aus Art. 9 Abs. 1 eine besondere Ausprägung des Diskriminierungsverbots aus Art. 21 GRCh dar.
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In praktischer Hinsicht ist insbesondere die Frage relevant, ob auch Dating-Apps oder Dating-Seiten Informationen über die sexuelle Orientierung des Nutzers preisgeben und damit den Anforderungen von Art. 9 unterliegen. Die Dating-App Tinder lässt sich bspw. vor der Nutzung das Recht einräumen, etwa Facebook-Likes, Tinder-Chats und Instagram-Bilder auszuwerten. Anhand dieser Einstellungen liefert die App dann den scheinbar perfekten Partner. Aus diesen Angaben und dem Nutzerverhalten lassen sich zweifellos Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung des Nutzers ziehen. So gibt doch die Frage, ob sich ein Nutzer bei Tinder oder bei Grinder anmeldet Aufschluss über dessen Hetero- oder Homosexualität. Die Möglichkeit der Erstellung von Fake-Profilen im Rahmen der Apps reicht dabei nicht aus, um die hinreichende Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Möglichkeit aussagekräftige Rückschlüsse zu ziehen, zu entkräften. Folglich sind auch solche Daten als Daten zur sexuellen Orientierung zu bewerten und unterfallen Art. 9.
g) Bezüge zum BDSG n.F. – Kommentierung § 22 BDSG n.F. – Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten
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Der Gesetzgeber hat im Zuge der DS-GVO das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz – DSAnpUG)[194] verabschiedet. Es trat zusammen mit der DS-GVO am 25. Mai 2018 in Kraft. Teil des DSAnpUG ist in Art. 1 ein neues BDSG (im Folgenden BDSG n.F.). Ende 2019 hat der Gesetzgeber durch das 2. DSAnpUG unter anderem § 22 BDSG mit Wirkung zum 26.11.2019 geändert.[195]
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§ 22 BDSG n.F. regelt die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten. Dabei macht er von den Öffnungsklauseln des Art. 9 Abs. 2 lit. b (durch § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG n.F.), Art. 9 Abs. 2 lit. g (durch § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. d, Nr. 2 lit. a–c BDSG n.F.), Art. 9 Abs. 2 lit. h i.V.m. Abs. 3 (durch § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. b BDSG n.F.) sowie des Art. 9 Abs. 2 lit. i (durch § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BDSG n.F.) Gebrauch.[196]
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§ 22 Abs. 1 BDSG n.F. legt die Voraussetzungen fest, unter denen die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ausnahmsweise zulässig sein kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass § 22 Abs. 1 Nr. 1 BDSG n.F. öffentliche und nichtöffentliche Stellen erfasst, während § 22 Abs. 1 Nr. 2 BDSG n.F. nur die öffentlichen Stellen nennt.[197]
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Die Regelung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG n.F. schafft die Voraussetzungen, dass die Verarbeitung des Verantwortlichen zur Erfüllung der in Deutschland geltenden sozial- und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten unverändert fortgeführt werden können. Neben der Regelung im BDSG n.F. können auch die in den Gesundheits- und Sozialgesetzen geregelten Datenverarbeitungen eine entsprechende Rechtsgrundlage bilden.[198] Die datenschutzrelevanten Vorschriften des SGB sind mit Blick auf die DS-GVO novelliert worden.
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Inhaltlich entspricht § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BDSG n.F. dem Regelungsgehalt des Art. 9 Abs. 2 lit. b. Insofern ergeben sich keine Abweichungen. Zwar wird deshalb teilweise[199] ein Verstoß gegen das europarechtliche Normwiederholungsverbot diskutiert. Gleichwohl übersieht eine derartige Betrachtung, dass laut ErwG 8 die Mitgliedstaaten Teile der DS-GVO in ihr nationales Recht aufnehmen können, um die Kohärenz zu wahren und die nationalen Rechtsvorschriften verständlicher zu machen. Insofern ist die punktuelle Wiederholung einzelner Passagen der DS-GVO zulässig.[200] Seinem Ausgestaltungs- und Konkretisierungsauftrag kommt der Gesetzgeber dabei durch den Erlass bereichsspezifischer Datenschutzregelungen nach. Insofern hindert die Wiederholung die unmittelbare Wirkung der Verordnung nicht. Der deutsche Gesetzgeber hat daher in zulässiger Weise von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht. [201] In praktischer Hinsicht findet § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a etwa bei Datenverarbeitungen durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen Anwendung, z.B. um Rechte