Rote Karte für den Schmerz. Michael Dobe

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Rote Karte für den Schmerz - Michael Dobe Carl-Auer Lebenslust

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Leserinnen und Leser,

      zunächst möchte ich Ihnen zum Erwerb dieses Buches gratulieren. Ich finde es außerordentlich spannend und informativ, glänzend geschrieben, und ich bin sicher, dass es vielen schmerzgeplagten Kindern und Jugendlichen und damit auch ihren Eltern nachhaltig helfen wird.

      Leider werden Schmerzen, gerade solche, unter denen Kinder leiden, immer noch nicht ernst genug genommen. Kopfweh, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen – »Es wird schon nicht so schlimm sein« oder »Stell dich nicht so an!«, heißt es nur allzu oft. Statt dass man die jungen Patienten einer wirksamen Therapie zuführt, schon um die Chronifizierung ihrer Schmerzen zu verhindern.

      Das Verhältnis zum Phänomen Schmerz ist in unserer Gesellschaft von teilweise tragischen Missverständnissen geprägt. So wurden noch vor einigen Jahren Neugeborene ohne Narkose operiert, in der Annahme, ihr Nervensystem sei noch zu unreif für Schmerzempfindungen, oder Menschen sind der Überzeugung, dass Schmerz eben schicksalhaft und im Grunde nicht behandelbar sei. Diese Vorstellung müssen wir endlich aufgeben!

      Schmerzen von Kindern mitzuerleben, zumal chronische oder immer wiederkehrende Schmerzen, ist für alle – Eltern, Geschwister, die ganze Familie – eine seelisch zutiefst belastende Situation, zweifellos auch für die betreuenden Krankenschwestern und Ärzte.

      Wie gut, dass Dr. Michael Dobe und Prof. Dr. Boris Zernikow, die Autoren dieses Buches, es auf sich genommen haben, intensiv mit Kindern zu arbeiten, die unter Schmerzen leiden. Es sind äußerst erfahrene Therapeuten, die durch ihre wissenschaftliche Tätigkeit viel dazu beigetragen haben, dass wir heute das Wesen von Schmerz, besonders den chronischen Schmerz bei Kindern und Jugendlichen, besser verstehen und, vor allem, endlich kompetent behandeln können. Ihre Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen haben sie hier in einer großartigen und überzeugenden Weise dargestellt. Überzeugend deswegen, weil es ihnen zum einen gelungen ist, die komplexen Zusammenhänge zwischen Schmerzerleben und den Möglichkeiten von Schmerzbehandlung und -bewältigung in einer klaren und für jedermann verständlichen Weise zu beschreiben. Zum anderen aber, weil sie durch die vielen geschilderten Beispiele, die praktischen Vorschläge und die oft humorvollen Kommentare lebensnahe Informationen und Anleitungen für Eltern und die betroffenen Kinder geben.

      Auch die Sprache mit ihren vielen kreativen Elementen – da gibt es »Denkfallen« und »Mutmach-Bilder«; witzige »Schildkröten«- und »Katzen«-Vergleiche bei den Entspannungsübungen – macht das Buch neben aller fachlichen Ernsthaftigkeit zu einem Lesevergnügen.

      Vor allem aber wird es den Eltern, den Familien Mut machen. Es wird sie aus dem oft so quälenden Zustand der Hilflosigkeit befreien und ihnen und den jungen Patienten helfen, gemeinsam aus dem Teufelskreis chronischer Schmerzen auszubrechen.

       Dr. med. Marianne Koch

      Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga e.V.

      Liebe Kinder und Jugendliche, liebe Eltern,

      wenn Schmerzen häufig kommen oder zum Dauerschmerz werden, wird das Leben für sehr viele Kinder und Jugendliche zur Qual. Und weil die Kinder leiden, leiden auch die Eltern. Dieses Buch soll eine Hilfe sein, trotz des Schmerzes zu einem normalen Alltag zurückzufinden, einem Alltag, in dem Lachen und das Denken an eine positive Zukunft wieder Platz haben.

      Viele der in diesem Buch beschriebenen Tricks und Verhaltensweisen sind sehr einfach und erfordern nur ein wenig Mut und Geduld, aber keine aufwändigen Hilfsmittel oder Instrumente – ganz im Gegensatz zu den vielen Untersuchungen, Diagnosen, möglichen (und unmöglichen) Therapiemaßnahmen, denen wohl viele von Euch und Ihnen schon begegnet sind. Wie oft müssen sich Betroffene dazu noch ebenso gut gemeinte wie deplatzierte Ratschläge anhören wie »Das Kind trinkt doch zu wenig« oder »Der Junge simuliert und will einfach nicht zur Schule gehen«. Außerdem quälen sich viele von Ihnen, liebe Eltern, mit immer wiederkehrenden Selbstvorwürfen: »Ist nicht doch etwas übersehen worden? Was, wenn ich meinem Kind Unrecht tue? Was habe ich nur falsch gemacht? Wenn nichts Körperliches vorliegt, wie kann die Ursache dann psychisch sein – meinem Kind ging es doch gut? Oder etwa nicht?« Die Folgen sind – Sie werden es bereits erfahren haben – Verunsicherung, Verzweiflung und Hilflosigkeit. Der Schmerz nimmt einen immer größeren Raum im Denken und Fühlen ein und scheint sich in der Familie auszubreiten, fast wie ein neues Familienmitglied.

      Obwohl chronischer Schmerz immer besser erforscht und auch verstanden wird, findet er leider bislang noch sehr wenig Berücksichtigung in der Ausbildung von Ärzten, Psychologen, Krankengymnasten, Heilpraktikern und sonstigen Therapeuten. Allzu oft wird chronischer Schmerz im Sinne von »Da stimmt etwas nicht« oder »Etwas ist im Ungleichgewicht, und das muss behoben werden!« verstanden. Schlimmer noch: Je nachdem, wen Sie mit Ihrem Problem ansprechen, bekommen Sie ganz unterschiedliche Diagnosen und Therapieempfehlungen zu hören. Das Verständnis von chronischem Schmerz als eigenständiger Schmerzerkrankung, bei welcher eine einzelne körperliche oder eine einzelne psychische Ursache nicht existiert, ist noch eher selten. Der Leidensweg eines zwölfjährigen Mädchens mit fortwährenden Bauchschmerzen soll dies verdeutlichen.

       Paula, 12 Jahre

      Seit vier Jahren klagte Paula immer häufiger über Bauchschmerzen, in letzter Zeit nahezu ständig. Paula war von einem lebenslustigen Kind zu einem stillen, ernst und manchmal leidend wirkenden, zurückgezogenen Mädchen geworden, das immer häufiger in der Schule fehlte. In ihrer zunehmenden Hilflosigkeit stellten die Eltern Paula in drei verschiedenen Krankenhäusern zur Untersuchung vor. Das Kind erhielt anschließend ambulant verschiedenste Schmerzmittel, eine homöopathische Behandlung, eine Akupunkturbehandlung, Antibiotika gegen eine diagnostizierte Magenschleimhautinfektion, verschiedene Psychotherapien und Unterweisung in Entspannungstechniken. Häufig wurde den Eltern und dem Kind gesagt, dass die Ursache nun gefunden sei. Mal war dies eine körperliche, mal eine psychische Ursache, je nachdem, welchen Beruf der angefragte Therapeut ausübte. Manchmal zeigte sich auch eine über wenige Tage anhaltende Besserung, die aber rasch wieder nachließ.

      Wegen Kindern wie Paula haben wir uns entschlossen, dieses Buch zu schreiben, um Ihnen, den betroffenen Familien, auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und unserer eigenen Erfahrungen im Rahmen der ambulanten und stationären Kinderschmerztherapie eine erste Orientierung anzubieten.

      Eine Bitte liegt uns am Herzen: Auch wenn viele von Ihnen durch Behandlungsmisserfolge wiederholt enttäuscht wurden oder möglicherweise den Glauben an eine Besserung der Situation schon ganz verloren haben – vermeiden Sie eine reine Selbstbehandlung. Besprechen Sie stattdessen Ihr Vorgehen mit dem Arzt oder Therapeuten Ihres Vertrauens. Er ist derjenige, der Sie an eine auf Schmerz spezialisierte Ambulanz oder Station überweisen muss, wenn die im Buch beschriebenen Verhaltensmaßnahmen und Tricks allein nicht mehr ausreichen. Leider passiert es immer wieder, dass dies der eine oder andere Arzt aus Mangel an Kenntnissen nicht tut. Wenden Sie sich dann an eine der im Anhang des Buches aufgeführten Adressen; von dort aus wird man Kontakt mit Ihrem Kinder- oder Hausarzt aufnehmen.

      Wir wünschen Ihnen auf dem Weg zu weniger Schmerz und mehr Leben viel Kraft und den Mut, die in diesem Buch aufgeführten Ratschläge in Ihrem Alltag umzusetzen.

       Dr. rer. medic. Michael Dobe und Prof. Dr. med. Boris Zernikow

       Datteln, den 31. Mai 2012

      Was ist Schmerz?

      Klar weiß ich, was Schmerzen sind.

       Sonst wäre ich wohl kaum hier auf der Station!

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