Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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Network (SN), Social Web, oder (älter) Social Software. Diese eher technik- und netzwerkorientierten Bezeichnungen konnten sich aber nicht durchsetzen (Stegbauer/Jäckel 2008, Welker/Kloß 2014) – alltagsprachlich etabliert hat sich der Terminus Social Media, der die mediale Affinität dieser Software betont.23 Technisch handelt es sich dabei um allgemein (oder mit Passwort) zugängliche digitale Plattformen im Internet. Man hat es also stets mit onlinebasierter (digitaler) Vernetzung zu tun hat, bei der es um das Veröffentlichen und Bearbeiten von Inhalten aller Art geht (Schmidt 2018: 17 ff.). Die Rede ist von Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Snapchat, diversen Weblogs (Blogs) etc. Man kann behaupten, dass die Nutzung sozialer Medien – wenigstens in Europa und in den USA – „für den Großteil der Bevölkerung zum regelmäßigen Bestandteil ihrer Kommunikation und Interaktion“ (Taddicken/Schmidt 2017: 19) geworden ist.

      Soziale Medien sind ohne die Existenz des sogenannten Web 2.0 nicht denkbar. Unter Web 2.0 – auch: Mitmach-Web (Kantel 2009) oder Participatory Web (Beer 2009, Blank/Reisdorf 2012) – versteht man Internetauftritte, deren Erscheinung „durch die Partizipation ihrer Nutzer (mit-)bestimmt wird“ (Münker 2015: 59). Allerdings variieren diese Partizipationsmöglichkeiten erheblich. Vielfach werden bloß Kommentare oder Bewertungen zugelassen (wie z. B. auf der Website des amerikanischen Online-Händlers Amazon), während im User-Generated Content (Schweiger/Quiring 2007) die radikalste Ausprägung des Web 2.0 zum Ausdruck kommt (wie z. B. bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia, deren Texte ausschließlich user·innengeneriert sind).

      Wir sehen also: Der Begriff Medium ist vielfältig. Abgesehen von den (primären) körpergebundenen Ausdrucksmöglichkeiten, die ganz ohne Technik auskommen, kann man an materiell-technische Trägersubstanzen (wie Luft, Papier oder Strom) denken, aber auch an CDs, an Bücher, Zeitungen, an Radio, Fernsehen, Film und schließlich an das Internet sowie das dort zugängliche Social-Media-Universum. Ein regelrechtes Begriffs-Wirrwarr hat sich hier angesammelt24 – es ist nicht zuletzt dem technischen Fortschritt v. a. im 20. Jahrhundert geschuldet.

      Aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive, wie sie im vorliegenden Buch vertreten wird, reichen diese bislang materiell-technischen Definitionen von „Medium“ allerdings nicht aus, selbst wenn sie sich mit Hilfe der von Harry Pross initiierten – und weiter gedachten – Differenzierung durchaus kategorisieren lassen. Immer wenn von Medien in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft die Rede ist, hat nämlich mehr im Spiel zu sein, als bloß die Technik, darüber gibt es in der Fachdiskussion hinlänglich Übereinstimmung (z. B. Beck 2006, 2015, Bentele/Beck 1994, Burkart 2002, Krotz 2015, Neverla 1998, Pürer 2014, Pürer/Springer/Eichhorn 2015, Rössler 2003, Rühl 1998, Saxer 1999, 2012a, Schmidt 2015a, Schweiger/Weihermüller 2008, Weischenberg 1998).

      Auch wenn man – so überlegt Weischenberg (1998) – auf den ersten Blick gerade das Internet als das „Massenmedium“25 schlechthin begreifen könnte, weil es sich doch scheinbar mit allen möglichen Angeboten an alle möglichen Menschen richtet, so wäre ein derartiger Medienbegriff dennoch „kommunikationswissenschaftlich untauglich“ (ebd.: 52). Kommunikationstechniken werden nämlich erst dann zu Medien im kommunikationswissenschaftlichen Sinn, „wenn sie über die Funktion eines technischen Vermittlungssystems hinaus in einen spezifischen institutionalisierten Handlungskontext eingebunden sind“ (Neverla 1998: 29 f.). Sie sind „ohne den Menschen nicht vorstellbar: Sie wurden von Menschen in einem sozialen Prozess erfunden und entwickelt, über das ob und wie ihrer Anwendung wird beraten und gestritten. Technische Medien sind ohne eine soziale Form des Gebrauchs wirkungs- und bedeutungslos“ (Bentele/Beck 1994: 40). Wenn wir Medien bloß als Apparate, Kanäle, Leitungen etc., also als ausschließlich technische Infrastruktur begreifen, können wir nämlich nicht erfassen, „was da vorgeht, wenn sich Publizistik oder Massenkommunikation, unter Mitwirkung von Internet, in und mit einer sozialen Umwelt ereignen“ (Rühl 1998: 101). Kurzum: Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive greift man zu kurz, wenn man in Medien bloß technische Apparate sieht, sie müssen darüberhinaus als „gesellschaftliche Instrumente“ (Pürer 2014: 206) betrachtet werden.

      Ulrich Saxer (2012a) hatte lange Zeit hindurch beklagt, dass die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft über keinen angemessenen Medienbegriff verfügt. Von ihm selbst stammt schließlich eine mittlerweile legendäre und in unserer Disziplin auch weithin akzeptierte Begriffsexplikation, die mehr als bloß die Materialität und Technizität der Medien in den Fokus rückt.

      Saxer geht davon aus, dass ein publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Medienbegriff die „Doppelnatur des Systems Medium“ (Saxer 1975: 209) berücksichtigen muss. Diese Doppelnatur besteht einerseits darin, dass sich jedes publizistische Medium zunächst durch ein gewisses kommunikationstechnisches Potential auszeichnet (beim Medium Buch wären das z. B. Materialität, Druck, Schrift, sowie Schreib- und Lesefähigkeit). Aber als publizistisches Medium verweist es andererseits auch auf bestimmte Sozialsysteme, die sich um diese Kommunikationstechnologie herum bilden (für das Buch sind das z. B. Autor·innenorganisationen, Verlage, Buchhandel und eine anonyme Leser·innenschaft). Nach Saxer sind Kommunikationstechniken allein daher eher „aussageneutral“ (ebd.: 210). Ihre inhaltliche und formale Differenzierung wird erst von ihrer jeweiligen „Institutionalisierung“ bestimmt, d. h. von der „Art und Weise, wie Gesellschaften die Medien in ihren Dienst nehmen“ (ebd.).

      Im Sinn von Saxer (insb.: 1980b, 1998, 1999, 2012a) sind für einen publizistik- und kommunikationswissenschaftlich angemessenen Begriff von Medium nunmehr folgende Begriffsbestandteile charakteristisch:

      •Kanal: Zunächst der bereits angesprochene und mittlerweile banale Umstand, dass Medien stets irgendeinen Kommunikationskanal verwenden (publizistische Medien in der Regel einen auditiven, visuellen oder audiovisuellen). Dazu gehört (noch aus technischer Perspektive) auch die Präferenz des jeweiligen Kanals für bestimmte Zeichensysteme,26 was wiederum mit bestimmten Bereitstellungsqualitäten verbunden ist: Dass z. B. ein Printmedium (wie z. B. das Buch oder die Zeitung) ausschließlich (visuell wahrnehmbare) lesbare Texte sowie (bewegungslose) Bilder drucken kann, bedeutet, dass z. B. keine Live-Berichte möglich sind, wie im Fernsehen – wenngleich diese „klassischen“ Grenzen dank Internet (man denke nur an Online-Auftritte von Printmedien) fallweise auch verschwimmen.27

      •Organisation: Dann geht es darum, dass publizistische Medien ihre Kommunikationskanäle organisieren müssen, um die jeweilige Medientechnik entsprechend zum Einsatz zu bringen. Bei publizistischen Medien handelt es sich in der Regel um Organisationen, die zweckgerichtete Tätigkeiten erbringen: Professionals (berufstätige Journalist·innen) stellen (zumeist) arbeitsteilig (in einer Redaktion) ein bestimmtes Programm her. Sie verfolgen ihre (jeweils definierten) Organisationsziele dadurch, dass sie diese Programminhalte (via Druck, Funk und/oder online) öffentlich zugänglich machen. Damit erbringen sie überdies bedeutungsvolle, gesellschaftlich relevante Leistungen (Funktionen) für ihre jeweiligen Zielgruppen. Als ihre elementarste Leistung nennt Saxer „die Vergegenwärtigung von Abwesendem“ (1999: 6) und damit zusammenhängend auch die Überwindung von (räumlichen, zeitlichen und sozialen) Distanzen sowie die Definition von „Beziehungen zwischen Personen und zwischen gesellschaftlichen Systemen“ (ebd.). Sie tragen freilich auch zur Unterhaltung/Entspannung bei, unterstützen gesellschaftliche Integration, bewirken politische Sozialisation etc.28 – kurz: Medienkommunikation ist in modernen Gesellschaften omnipräsent, Saxer spricht auch vom Prozess der „Medialisierung“ (2012a: 18), den er als „gesellschaftliches Totalphänomen“ (ebd.: 64) klassifiziert.

      •Institution: Die moderne Gesellschaft ist

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