Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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etwa die Kult- und Heiligenbilder – die sogenannten Ikonen – der orthodoxen Kirchen, aber auch eine Landkarte oder die topologische Skizze eines Eisenbahnnetzes sind Beispiele für diesen Zeichentypus.32

      Konvention will hier als gesellschaftliche Konvention verstanden werden. Es geht also nicht so sehr darum, „dass die Übereinkunft von gerade diesen sich hic et nunc verständigenden Personen getroffen wird (obwohl das möglich ist) … Die künstlichen Zeichen können … kraft einer zu einem beliebigen Zeitpunkt bewusst und zielgerichtet getroffenen Übereinkunft ins Leben gerufen werden (wie z. B. alle Kodes), sie können sich aber auch aus der historischen Praxis des gesellschaftlichen Prozesses der Kommunikation herleiten (klassisches Beispiel: die Lautsprache)“ (Schaff 1973: 167).

      Die Aneinanderreihung bestimmter Lautzeichen bzw. Buchstaben – wie etwa „t-i-s-c-h“ – ist z. B. so ein künstliches und zugleich konventionelles Zeichen. Diese Buchstabenkombination wurde zum Zweck der zwischenmenschlichen Kommunikation gebildet und durch eine Übereinkunft innerhalb einer Gruppe von Menschen (hier: innerhalb der deutschen Sprachgemeinschaft) mit ähnlichen Bedeutungen verbunden.

      Analog dazu haben z. B. auch die „Handzeichen“ eines Verkehrspolizisten Bedeutung erlangt: Bestimmte Bewegungen, die er mit seinen Armen macht, sind deswegen zu Zeichen geworden, weil sich eine Gruppe von Menschen (hier: die Verkehrsteilnehmer·innen) auf bestimmte Bedeutungen geeinigt haben.

      Im Hinblick auf den hier interessierenden Kommunikationsprozess ist aber noch eine weitere Differenzierung zu erwähnen, die sich auf die Funktion bezieht, welche die Zeichen im Rahmen des Kommunikationsprozesses erfüllen können. Zeichen können in einer „Signalfunktion“ und in einer „Symbolfunktion“ auftreten.

      Als Signal tritt ein Zeichen dann auf, wenn seine Funktion in der unmittelbaren Einwirkung auf das Verhalten anderer Lebewesen besteht. Signale sind Zeichen zu etwas, d. h. Zeichen, die zu einer Aktivität drängen. Sie sind materielle Erscheinungen, die dem Zweck dienen, eine bestimmte Reaktion auszulösen. Diese Reaktion kann durch eine Vereinbarung zwischen Menschen vorherbestimmt worden sein; sie kann aber auch – v. a. bei Tieren – instinktiv angelegt oder durch Lernprozesse bedingt (konditioniert) sein.

      Im oben genannten Beispiel erfüllen die „Handzeichen“ des Verkehrspolizisten eine typische Signalfunktion: Es existiert eine Vereinbarung, dass bestimmte Armbewegungen des Polizisten bei den jeweiligen Verkehrsteilnehmern bestimmte Reaktionen auslösen sollen.

      Auch der Schwänzeltanz der Biene – um ein Beispiel aus dem Tierreich zu nehmen – erfüllt eine Signalfunktion im hier gemeinten Sinn: Die anderen Bienen reagieren (instinktiv festgelegt) auf die jeweils durch die Art der Bewegung vermittelten Zeichen bzw. deren Bedeutungen.

      Als Symbol tritt ein Zeichen dagegen dann auf, wenn es etwas (einen Gegenstand, einen Zustand, ein Ereignis usw.) repräsentiert, m.a.W., wenn es eine „Vertretungsfunktion“ erfüllt. Symbole – oder auch: Repräsentationszeichen – vertreten den Gegenstand, auf den sie verweisen.33 Das bedeutet, dass sie anstelle des jeweiligen Gegenstandes, Zustandes oder Ereignisses auftreten und im Bewusstsein Anschauungen, Vorstellungen und Gedanken hervorzurufen imstande sind, die normalerweise nur jener Gegenstand, jener Zustand oder jenes Ereignis selbst hervorruft (vgl. Schaff 1973: 167). Das Auftreten eines Zeichens als Symbol ist nur auf konventioneller Basis möglich34, d. h., die jeweilige Repräsentation muss sich auf eine Vereinbarung stützen, von der die am Kommunikationsprozess Teilnehmenden entsprechende Kenntnis haben.

      Im weiter oben genannten Beispiel erfüllt das sprachliche Zeichen „t-i-s-c-h“ eine typische Symbolfunktion: Wenn ich diese Buchstabenkombination in einem Kommunikationsprozess verwende (und mein Kommunikationspartner die deutsche Sprache versteht), so bin ich in der Lage, bei uns beiden Gedanken und Vorstellungen wachzurufen, die normalerweise nur beim Anblick eines Tisches in unser Bewusstsein treten.

      Ein weiteres (außersprachliches) Beispiel, das die Symbolfunktion eines Zeichens erläutert, ist die Fahne: Auch hier muss man wissen, dass die Fahne nicht bloß das Stück Stoff ist, aus dem sie besteht, sondern als „Fahne“ stellvertretend für eine Gemeinschaft von Menschen (z. B. für eine Nation, einen Staat, einen Sportverein) erscheint und damit auch bestimmte Ansichten, Einstellungen, Haltungen usw. (z. B. Freiheit, Demokratie, Fairness) repräsentiert. Auf diese Weise ist ja auch das Missachten einer Fahne der symbolische Ausdruck für die Missachtung der jeweiligen Gemeinschaft, die diese Fahne repräsentiert.

      An dieser Stelle scheint es sinnvoll, das klassische Organon-Modell der Sprachfunktionen des Psychologen und Sprachtheoretikers Karl Bühler (1879–1963) zu erwähnen, v. a. weil es (neben der Signal- und Symbolfunktion) noch auf eine weitere Funktion des Zeichens verweist – nämlich auf seine Ausdrucks- oder Symptomfunktion.

      Bühler wollte mit seinem Modell (unter Rückgriff auf Sokrates und Platon) den Gedanken von der Sprache als Instrument (Organon, griech.: Werkzeug) zum Ausdruck bringen. Sprache als Mittel zum Zweck, um mit anderen über etwas kommunizieren zu können.

      Abb. 3: Das Organon-Modell der Sprache von Karl Bühler (1934: 28; eigene Darstellung)

      Bühler (1934) unterscheidet drei Sprachfunktionen, die aber ganz allgemein auch „als Zeichenfunktionen gelten können“ (Nöth 2000: 203) – nämlich: Darstellung, Ausdruck und Appell.

      Ein Zeichen fungiert

      •als Symbol, wenn die Darstellungsfunktion dominiert, d. h. wenn die Gegenstände (Personen, Dinge, Vorgänge, Ideen etc.) über die kommuniziert werden soll, im Mittelpunkt stehen. Es fungiert

      •als Signal, wenn die Appellfunktion im Vordergrund steht, d. h., wenn die Botschaft beim Empfänger etwas auslösen soll. Da ein Zeichen im Kommunikationsprozess jedoch immer von jemandem verwendet wird, fungiert es auch

      •als Symptom, weil es etwas über den Sender der Botschaft zum Ausdruck bringt. Es kann daher auch als Anzeichen für etwas aus dem „Inneren“ des Senders gelten. Das Symptom scheint „das einfachste und archaischste Zeichen“ (Keller 1995: 118) zu sein, denn Symptome „werden nicht intentional verwendet. Sie sind einfach ‚da’, und wenn sie intentional verwendet werden, verändern sie ihren Charakter“ (ebd.).

      Anzeichen, also Zeichen in ihrer Symptomfunktion (wie das Erröten als Symptom von Scham oder der Hof um den Mond als Anzeichen für Wetterumschwung), wurden vorhin (im Gegensatz zu künstlichen Zeichen) als natürliche Zeichen klassifiziert. Dies mag als widersprüchlich empfunden werden, erklärt sich aber dadurch, dass Bühler mit seinem Modell v. a. die sprachliche Kommunikation – und damit die Funktion der Zeichen (vgl. Bentele 1984: 100) – im Blick hatte.35

      Zwar ist (nach Bühler) jeder Faktor des Organon-Modells bei jedem Kommunikationsakt mehr oder weniger beteiligt, dennoch kann man davon ausgehen, dass die Dominanz der jeweiligen Funktion von Situation zu Situation variiert.

      Welche Funktion ein Zeichen jeweils (primär) erfüllt – ob es also in erster Linie als Symptom, als Signal oder als Symbol fungiert – hängt daher nicht so sehr von seiner Art bzw. Beschaffenheit ab, sondern in erster Linie von seinem Gebrauch, d. h. von dem Umstand, wie es verwendet wird. Außer Zweifel steht, dass grundsätzlich sowohl natürliche als auch künstliche Zeichen in einer Symptom-, Signal- und/oder in einer Symbolfunktion auftreten können.

      Es ist ja einzig eine Frage der jeweiligen Konvention, ob z. B. Rauch

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