Music Lovers. John Densmore
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Sein Schlagzeuger war ihm da einen Schritt voraus. Elvins komplexes Spiel dokumentierte die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Eine von Coltranes LPs trug den Titel OM, was im Sanskrit „klingen“ bedeutet. Auch bestimmt diese Silbe, dass alles unabhängig von den drei Zeitebenen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) existiert und sich in einem einzigen Klang zusammenfassen lässt. Elvin deutete dies von Moment zu Moment aufs Neue an. Während sich John Coltrane unleugbar auf der Suche nach der Wahrheit befand, hatte Elvin Jones diese bereits mittels der Kraft des Rhythmus gefunden.
Swami Satchidananda, jener indische Guru, der zu Beginn des Woodstock-Festivals 1969 gesprochen hatte, bestätigte Elvin und Coltrane auf ihrer Suche:
Es gibt gewisse mystische Klänge (OM), die der Sanskrit-Terminologie zufolge als Bijakshara bezeichnet werden. Musik ist ein astrales Geräusch und es ist der Klang, der das ganze Universum kontrolliert, nicht etwa atomare Schwingungen. Die Energie des Klangs ist viel, viel größer als irgendeine andere Kraft auf dieser Welt.
In einem Interview sagte Coltrane einmal, dass es finstere Mächte gäbe, die Leiden verursachten. Er wollte hingegen eine Kraft des Guten sein.
Mein Instrument, die Trommel, versetzte einst Menschen in patriotische Verzückung und brachte Soldaten dazu, ihre Mitmenschen umzubringen. Ein anderer meisterhafter Schlagzeuger mit Nachnamen Jones, Jo Jones, riet einst einem jungen Kollegen: „Schlag nicht auf die Trommel ein, sondern spiele auf ihr … Die Trommel ist eine Frau.“ Selbstverständlich lehrte uns John Coltranes Schlagzeuger aber auch, dass Trommeln mehr sind als nur der Soundtrack zum Krieg, sie mehr zu bieten haben als nur einen Beat, zu dem sich prima tanzen lässt. Elvin pushte das Konzept auf die höchstmögliche Ebene. Hinsichtlich der Jahre mit Coltrane kommentierte er: „Wir artikulierten unser bis dahin erlangtes kollektives Gewissen und formten es innerhalb dieses Kontexts zu einem kohäsiven Sound. So brachten wir zum Ausdruck, wie wir uns fühlten – spirituell, emotional und intellektuell. Wir mussten uns gar nicht großartig unterhalten …
alles lief telepathisch ab.“
Nach der Darbietung an der UCLA durften die Leute auf die Bühne kommen, weshalb sich auch meine Wenigkeit auf den Weg machte, um ganz schüchtern in die Rolle des Groupies zu schlüpfen. Hier handelte es sich nicht um eine Rockshow, weshalb Fans nicht erst – zumindest gefühlt – die Berliner Mauer überwinden mussten, um an einen Bühnenkünstler heranzukommen. Mir fehlte immer noch der Mut, meinen Lehrmeister anzusprechen, weshalb ich Elvin einfach nur dabei beobachtete, wie er mit einem Hammer Nägel aus dem Boden zog, die er eingeschlagen hatte, um seine Bassdrum daran zu hindern, auf der Bühne nach vorn zu rutschen. Manchmal spielte der Mann schon ziemlich hart! Ich hielt mich in der Nähe seines Schlagzeugs auf und warf verstohlene Blicke auf mein Idol. Irgendwann sollten wir noch Freunde werden. Bis heute erscheint mir sein Stil besonders nacheifernswert.
Mein nächster persönlicher Kontakt mit Elvin Jones fand erst viele Jahre später statt. In den 1980ern war Coltrane längst tot und Elvins Jazz Machine bot vielen jungen Musikern eine Plattform. Ich war gerade in New York und begab mich ins Slugs auf der Lower East Side. (Slugs war jener Jazz-Club, in dem der Trompeter Lee Morgan von seiner Frau erschossen worden war.) Die Rückseite der Bühne wurde durch eine rote Ziegelmauer begrenzt, die Elvins Sound lauter als je zuvor ins Publikum zurückwarf. Anders als viele Jazzmusiker verzichtete er zumeist auf ein Sakko, da seine muskulösen Arme die Nähte hätten platzen lassen. Mir fiel auf, dass seine Musik vielen der Besuchern zu intensiv war. Ich hingegen kam voll auf meine Kosten und mein Verlangen nach seinen Rhythmen wurde mehr als gestillt.
Ich erinnerte mich an die frühen Proben mit den Doors, als wir die Solo-Parts für „Light My Fire“ an ein paar Akkordwechseln von „My Favorite Things“ orientierten. Coltrane hatte sich dafür bei einer abgeschmackten Broadway-Nummer aus The Sound of Music bedient und sein ganz eigenes Ding daraus gemacht. Elvins Einfluss auf mich war wohl unleugbar, was auch dem renommierten Musikkritiker Greil Marcus auffiel, der über mein Spiel bei „Light My Fire“ schrieb:
Quer über Manzareks Solo hinweg erhebt sich diese wilde Bestie namens John Densmore, der mit unablässiger, dringlicher Hartnäckigkeit seiner donnernden Drums die Musik glatt verschlingen könnte, sie aber stattdessen wieder ausspuckt. In unerwarteten Augenblicken zieht er sich ein wenig zurück und zieht dabei auch Manzarek mit. Sein Sound bietet plötzlich jede Menge Freiraum und man nimmt den Schlag auf die Snare als Einzelereignis wahr. Bei Kriegers Solo gibt er sich vorsichtiger, als ob sich die Bestie nicht ganz sicher ist, mit welcher Tiergattung sie sich nun konfrontiert sieht. Als ob sie noch abwarten möchte, um es herauszufinden. Während diese Passage sich fortsetzt, so flüssig gespielt von Krieger, wiederholt Densmore noch einmal den Einzelschlag auf die Snare, den er schon zu Beginn des Songs abgefeuert hat: Das Erste, was man zu hören bekommt, dessen Echo umgehend von Manzareks fulminantem Einstieg absorbiert wird. Von Anfang bis Ende behält Densmore das Lenkrad fest im Griff, weshalb alle anderen auch so befreit aufspielen können.
Ich wusste, dass ich mir das vom Jazz abgeschaut hatte. Ich bin ja so dankbar dafür!
1995 sah ich Jones im Vine Street Bar & Grill, einem Jazzclub, der sich ein paar Blocks vom alten Manne Hole in Hollywood entfernt befand. Ich war besonders aufgeregt. Nachdem ich Zeuge einer Darbietung geworden war, die nicht weniger kraftvoll gewesen war als jene 30 Jahre zuvor, begab ich mich hinter die Bühne, um mich nun tatsächlich mit Elvin zu unterhalten. Unter dem Arm trug ich meine Memoiren Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors. Mittlerweile war ich selbst längst ein gefeierter Schlagzeuger, aber was ich mir hier gerade zu Gemüte geführt hatte, war kein Rock’n’Roll, sondern Jazzs –
die Grundlage meiner ganzen Herangehensweise an das Thema Schlagzeug. Ganz schön verzagt stellte ich mich selbst vor. Mein Name sagte Elvin gar nichts. Deshalb überreichte ich ihm rasch ein Exemplar meines Buches und sagte: „Das ist für dich. Es ist meine Autobiografie und handelt davon, in einer Rockband zu spielen. Ich schreibe darin auch, dass du es bist, dem ich meine Hände verdanke.“
Ich war auf eine herablassende Reaktion eingestellt. Immerhin galt Jazz als die wertvollere Kunstform. Aber so tickte Mr. Jones nicht. Er verhielt sich unfassbar freundlich und liebenswert. Wieder einmal schätzte ich mich einfach nur glücklich, mich in seiner Gegenwart aufhalten zu dürfen. Er sprach mit leiser Stimme und bedankte sich für meinen Besuch. Ich fühlte mich vollkommen geehrt, weil ich diesem Mann, dem ich so viel verdankte, die Aufwartung machen durfte.
Einige Jahre später trat Elvin mit seiner Gruppe Jazz Machine in der Jazz Bakery in Culver City auf. Und wieder begab ich mich auf Pilgerfahrt. Elvins Spiel hatte sich nicht im Geringsten verschlechtert. Er channelte nach wie vor den Pulsschlag des Universums. Nach dem letzten Set des Abends freundete ich mich mit einem weiteren Schlagzeuger an, Len Curiel, der ganz offenkundig Elvins größter Fan war. „Du musst unbedingt noch eine Runde mit ihm plaudern“, meinte Len. „Er ist total zugänglich und wird dir seine Telefonnummer in New York geben. Vielleicht gehen wir später noch alle zusammen einen Happen essen. Ich habe das schon oft mit ihm gemacht.“
Wow! Abhängen mit meinem Mentor? „Ich werde mal helfen, sein Schlagzeug abzubauen“, sagte ich zu Len, als ich sah, wie Elvins Frau einen Beckenständer auseinanderschraubte.
„Keiko wird dir das auf keinen Fall gestatten“, lachte Len. „Sie ist sein Manager und Roadie.“
Ich erspähte Dave Weckl, der mit Chick Corea spielte, sowie den Schlagzeuger von Blood, Sweat & Tears, Bobby Colomby. Beide sahen auf die Bühne hinauf und