Music Lovers. John Densmore
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Als wir mit den Doors noch richtige Hungerleider waren, kochte uns meine Mom regelmäßig Spaghetti zum Abendessen. Das war noch, bevor Robby in der Band war. Mein Dad fand unseren Bandnamen bekloppt, aber er war ja auch nicht mit jenem Buch vertraut, dem wir ihn entlehnt hatten, The Doors of Perception von Aldous Huxley [deutscher Titel: Die Pforten der Wahrnehmung]. Er verstand nicht, dass die Idee dahinter darin bestand, seinen Geist zu öffnen – nicht unbedingt mit Drogen, obwohl es in diesem Buch genau darum geht. Es ging auch mit Alkohol. Oder Meditation. Selbst mit Büchern war es möglich.
Ray Manzarek und seine Freundin Dorothy baten immer um einen Nachschlag. Sie verfügten nicht über das Privileg, sich aus dem Kühlschrank von Rays Eltern zu bedienen, die eine Stunde mit dem Auto weiter südlich in Manhattan Beach wohnten. Ich machte mir stets Sorgen, wie Jim sich benehmen würde, aber auch er hatte Hunger, weshalb ein herzlicher Grundtenor herrschte. Wenn ich mich auf die hinteren beiden Beine meines Stuhls zurücklehnte, was ich schon seit Jahren tat, wies mich meine Mutter nicht zurecht, indem sie mir befahl „aufrecht“ zu sitzen. Zumindest nicht in Gegenwart meiner Bandkollegen. Ich besitze diese sechs Stühle samt Esstisch auch heute noch. Einer davon ächzt gewaltig, was daran liegt, dass ich viele Jahre lang darauf herumgeritten bin. Einmal bin ich auch nach hinten umgekippt, was meiner Mom innerlich Genugtuung bereitete. Ich hatte aber nichts daraus gelernt.
Vermutlich vermittelte sie mir das Geschenk der Musik indirekt, indem sie mich in eine katholische Kirche mitschleifte. Dort lauschte ich den Klängen eines durchgeknallten irischen Organisten. Aber auch der Umstand, dass sie zuhause liebend gern Musik hörte, spielte eine Rolle. Wenn wir an der Messe teilnahmen, ließ ich meine Mutter wissen, dass ich den Geruch des Weihrauchs nicht aushielte. Also erlaubte sie mir, hinauf auf die Empore zu steigen, wo sich außer mir niemand hin traute, weil der Klang der Orgel, auf der Mr. K mit der roten Nase spielte, viel zu laut war. Mom sagte, dass er das Lautstärkepedal viel zu großzügig einsetzte. Wenn ich da oben bei ihm saß und Zeuge wurde, wie er das „Ave Maria“ rockte, konnte ich förmlich spüren, wie die tiefen Töne meinen Sitzplatz zum Erbeben brachten. Mein Gehirn vibrierte ebenfalls, was mir den Anflug eines euphorischen Hochgefühls bescherte.
Zuhause gab es entweder abgeschmackte Fahrstuhlmusik oder Beethoven aus der Musiktruhe zu hören. Ich konnte mit beidem etwas anfangen, doch gefiel mir das dramatische Getöse ernsthafter klassischer Musik doch besser. Die Dynamiken – „fortissimo“ und „pianissimo“ – der drei großen Komponisten mit „B“ am Anfang (Bach, Beethoven und Brahms) sollten später auch meine Arbeit als Perkussionist maßgeblich beeinflussen. Diese Art der Musik vermittelte mir meine Mom auch in Form der Klavierstunden. Später profitierte mein Schlagzeugspiel davon, da es dadurch viel musikalischer wurde.
Meine Mom konnte mich unter den Tisch trinken. Ihr Spitzname lautete nicht umsonst „Margarita“. Sie gehörte zu den Martini-Enthusiasten der 1950er, weshalb sie daran gewöhnt war, allabendlich Cocktails zu süffeln. Ich entstammte jener Ära, in der man der Ansicht war, Alkohol sei nur etwas für alte Leute. In den Sixties wurde vielmehr gekifft! Als sie älter wurde, führte ich sie in ihr mexikanisches Lieblingsrestaurant aus, wo sie sich ein paar Margaritas genehmigte. Margret hatte dann definitiv einen sitzen, was sie noch gesprächiger machte. Ich gab es irgendwann auf, mit ihr mitzuhalten. Außerdem war ich ja als ihr Fahrer eingeteilt. Ein Tequila reichte da schon aus, was mich insgesamt auch weniger kostete! Sie liebte die Mariachi-Musiker und verwickelte jeden, der ihr zuhören wollte, in ein Gespräch. Aber auch wenn jemand nicht zuhörte, ließ sie sich kaum bremsen.
Ich erwähnte das ermüdende Geplappere auch in meiner Grabrede und erntete großes Gelächter, als ich betonte, dass es mir unmöglich war, mit der 92-jährigen „Peggy Margarita“ Schritt zu halten. Möge sie in Frieden ruhen – vielleicht gönnt sie sich ja jetzt gemeinsam mit Dad noch einen Schlummertrunk.
Als ich jung war, trieb sie mich mitunter förmlich in den Wahnsinn, aber selbst daran erinnere ich mich heute gerne zurück. Ein paar Tage, bevor sie starb, teilte mir meine Cousine MaryAnn mit, dass ich besser bald die anderthalbstündige Autofahrt hinter mich bringen sollte, um sie noch einmal zu sehen, da sie nun rapide abbaute. Ich sagte ihr, dass ich mich sofort auf den Weg machen würde. Da ich erst ein paar Tage zuvor bei ihr gewesen war, trödelte ich ein bisschen herum. Eine Stunde oder so später brach ich endlich nach Ventura auf. Als ich eintraf, schlief Peggy Margret. Sie war noch nicht auf die andere Seite gewechselt und sollte noch einen Tag länger leben. Allerdings sollte sie nicht mehr aufwachen. Nun wusste ich, dass ich wirklich sofort hätte aufbrechen sollen.
Das Pflegepersonal meinte, dass sie am Vorabend um 3 Uhr morgens noch wach gewesen wäre, weshalb sie an diesem Tag so früh eingeschlafen war. Man hatte ihr ganz offensichtlich mitgeteilt, dass ich kommen würde, da sie mit ihren türkisenen Ohrringen, einer türkisenen Halskette und leicht verschmiertem Lippenstift im Bett lag. Eine 94 Jahre alte Dame, die sich für ihren Sohn immer noch zurechtmachte – dieses Bild wird mir immer in Erinnerung bleiben.
II.
Robert Armour
* * *
Das Funkeln
Das Auge schenkt Einblick in die Seele.
Robert Armour war ein nerdiger Flötist und mein Musiklehrer an der Highschool. Tatsächlich waren wir Musiker ja alle Nerds. Denn damals galt es noch nicht als „cool“, Musiker zu sein. Die Sportler waren die Coolen. Sie trugen Pullis mit einem Buchstaben drauf, der ihre jeweilige Sportart kennzeichnete – Football, Baseball, Leichtathletik. Umrahmt wurde dieser Letter von einem „U“, das für die University High in West Los Angeles stand. Dorthin wechselte ich im Anschluss an die Daniel Webster Junior High.
Wenn aber gekreuzte Tennisschläger innerhalb des „U“ für Uni High deinen Sweater zierten, hielten einen damals alle für schwul. Allerdings hatten wir dafür ein viel hässlicheres Wort. Jedoch musste ich mir darüber keine Sorgen machen. Ich war so etwas wie die eiserne Reserve des Tennisteams und wurde letzten Endes für kein einziges offizielles Match nominiert. Also bekam ich auch keinen Buchstaben oder sonstige Abzeichen für meinen Pulli. Zumeist schlug ich den Ball allein gegen eine Mauer.
Meine Leidenschaft gehörte der Musik. Nachdem ich im Alter von acht mit Klavierstunden begonnen hatte, begeisterte ich mich sofort für dieses Instrument. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen und tendierte bereits in Richtung Jazz. Ich zog es vor, mir bereits vertraute Stücke durch Improvisationen aufzupeppen, anstatt neue Kompositionen zu lernen. Wenn ich diese Nummern spielte, immer und immer wieder, und sie dabei ein wenig abänderte, versetzte mich das in einen Trance-Zustand, da es mir so vorkam, als würde die Zeit stillstehen. Da war ich aber noch zu jung, um zu begreifen, dass die Kunst in der Lage ist, uns aus den Fängen der Zeit zu befreien.
Als ich an die Webster kam, wollte ich am liebsten gleichzeitig in der Blaskapelle, dem Orchester und dem Jazz-Ensemble mitspielen. Einfach in jeder musikalischen Formation. Dabei war es mir herzlich egal, welches Instrument ich spielen würde. Da ich wusste, dass ich mit dem Klavier weder für die Blaskapelle noch für das Orchester in Frage kam, entschied ich mich für die Klarinette. Eigentlich interessierte ich mich ja für die Posaune. Mir gefiel, wie man mit der linken Hand einen Teil des