Music Lovers. John Densmore
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Es ist offenkundig, was die Hochschulverwaltung vor 50 Jahren an Professor Katz auszusetzen hatte: Er wich vom Lehrplan ab und sprach einfach aus, was ihn so beschäftigte. Doch er sprudelte förmlich über vor Vitalität und Lebensfreude – und das war die allerbeste Lektion.
Ich habe eigentlich immer noch ein Jahr am College vor mir, in dem ich 30 Kurspunkte sammeln muss, bevor ich meinen Bachelor in Anthropologie erhalte. Aber ich glaube nicht, dass ich mir das noch antun werde. Allerdings erwies ich Fred Katz noch einmal die Ehre, als er schon in seinen Neunzigern war. In der Los Angeles Times hatte ich gelesen, dass das überaus ehrwürdige Skirball Cultural Center nach 20 Jahren eine Neuauflage von Freds Wohnzimmer-Konzerten organisierte. Da durfte ich nicht fehlen und saß in der zweiten Reihe. Die Bühne war mit Stühlen und Sofas ausstaffiert, um eine einwandfreie Wohnzimmer-Atmosphäre zu garantieren. Die Kulisse war dem tatsächlichen Wohnzimmer des Professors nachempfunden, in dem er jahrelang Jam-Sessions veranstaltet hatte.
Seinerzeit kreuzten etliche klassisch ausgebildete Musiker bei ihm zuhause auf. Immerhin hatte Fred in seinen jungen Jahren bei Pablo Casals gelernt. Aber auch eingefleischte Jazzer standen auf der Matte. Schließlich hatte Fred mit Dexter Gordon, Charles Mingus, Lester Young, Lena Horne, Tony Bennett, Gerry Mulligan, Ken Nordine und Buddy Collette gespielt, um nur ein paar zu nennen, und mit Jim Hall, Paul Horn, Eric Dolphy, Gábor Szabó und Charles Lloyd musiziert, um noch ein paar weitere Jazz-Granden zu erwähnen.
Der Maestro jammte ein bisschen auf seinem Cello, nahm auf einer Couch Platz und begann drauflos zu plaudern. Der Mann liebte es zu quasseln. Er dankte uns dafür, dass wir zur Probe für seinen 92. Geburtstag erschienen waren. Er erzählte Witze. Dann spielte er noch mehr Musik. Die Warmherzigkeit, die den Raum erfüllte, war förmlich greifbar. Es fühlte sich so an, als hätte er tatsächlich alle 200 Anwesenden zu sich in sein Wohnzimmer eingeladen. Wieder einmal wurde einem klar, was die College-Leitung so an Fred Katz frustriert hatte: Seine eindrucksvollste Lektion bestand schlicht darin, wer er war.
Am Ende der Festivitäten wartete ich zunächst noch ein bisschen, ging dann aber doch zu ihm hinüber und stellte mich ihm noch einmal vor. Professor Katz rief mit lauter Stimme: „Hey, du bist der Typ von den Doors! John! Der Schlagzeuger!“ Das war einerseits sehr schmeichelhaft, andererseits aber auch ein bisschen peinlich. Doch wenn es meinen Mentor glücklich machte, mich zu sehen, dann machte mich das erst recht glücklich! Wir verabschiedeten uns und ich fuhr ganz selig heimwärts.
Etwa einen Monat später kam Freds Herz hingegen endgültig zum Stillstand. Sein Geist flog nun jedoch noch höher als jemals zuvor. Die Berichterstattung über sein Ableben überschlug sich nur so vor Superlativen: „Sein großes musikalisches Genie ist nunmehr überall! Es durchdringt den Äther! Es erfüllt den Ozean! Man kann sich überall mit ihm in Verbindung setzen. Es ist für alle verfügbar! Man muss nicht mal mehr eine Eintrittskarte kaufen. Seine Liebe und seine Weisheit kennen keine Grenzen! Dieser Mann, der das Leben so geliebt hat, ist nun ein Schutzengel! Ruft ihn einfach an … er wird euch stets erhören. Er wird euch allen mittels Schallwellen eine Nachricht zukommen lassen.“
IV.
Elvin Jones
* * *
Auf Messers Schneide
Vom Rand aus überblickt man besser das große Ganze.
Als jugendlicher Schlagzeuger stolperte ich über John Coltranes Schallplatten und spürte, dass hier etwas Magisches vonstattenging. Ich war noch zu jung, um begreifen zu können, was mich so ansprach. Allerdings wusste ich, dass das unablässige „Suchende“ in Elvin Jones’ Schlagzeugspiel mich in einen Trance-Zustand zu versetzen vermochte. Jones bediente sich des Rhythmus’, um mit der Ewigkeit in Kontakt zu treten.
Am allerwichtigsten für Schlagzeuger – und eigentlich für alle Musiker – ist ein ausgeprägtes Taktgefühl, eine Art verinnerlichtes Metronom, um ein gleichmäßiges Tempo halten zu können. Ohne dieses Gespür sind sie nämlich nicht in der Lage, in einen hypnotischen Zustand der Zeitlosigkeit einzutreten. Wenn man jegliches Gefühl für das richtige Tempo vermissen lässt, wird einem auch kein technischer Schnickschnack weiterhelfen.
Der Jazz-Titan Thelonius Monk brachte es perfekt auf den Punkt, als er eine Liste der zehn wichtigsten Eigenschaften erstellte, die ein guter Musiker benötigt. Ganz oben stand bei ihm das Timing: „Vor allem, wenn du nicht der Schlagzeuger bist!“ Das war ein richtig cleverer Kommentar. Monk wusste, dass ein Saxofonist zwar wie ein Irrer Solos vom Stapel lassen konnte, es aber alles nichts nutzte, wenn das innere Metronom nicht richtig eingestellt war. Wenn es einem am musikalischen Timing mangelt, fühlt es sich an, als würde man im Krankenhaus auf einer Pritsche liegen und dabei zusehen müssen, wie das eigenen EKG auf und ab fluktuiert.
Mein Mentor Elvin Jones brach am 18. Mai 2004 zur anderen Seite durch. Doch sein Schaffen hinterm Schlagzeug war so einprägsam und stark, dass man seinen Puls noch über Jahrhunderte hinweg wird vernehmen können. Elvin Jones, diese polyrhythmische „Jazz-Maschine“ und der Motor hinter Coltrane, war über den Jordan. Er hatte eine bahnbrechende Vorarbeit für alle anderen Takthalter geleistet. Er war der erste, der sich wirklich von der Aufgabe verabschiedete, als Uhrwerk zu fungieren. Stattdessen improvisierte er durchgehend, ohne dabei die Orientierung und den Takt aus den Augen zu verlieren.
Für Schlagzeuger ist es am wichtigsten, ein konstantes Tempo zu halten. Ganz egal, was für einen Rhythmus man spielt, wenn der Pulsschlag nicht sitzt, wird man nicht zum Publikum durchdringen. Die amerikanischen Ureinwohner betonen gerne, dass die Trommeln, die sie für ihre Tänze einsetzen, einen schnörkellosen, monotonen Rhythmus vorgeben, weil dieser den Herzschlag von Mutter Erde repräsentiert. Wir Schlagzeuger wissen, dass der Herzschlag unserer Mütter das erste Musikinstrument war, das wir jemals zu hören bekamen. Wenn der rhythmische Pulsschlag auch nur im Geringsten kompromittiert ist, wird sich das auf das gesamte Ensemble auswirken, mit dem man spielt. Als ob sie sich noch immer im Bauch der Mutter befänden und der Puls der Mutter aussetzen würde. Wenn der Beat aber Konsistenz vermittelt, fühlt sich der Hörer geborgen, kann zum Sound grooven und sich in einen Song, der in seiner Funktion an warmes Fruchtwasser erinnern mag, so richtig eintauchen.
Als Spezies haben wir seit jeher versucht, in den Schoß der Mutter zurückzukehren. Das ist auch der Grund, warum wir uns zum Rhythmus bewegen, warum wir tanzen. Wenn Leute zu Jazz grooven, zu Reggae oder Hip-Hop tanzen, bewegen sie sich immer auf der Eins, also dem ersten Beat eines Takts. Als wären unsere Körper elektrisch mit dem Puls eines Songs, dessen Herzschlag, verbunden.
Ich traf Elvin zum ersten Mal 1963. Nervös zeigte ich dem Türsteher im Shelly’s Manne Hole, einem Jazz-Schuppen in Hollywood, meinen gefälschten Ausweis aus Tijuana. Er sah ihn sich an und warf mir einen Blick zu, der zu sagen schien: Dein Ausweis ist ein ganz klarer Fake, Kleiner. Dann winkte er mich in den Club rein, in dem ich meinen Helden sehen wollte. Mit meinen 16 Jahren hatte ich mich bereits durch Coltranes LPs auf Impulse! Records gehört. Ich fütterte diese Musik meinen Ohren wie Bonbons. Es fühlte sich so an, als würden die Musikgötter mit jedem neuen Album einen akustischen Eisbecher mit heißer Karamellsauce kredenzen. Auch in meiner Autobiografie Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors brachte ich diese Obsession zur Sprache: „Immer, wenn ich die Plattennadel auf eine Coltrane-Platte senkte,