Der Blick in den See. Mart Rutkowski
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Unser Team arbeitet prozessorientiert – so wie es auch unsere Definition von Erlebnispädagogik einfordert. Prozessorientiertes Arbeiten bedeutet nicht, keinen Plan zu haben. Es bedeutet auch nicht willkürlich irgendwas zu machen und zu schauen, was passiert. Prozessorientiertes Arbeiten bedeutet einen dauernden Abgleichprozess vom eigenen Vorgehen mit den in der Gruppe beobachtbaren Prozessen. Das ist ein wenig wie beim Segeln mit dauernd wechselnden Windverhältnissen – ein laufendes Korrigieren des Kurses durch Veränderungen an Segel und Steuer. Und diese Kurskorrektur richtet sich nach dem, was tatsächlich gerade passiert. Man stellt sich also darauf ein, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. (Was nicht heißt, dass nicht auch das Ziel während der Fahrt ein anderes werden kann.) Diese Metapher lässt sich noch weiter ausbauen und weiterspinnen – zunächst möchte ich es aber dabei belassen.
Das im Folgenden dargestellte Prozessplanungsmodell wurde von uns entwickelt um zwei Dinge zu zeigen:
1 Wie entwickeln wir überhaupt ein erlebnispädagogisches Programm, wenn sich Prozesse nicht antizipieren lassen? In der Praxis müssen wir ja schließlich trotzdem ein Programm planen!
2 Was bedeutet Prozessorientierung für uns?
Das Modell soll dabei einen Denkvorgang abbilden, der in der Praxis natürlich oft viel unstrukturierter passiert. Oftmals handeln wir intuitiv – und verstehen erst hinterher (in der eigenen Reflexion), warum wir so oder anders gehandelt haben. Ich möchte es zweimal an Hand von Beispielen durchgehen – einmal bezogen auf einen Makroprozess und einmal bezogen auf einen Mikroprozess.
Die Schritte bleiben dabei immer annähernd die selben:
Pädagogisches Richtziel in den Blick nehmen (1)
Das Prozessziel der aktuellen Situation anvisieren (2)
Über eine sinnvolle Intervention oder ein Medium nachdenken (3)
Prüfen der Rahmenumstände hinsichtlich Intervention oder des Mediums. Spezifizierung der Anwendungsanforderungen (4)
Entscheidung für die spezifische Intervention (5)
Vorausblick: Was geschieht danach?
Anwendung der Intervention/des Mediums
Erneute Überprüfung Richtziel und Prozessziel (6)
Erneutes Nachdenken über sinnvolle Intervention oder Medium (3)
siehe hierzu die Grafik „Erlebnispädagogische Prozessplanung“
Praxisbeispiel Prozessplanung 1: Dialog des Leitungsteams bei einem neuen Auftrag
Mart: „Also, wir haben das Projektteam, dass sich aus zwei unterschiedlichen Teilgruppen zusammensetzt plus einem Projektkoordinator. Oftmals arbeiten die Unterteams getrennt voneinander und der Projektleiter steht nur über E-mail in Verbindung mit den Teilprojekten. Praktisch alle Mitarbeiter des Projekts haben in den Zielfindungsfragebögen angegeben, dass sie das Gefühl hätten, es gäbe verdeckte Konflikte und man rede aneinander vorbei, weil noch kein Gefühl für das Gesamtteam da sei. Nehmen wir also mal so was wie besseres Verständnis füreinander, Kennenlernen der Anderen, Entwicklung eines Wir-Gefühls, Verbesserung der Kommunikationsstrukturen und (ich rate mal!) der Kommunikationsweise als Richtziel und große goldene Endvision am Horizont… Wie fangen wir an?
Rebekka: „Ich finde, wir sollten uns die Zusammenarbeit erst mal ansehen um zu schauen, wie komplex die Kommunikation wirklich ist. Möglicherweise macht der Umweg über die Koordinationsstelle Schwierigkeiten.“
Mart: „Oder wir haben eine Ungleichverteilung von Kompetenzen. Oder es gibt (sehr wahrscheinlich sogar) zwei unterschiedliche Kulturen. Oder der Koordinator ist überengagiert oder steht unter Druck und das wirkt sich auf die Strukturen aus.
Was soll also am Anfang passieren?“
Rebekka: „Wir machen irgendwas strukturähnliches mit viel Aufforderungscharakter in unterschiedlichen Teilgruppen. Irgendwas, wo sie viel miteinander kommunizieren müssen und sich so richtig in die Haare kriegen. Floßbau, Pipeline, so was in der Art. Zwei Gruppen, eine Koordinationsstelle und Kommunikation nur über Funk. Damit versuchen wir die Alltagssituation möglichst nah abzubilden. Ggf. machen wir Zwischenreflexionen um zu schauen, welche Parallelen erkennbar sind. Wie weit ist denn der See weg?“
Mart: „Ich war an der Stelle schon mal. Floßbau geht da total gut. Material müsste halt früh genug oben postiert werden.“
Rebekka: „OK, wenn wir in der Situation feststellen, dass Floßbau gerade noch gar nicht passt, weil es eine Überforderung darstellt oder was immer, was machen wir dann?“
Mart: „Dann machen wir Pipeline – dazu müssen wir dann noch mal über die Regeln schauen – und Floß mit anderer Fokussierung später.“
Rebekka: „OK, wir erzählen ihnen also, dass wir eine Situation kreieren, die dem Arbeitsalltag gewissermaßen ähnlich ist… Irgendeine inhaltliche Fokussierung?“
Mart: „Sie sollen darauf achten, was ihnen von Vorgehensweise in Planung und Organisation bekannt vorkommt und sollen „Stop!“ schreien, sobald sie etwas Störendes registrieren?“
Rebekka: „Dann kommen wir möglicherweise gar nicht voran. Nee, die sollen einfach nur darauf achten, was ihnen bekannt vorkommt, und wir machen auf jeden Fall eine Zwischenreflexion. Brauchen wir da irgendwelche Absprachen zwischendurch?“
Mart: „Können wir ja schnell machen – wir sind ja nur optisch getrennt – sonst sind wir ja nicht weit auseinander. Ansonsten unterbricht einfach derjenige von uns den Prozess, wenn er denkt, jetzt sei es nötig.“
Rebekka: „Irgendeine besondere Reflexionsmethode?“
Mart: „Weiß ich nicht. Kann ich bei der Gruppe nicht sagen. Im Vorgespräch waren die alle sehr kommunikationsbedürftig. Braucht glaube ich viel klare Struktur, damit das nicht ausufert. Lass uns je nach Bedarf den Reflexionsblumentopf oder den Würfel verwenden – wenn’s ganz chaotisch läuft, nehmen wir die Reflexionsschleife.“
Rebekka: „Oder Positionieren zu Aussagen.“54
Mart: „Oder das, ja, das wird auf jeden Fall intensiv. “
Rebekka: „OK – Das Team hat mit Hilfe der Koordinationsstelle zwei gleiche Flöße gebaut, Kommunikation lief über Funk, es gab vermutlich Unstimmigkeiten – zumindest wäre es verwunderlich, wenn nicht – wir haben zwischenreflektiert, die Gruppe hat mit Hilfe der Ergebnisse weitergemacht, die Flöße funktionieren, wir machen eine Abschlussreflexion – mit welcher Fragestellung?“
Mart: „Was war jetzt besser als vorher und wie können wir konkret dafür sorgen, dass es weniger Reibungsverluste in Planungsphasen gibt? Wir sollten da einen Flipchart haben um die Ergebnisse zu dokumentieren.“
Rebekka: „Machen wir aber