Verändere dein Bewusstsein. Michael Pollan
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Mit der Zeit fand er das, was er bei seinen Meditationen über «das Mysterium des Bewusstseins und Seins» lernte, fesselnder als die Wissenschaft. Er fühlte sich irgendwie entfremdet: «Keiner der Leute, die mir nahestanden, hatte Lust, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, die in die allgemeine Kategorie des Spirituellen fielen, und religiöse Menschen verstand ich einfach nicht. Da habe ich einen Lehrstuhl inne, publiziere wie ein Verrückter, fahre auf wichtige Tagungen und betrachte mich als Heuchler.» Er begann das Interesse an der Forschung zu verlieren, die sein gesamtes Erwachsenenleben bestimmt hatte. «Ich konnte eine neue sedativ-hypnotische Substanz untersuchen, etwas Neues über Rezeptoren im Gehirn lernen, in einer weiteren Kommission der FDA [Arzneimittelzulassungsbehörde] sitzen, an einer weiteren Tagung teilnehmen, aber egal. Mein Gefühl und mein Verstand wollten lieber wissen, wohin dieser andere Pfad führen könnte. Meine Drogenforschung kam mir stumpfsinnig vor. Auf der Arbeit handelte ich mechanisch und freute mich drauf, abends nach Hause zu fahren und zu meditieren.» Die einzige Motivation, weiterhin Förderanträge zu stellen, war der Gedanke, es im Dienste seiner Studenten und Postdoktoranden zu tun.
Im Fall seiner Koffein-Forschung hatte Griffiths seine Neugier bezüglich eines Problems aus seinem eigenen Erfahrungsbereich – warum fühlte er sich gezwungen, tagtäglich Kaffee zu trinken? – in einen produktiven Forschungsansatz umwandeln können. Doch er sah keine Möglichkeit, mit seiner immer größeren Neugier bezüglich der Dimensionen des Bewusstseins, die ihm die Meditation eröffnet hatte, ebenso zu verfahren. «Mir kam nicht in den Sinn, das Ganze wissenschaftlich zu untersuchen.» Hilflos und gelangweilt überlegte Griffiths, die Wissenschaft an den Nagel zu hängen und nach Indien in einen Aschram zu gehen.
Etwa zu dieser Zeit rief ihn Bob Schuster an, ein alter Freund und Kollege, der vor Kurzem als Leiter des National Institute on Drug Abuse ausgeschieden war, und schlug ihm vor, einmal mit einem jungen Mann namens Bob Jesse zu reden, den er gerade in Esalen kennengelernt hatte. Jesse hatte im legendären Big Sur Retreat Center ein kleines Treffen von Forschern, Therapeuten und Religionswissenschaftlern organisiert, um über das spirituelle und therapeutische Potenzial psychedelischer Drogen und die Frage zu diskutieren, wie man sie rehabilitieren könne. Jesse selbst war weder Arzt noch Wissenschaftler; er war Computertechniker, Vizepräsident für Geschäftsentwicklung bei Oracle, und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die wissenschaftliche Untersuchung von Psychedelika neu zu beleben – allerdings nicht so sehr als Instrument der Medizin, sondern der spirituellen Entwicklung.
Griffiths hatte Schuster von seinen spirituellen Übungen erzählt und ihm gebeichtet, dass er mit der konventionellen Drogenforschung immer unzufriedener sei.
«Du solltest mit diesem Mann mal reden», sagte Schuster. «Sie haben interessante Ideen zur Arbeit mit Entheogenen, vielleicht gibt es zwischen euch ja Gemeinsamkeiten.»
Wenn die Geschichte der zweiten Welle der Psychedelik-Forschung dereinst geschrieben ist, wird man Bob Jesse als einen von zwei wissenschaftlichen Außenseitern – ja sogar Laien und brillanten Exzentrikern – ansehen, die unermüdlich, oft hinter den Kulissen, daran arbeiteten, alles auf den Weg zu bringen. Beide fanden ihre Berufung nach umwälzenden psychedelischen Erfahrungen, die sie davon überzeugten, dass diese Substanzen das Potenzial hatten, nicht nur Einzelne, sondern die Menschheit als Ganzes zu heilen, und der beste Weg zur Rehabilitierung der Substanzen glaubwürdige wissenschaftliche Forschung war. In vielen Fällen dachten sich diese unausgebildeten Forscher zuerst die Experimente aus und suchten (und finanzierten) danach die Wissenschaftler, die sie durchführen sollten. Oft finden sich ihre Namen auf den Publikationen, gewöhnlich an letzter Stelle.
Rick Doblin ist schon länger dabei und auch der Bekanntere von den beiden. Doblin gründete in den dunklen Tagen von 1986 – dem Jahr nach dem Verbot von MDMA, einer Zeit, in der die meisten klügeren Köpfe überzeugt waren, dass die Wiederbelebung der Psychedelik-Forschung eine hoffnungslose Angelegenheit sei – die Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies (MAPS).
Der 1953 geborene Doblin ist ein zotteliger, äußerst hartnäckiger Typ; seit er 1987 am New College in Florida seinen Abschluss machte, betreibt er Lobbyarbeit, um die Regierung umzustimmen. Nachdem er als Student mit LSD und später mit MDMA experimentierte, kam Doblin zu dem Schluss, dass es seine Berufung sei, Psychedelik-Therapeut zu werden. Doch 1985 rückte dieser Traum mit dem Verbot von MDMA in unerreichbare Ferne, solange sich die Bundesgesetze und -verordnungen nicht änderten, deshalb beschloss er, an der Kennedy School in Harvard erst mal einen Doktor in Politikwissenschaften zu machen. Dort erlernte er die Feinheiten des staatlichen Freigabeverfahrens für Arzneimittel, und in seiner Dissertation kartierte er den mühseligen Weg zur amtlichen Zulassung, dem Psilocybin und MDMA inzwischen folgen.
Doblin ist entwaffnend, vielleicht auch hoffnungslos freimütig und froh, offen mit einem Reporter über seine prägenden psychedelischen Erfahrungen und seine politische Taktik und Strategie sprechen zu können. Genau wie Timothy Leary ist er ein unbekümmerter Kämpfer, der immer lächelt und eine Begeisterung für seine Arbeit an den Tag legt, die man von jemandem, der sein ganzes Erwachsenenleben gegen dieselbe Mauer angerannt ist, nicht erwarten würde. Doblin arbeitet in einem ziemlich Dickens-mäßigen Büro im Dachgeschoss seines großen, im Kolonialstil gebauten Hauses in Belmont, Massachusetts, an einem Schreibtisch, auf dem sich wacklige Berge aus Manuskripten, Zeitschriftenartikeln, Fotos und Memorabilien stapeln, die mehr als vierzig Jahre weit zurückreichen. Einige der Memorabilien erinnern an den Anfang seiner Karriere, als Doblin zu dem Schluss kam, der Streit der Religionen ließe sich am besten beenden, indem er den spirituellen Führern auf der Welt Ecstasy-Tabletten schickte, die dafür berühmt waren, Barrieren zwischen den Menschen niederzureißen und ihr Einfühlungsvermögen zu wecken. Etwa zur selben Zeit plante er, tausend Rationen MDMA an sowjetische Militärangehörige zu schicken, die an den Rüstungskontrollverhandlungen mit Präsident Reagan beteiligt waren.
Für Doblin ist die staatliche Zulassung von Psychedelika für medizinische Zwecke – die seiner Meinung nach für MDMA und Psilocybin bald kommen dürfte – nur ein weiterer Schritt zu einem ehrgeizigeren und umstritteneren Ziel: die Einbindung von Psychedelika in die amerikanische Gesellschaft und Kultur, nicht nur in die Medizin. Das ist die gleiche Erfolgsstrategie, die die Kampagne zur Entkriminalisierung von Marihuana verfolgte, in der die Betonung des medizinischen Nutzens von Cannabis das Image der Droge verbesserte und zu einer größeren öffentlichen Akzeptanz führte.
Wenig überraschend, dass solche Äußerungen vorsichtigeren Leuten in der Community (darunter auch Bob Jesse) zu schaffen machen, aber Rick Doblin ist niemand, der sich mit seiner Agenda zurückhält oder auch nur daran denkt, ein Interview vertraulich zu halten. Das verschafft ihm die Aufmerksamkeit der Presse; wie hilfreich es für die Sache ist, darüber lässt sich streiten. Doch es steht außer Frage, dass es Doblin, besonders in den letzten Jahren, gelang, die Genehmigung und Finanzierung wichtiger Forschung zu erreichen, speziell im Fall von MDMA, auf das MAPS lange das Hauptaugenmerk legte. MAPS hat mehrere klinische Studien gesponsert, die den Nutzen von MDMA bei der Behandlung von posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) nachgewiesen haben. (Doblin definiert den Begriff «Psychedelika» so großzügig, dass auch MDMA und sogar Cannabis darunter fallen, obwohl ihre Wirkweise im Gehirn sich von der klassischer Psychedelika stark unterscheidet.) Doch abgesehen davon, dass Psychedelika Patienten mit PTBS und anderen Indikationen helfen – MAPS finanziert eine klinische Studie an der UCLA, bei der autistische Erwachsene mit MDMA behandelt werden –, glaubt Doblin inbrünstig daran, dass Psychedelika die Menschheit zum Guten verändern können, indem sie eine spirituelle Dimension des Bewusstseins offenbaren, die uns, ungeachtet unseres religiösen Glaubens oder Unglaubens, allen gemeinsam ist. «Mystik», sagt er gern, «ist ein Gegengift für Fundamentalismus.»
Im Vergleich zu Rick