Verändere dein Bewusstsein. Michael Pollan
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Passenderweise fand das Treffen im Maslow-Saal in Esalen statt, benannt nach dem Psychologen, dessen Schriften zur Hierarchie menschlicher Bedürfnisse die Bedeutung von «Grenzerfahrungen» in der Selbstverwirklichung hervorhoben. Die meisten der fünfzehn Teilnehmer waren «psychedelische Größen», Therapeuten und Forscher wie James Fadiman, Willis Harman und Mark Kleiman, außerdem ein Experte für Drogenpolitik an der Kennedy School (der dort Rick Doblins Doktorvater war) sowie Leute aus dem religiösen Bereich wie Huston Smith, Bruder David Steindl-Rast und Jeffrey Bronfman, der Leiter der UDV-Kirche in Amerika (und Erbe des Seagram-Firmenvermögens). Doch Jesse entschied sich klugerweise, auch einen Außenstehenden einzuladen: Charles «Bob» Schuster, der unter Ronald Reagan und George H. W. Bush als Direktor der Nationalen Drogenbehörde gearbeitet hatte. Jesse kannte Schuster nicht besonders gut; sie hatten mal auf einer Tagung kurz miteinander gesprochen. Doch Jesse hatte nach der Begegnung gedacht, Schuster könnte einer Einladung aufgeschlossen gegenüberstehen.
Der genaue Grund, warum Bob Schuster – einer der führenden Leute im akademischen Establishment, das den Krieg gegen Drogen unterstützte – für die Idee offen sein sollte, nach Esalen zu kommen, um über das spirituelle Potenzial von Psychedelika zu diskutieren, war ein Rätsel, zumindest bis sich mir die Gelegenheit bot, mit seiner Witwe Chris-Ellyn Johanson zu sprechen. Johanson, die ebenfalls Drogenforscherin ist, zeichnete das Bild eines Mannes mit außergewöhnlich vielseitigen Interessen und großer Neugier.
«Bob war exzessiv in seiner Weltoffenheit», sagte sie lachend. «Er redete mit jedem.» Wie viele Leute im Umfeld der Drogenbehörde wusste Schuster gut, dass Psychedelika nur schlecht zum Profil eines Suchtstoffes passten; Tiere, die das selbst entscheiden können, nehmen ein Psychedelikum kein zweites Mal, und die klassischen Psychedelika haben einen auffallend geringen Giftgehalt. Ich fragte Johanson, ob Schuster selbst einmal eins genommen habe; Roland Griffiths hatte mir gesagt, er halte es für möglich. («Bob war Jazzmusiker», erzählte Griffiths, «deshalb wäre ich nicht überrascht.») Doch Johanson verneinte. «Er war daran interessiert», sagte sie, «aber ich glaube, er war zu ängstlich. Wir waren Martini-Trinker.» Ich fragte, ob er ein spiritueller Mensch war. «Eigentlich nicht, aber ich glaube, er wäre es gern gewesen.»
Jesse, der sich nicht ganz sicher war, was Schuster von dem Treffen halten würde, arrangierte, dass sich Jim Fadiman mit ihm das Zimmer teilte, und beauftragte den Psychologen, ihn unter die Lupe zu nehmen. «Am nächsten Morgen kam Jim in aller Frühe zu mir und sagte: ‹Bob, Auftrag ausgeführt. Da hast du einen tollen Menschen gefunden.›»
Seiner Frau zufolge genoss Schuster die Zeit in Esalen. Er nahm an einem Trommelworkshop teil, den Jesse in die Wege geleitet hatte – das gehört in Esalen einfach dazu –, und war erstaunt zu entdecken, wie leicht er in Trance verfiel. Doch Schuster leistete auch wichtige Beiträge zu den Diskussionen der Gruppe. Er warnte Jesse davor, mit MDMA zu arbeiten, weil er glaubte, es sei giftig fürs Gehirn, und weil es inzwischen den üblen Ruf genoss, eine Klubdroge zu sein. Und er wies darauf hin, dass Psilocybin ein viel besserer Kandidat für die Forschung sei als LSD, vor allem aus politischen Gründen: Da viel weniger Leute davon gehört hatten, schleppte es nicht den politischen und kulturellen Ballast von LSD mit sich herum.
Am Ende des Treffens hatte sich die Esalen-Gruppe auf eine kurze Liste von Zielen geeinigt, von denen manche bescheiden waren – der Entwurf eines Moralkodex für spirituelle Führer – und andere ehrgeiziger: «redliche, unanfechtbare Forschung zu betreiben, in einer Institution mit untadeligen Forschern» und idealerweise «nicht unter dem Deckmantel klinischer Behandlung».
«Wir waren nicht sicher, ob das möglich ist», erzählte Jesse, aber er und seine Kollegen glaubten, «es wäre ein großer Fehler, wenn es bei medizinischen Zwecken bliebe». Warum ein Fehler? Weil Bob Jesse nicht so sehr an den psychischen Problemen der Menschen interessiert war, sondern an ihrem spirituellen Wohlergehen – indem er Entheogene für die Besserung Gesunder einsetzte.
Kurz nach dem Treffen in Esalen leistete Schuster einen Beitrag, der sich als sein wichtigster erweisen sollte: Er erzählte Bob Jesse von seinem alten Freund Roland Griffiths, den er als genau «den untadeligen Forscher» beschrieb, den Jesse suchte, und als «Wissenschaftler ersten Ranges».
«Allem, was Roland mal angefangen hat, hat er sich völlig verschrieben», erinnert sich Jesse an Schusters Worte, «auch seiner Meditation. Wir finden, das hat ihn verändert.» Griffiths hatte Schuster von seiner wachsenden Unzufriedenheit mit der Wissenschaft und seinem immer tieferen Interesse an den «großen Fragen» erzählt, die sich bei seiner Meditation ergaben. Also rief Schuster Griffiths an, berichtete ihm von dem interessanten jungen Mann, den er gerade in Esalen kennengelernt habe, erklärte, dass sie sich beide für Spiritualität interessierten, und schlug vor, sie sollten sich treffen. Nach kurzem E-Mail-Verkehr flog Jesse nach Baltimore, um in der Cafeteria des Bayview Medical Campus mit Griffiths zu essen, woraufhin eine Reihe von Gesprächen und Treffen folgte, die schließlich an der Johns Hopkins University zu ihrer Zusammenarbeit bei der Studie von 2006 über Psilocybin und mystische Erfahrung führten.
Doch es fehlte noch ein Puzzleteil: ein weiteres Mitglied des wissenschaftlichen Teams. Die meisten Drogenversuche, die Griffiths bisher durchgeführt hatte, waren an Pavianen und anderen nichtmenschlichen Primaten vorgenommen worden; er hatte viel weniger klinische Erfahrung in der Arbeit mit Menschen und begriff, dass ein erfahrener Therapeut an dem Projekt teilnehmen musste – ein «führender Kliniker», wie er es formulierte. Wie es der Zufall wollte, hatte Bob Jesse ein paar Jahre zuvor auf einer Psychedelik-Tagung einen Psychologen kennengelernt, der nicht nur den Anforderungen entsprach, sondern auch in Baltimore lebte. Und ein noch größerer Zufall war, dass dieser Psychologe, der Bill Richards hieß, vermutlich mehr Erfahrung in der Anleitung psychedelischer Reisen in den 1960er und 1970er Jahren hatte als jeder andere, außer vielleicht Stan Grof (mit dem er schon zusammengearbeitet hatte). Bill Richards war es, der im Frühling 1977 im Maryland Psychiatric Research Center in Spring Grove einem Amerikaner die allerletzte legale Dosis Psilocybin verabreicht hatte. Seither hatte er in seinem Haus in einem grünen Viertel Baltimores namens Windsor Hills konventionellere Psychotherapie betrieben und geduldig darauf gewartet, dass der Staat einlenkte und er wieder mit Psychedelika arbeiten konnte.
«Wenn man das Gesamtbild im Blick hat», sagte er, als wir uns zum ersten Mal in seinem Büro trafen, «dann gibt es diese Drogen schon mindestens fünftausend Jahre, und sie wurden oft bekämpft und tauchten wieder auf, das hier ist also nur ein weiterer Zyklus. Aber der Pilz wächst immer noch, und irgendwann musste diese Arbeit wieder erlaubt werden. Das habe ich zumindest gehofft.» Als ihn Bob Jesse 1998 anrief und er sich kurz darauf mit Roland Griffiths traf, konnte er sein Glück kaum fassen. «Es war aufregend.»
Bill Richards, ein außergewöhnlich aufgeweckter Mann in den Siebzigern, bildet eine Brücke zwischen den beiden Zeitabschnitten der Psychedelik-Therapie. Walter Pahnke war bei seiner Hochzeit Trauzeuge; er arbeitete in Spring Grove eng mit Stan Grof zusammen und besuchte Timothy Leary in Millbrook, New York, wo dieser nach seiner Verbannung aus Harvard gelandet war. Auch wenn Richards den Mittleren Westen, wo er 1940 geboren wurde, vor einem halben Jahrhundert verließ, hat er die Sprechweise des ländlichen Michigan beibehalten. Inzwischen trägt er einen weißen Spitzbart, hat ein ansteckendes gackerndes Lachen und beendet viele seiner Sätze mit einem gut gelaunten, kräftigen «weißte?».
Richards, der sowohl einen Doktor in Psychologie als auch in Religionswissenschaft hat, hatte 1963 seine erste psychedelische Erfahrung als Theologiestudent in Yale. Er studierte damals in Deutschland, an der Göttinger Universität, und fühlte sich vom Fachbereich Psychiatrie angezogen, wo er von einem Forschungsprojekt mit einer Droge namens Psilocybin erfuhr.
«Ich hatte keine Ahnung, was das war, aber zwei Freunde von mir hatten daran teilgenommen und interessante Erfahrungen gemacht.» Einer der beiden, dessen Vater im Krieg umgekommen war, war ins Kindesalter zurückgefallen und saß auf dem Schoß seines Vaters. Der andere hatte Halluzinationen von SS-Leuten,